Welche Medikamente helfen bei Typ-2-Diabetes?

Foto von Frau bei der Blutzuckermessung

Menschen mit Typ-2-Diabetes haben unter anderem ein erhöhtes Risiko für Augen- und Nervenschäden, aber auch für Herzinfarkte und Schlaganfälle. Medikamente sollen solchen Folgen vorbeugen. Ob und welche Medikamente sinnvoll sind, hängt von verschiedenen Faktoren ab – zum Beispiel dem Alter.

Menschen mit Typ-2-Diabetes haben einen erhöhten Blutzuckerspiegel. Deshalb scheint es erst einmal logisch, dass sie Medikamente zur Blutzuckersenkung einnehmen. Dies ist aber nicht immer notwendig. Medikamente sind erst dann sinnvoll, wenn sich der Blutzuckerspiegel nicht auf andere Weise kontrollieren lässt – etwa durch eine Ernährungsumstellung oder Bewegung. Je nach Alter und Gesundheitszustand können auch andere Behandlungen wichtiger sein als die Senkung des Blutzuckers.

Wann kommen Medikamente infrage?

Ob Medikamente zur Blutzuckersenkung sinnvoll sind, hängt unter anderem davon ab, in welchem Alter der Diabetes zuerst auftritt. Vielen älteren Menschen mit Typ-2-Diabetes bereitet ein leicht erhöhter Blutzuckerspiegel keine Schwierigkeiten. Im Alter führt ein beginnender Typ-2-Diabetes nur noch selten zu Gefäß- und Nervenschäden. Stattdessen stehen oft andere Gesundheitsprobleme im Vordergrund, wie beispielsweise ein erhöhter Blutdruck.

Wenn ein Mensch mit Typ-2-Diabetes jedoch erst um die 40 oder 50 ist, hat er meist noch viele Lebensjahre vor sich. Über eine lange Zeit kann dann selbst ein nur mäßig erhöhter Blutzuckerspiegel zu Folgeschäden führen. Für jüngere Menschen mit Typ-2-Diabetes ist es daher sehr wichtig, ihren Blutzuckerspiegel niedrig zu halten.

Ziel der Behandlung ist es, den Folgekomplikationen eines Diabetes vorzubeugen. Ein dauerhaft hoher Blutzuckerspiegel kann Gefäß- und Nervenschäden verursachen. Dies kann zu Erkrankungen der Augennetzhaut, der Nieren und Füße führen. Auch das Risiko für Schlaganfälle und Herzinfarkte kann erhöht sein. Medikamente, die den Blutzucker senken, sollen diese Erkrankungen so gut es geht verhindern oder verzögern.

Welche weiteren Mittel senken das Risiko für Herzkrankheiten?

Typ-2-Diabetes erhöht das Risiko für Herz- und Gefäßkrankheiten. Oft kommen bei Betroffenen noch andere Risikofaktoren hinzu, wie zum Beispiel ein erhöhter Blutdruck. Dann ist es gut möglich, dass eine medikamentöse Behandlung dieser anderen Faktoren das Risiko für oder stärker senken kann als eine Senkung des Blutzuckers. Die wichtigsten Arzneimittel sind:

All diese Medikamente können Nebenwirkungen haben, und auch Wechselwirkungen mit anderen Mitteln. Deshalb ist es wichtig, die Einnahme mit einer Ärztin oder einem Arzt genau zu besprechen. Das gilt auch für rezeptfreie Mittel, die man zusätzlich einnimmt.

Wie gut helfen Tabletten zur Senkung des Blutzuckers (Antidiabetika)?

Wer seinen Blutzucker durch eine Umstellung des Lebensstils nicht in den Griff bekommt, kann Tabletten einnehmen. Diese werden Antidiabetika genannt. Wenn ein Medikament allein nicht reicht, ist es möglich, verschiedene blutzuckersenkende Tabletten zu kombinieren.

Studien zeigen, dass bei einem gut eingestellten Blutzucker seltener Schäden an den kleinen Blutgefäßen auftreten, vor allem der Augen. Unklar ist jedoch, wie gut Antidiabetika dabei helfen, Folgeerkrankungen wie Herzinfarkten und Schlaganfällen vorzubeugen. Hierzu gibt es kaum Langzeitstudien. Zudem ist nicht ausreichend untersucht, wie die verschiedenen Medikamente im Vergleich zueinander abschneiden.

Alle Antidiabetika können dazu führen, dass der Blutzuckerspiegel manchmal zu stark abfällt: Dann kommt es zu einer Unterzuckerung, auch genannt.

Welche Antidiabetika gibt es?

Medikamente zur Behandlung des Typ-2-Diabetes sind:

  • Metformin: Dieser Wirkstoff verringert die vom Körper hergestellte Glukosemenge und wird schon lange verwendet. Metformin ist am besten in Studien untersucht und mit am verträglichsten. Deshalb wird meist empfohlen, die Behandlung mit Metformin zu beginnen. Mögliche Nebenwirkungen sind Unwohlsein und Durchfall, vor allem, wenn Metformin auf nüchternen Magen eingenommen wird. Sehr selten – bei etwa 1 von 10.000 Menschen mit Typ-2-Diabetes – kommt es im Laufe eines Jahres während der Behandlung mit Metformin zu einer Übersäuerung des Blutes. Dies kann zu Atembeschwerden, Übelkeit oder zu einem Schock führen. Menschen, deren Nierenfunktion eingeschränkt ist, die eine Herzschwäche haben oder alkoholabhängig sind, haben ein höheres Risiko für eine Übersäuerung und dürfen Metformin deshalb normalerweise nicht nehmen.
  • Sulfonylharnstoffe: Sie helfen dem Körper, mehr zu produzieren. Auch diese Mittel werden schon lange eingesetzt. Während einer Behandlung mit Sulfonylharnstoffen treten häufiger Unterzuckerungen auf als bei Metformin. Manche Menschen nehmen auch an Gewicht zu, wenn sie mit der Behandlung beginnen. Andere reagieren allergisch auf Sulfonylharnstoffe.
  • Glitazone: Sie sollen die Wirkung des körpereigenen Insulins verstärken. Aus dieser Wirkstoffgruppe ist nur noch Pioglitazon auf dem Markt. Im Vergleich zu Sulfonylharnstoffen treten bei Pioglitazon seltener Unterzuckerungen auf. Mögliche Nebenwirkungen sind Gewichtszunahme, Knochenbrüche, Wassereinlagerungen und Herzschwäche. Möglicherweise erhöht Pioglitazon geringfügig das Risiko für Blasenkrebs. Wegen seiner möglichen Nebenwirkungen wird Pioglitazon nicht als Medikament der ersten Wahl eingesetzt.
  • Glinide: Die beiden Wirkstoffe Nateglinid und Repaglinid steigern die körpereigene Insulinproduktion. Im Vergleich zu Metformin kommt es bei Gliniden eher zu leichten und moderaten Unterzuckerungen. Glinide können zur Gewichtszunahme führen.
  • Gliptine (Dipeptidyl-Peptidase-4-Inhibitoren): Sie regen ebenfalls die Insulinproduktion an. Zu den Gliptinen gehören die Wirkstoffe Linagliptin, Saxagliptin, Vildagliptin oder Sitagliptin. Kopfschmerzen und Magen-Darm-Beschwerden sind mögliche Nebenwirkungen.
  • Flozine (SGLT-2-Hemmer): Zu den Flozinen gehören die Wirkstoffe Dapagliflozin, Empagliflozin, Ertugliflozin und Canagliflozin. Sie bewirken, dass vermehrt Zucker über den Urin ausgeschieden wird. Dadurch sinkt der Blutzuckerspiegel. Flozine können Scheidenpilz verursachen und vermutlich auch das Risiko für eine Übersäuerung des Blutes erhöhen.

Nur noch selten werden Alpha-Glucosidase-Hemmer bei Typ-2-Diabetes eingesetzt. Sie verlangsamen die Aufnahme von im Darm. Der am häufigsten verwendete Wirkstoff dieser Medikamentengruppe heißt Acarbose. Er hat zahlreiche Nebenwirkungen, insbesondere Blähungen und Durchfall. Den Blutzucker senkt der Wirkstoff vergleichsweise schwach.

Wann braucht man Insulin?

Menschen mit Typ-1-Diabetes sind auf Insulinspritzen angewiesen. Bei Typ-2-Diabetes wird meist erst dann benötigt, wenn der Blutzucker durch Tabletten nicht ausreichend in den Griff zu bekommen ist. Dies ist eher selten.

Es stehen zwei Insulintypen zur Verfügung: Human-Insulin oder Insulin-Analoga. Beide sind gentechnisch hergestellt, unterscheiden sich aber in ihrer chemischen Struktur. Kurzwirksame Insulin-Analoga senken den Blutzucker etwas schneller als Human-Insuline. Dass dies auch gesundheitliche Vorteile hat, ist jedoch nicht nachgewiesen. Typ-2-Diabetes lässt sich mit Human-Insulin und Insulin-Analoga vergleichbar gut behandeln.

In einigen Studien wurde untersucht, ob oder eine Kombination verschiedener Antidiabetika sinnvoller ist, wenn sich der Blutzucker durch einzelne Antidiabetika sowie Bewegung und Ernährung nicht ausreichend kontrollieren lässt. Die Ergebnisse zeigten:

  • Es gab keine Unterschiede, was Langzeitfolgen wie Herzerkrankungen betrifft.
  • konnte den Blutzucker stärker senken.
  • Mit Antidiabetika traten seltener Unterzuckerungen auf, dafür häufiger andere Nebenwirkungen – in erster Linie Magen-Darm-Probleme.

Was sind Inkretin-Mimetika?

Inkretin-Mimetika sind hormonähnliche Medikamente, die zusätzlich zur Einnahme von Metformin- und / oder Sulfonylharnstoff-Tabletten gespritzt werden können. Sie regen die an, mehr herzustellen. Zu diesen Medikamenten gehören die Wirkstoffe Liraglutid, Dulaglutid, Lixisenatid, Exenatide, Semaglutid und Albiglutid.

Inkretin-Mimetika sollen Antidiabetika-Tabletten nicht ersetzen, sondern werden statt oder in Ergänzung zu angewendet. Die Mittel werden mit einer vordosierten Injektionshilfe (Pen) unter die Haut gespritzt. Es ist bislang unklar, ob die Behandlung mit Inkretin-Mimetika langfristige Vorteile haben kann. Mögliche Nebenwirkungen sind Übelkeit und Erbrechen.

Wonach richtet sich die Auswahl der Medikamente?

Blutzuckersenkende Medikamente sind nicht für jeden Menschen mit Diabetes sinnvoll. Ob überhaupt Antidiabetika eingenommen werden müssen und welche Medikamente sich jeweils am besten eignen, hängt von verschiedenen Faktoren ab:

  • dem Behandlungsziel
  • dem Alter
  • dem allgemeinen Gesundheitszustand
  • anderen Erkrankungen
  • der Einnahme weiterer Medikamente
  • wie gut ein Medikament bei einer Person wirkt und wie sie es verträgt

Wie stark muss der Blutzucker gesenkt werden?

Um zu beurteilen, ob der Blutzucker langfristig gut eingestellt ist, messen Ärztinnen und Ärzte den HbA1c-Wert. Dieser Wert gibt an, wie hoch der Blutzucker in den letzten 2 bis 3 Monaten im Durchschnitt war. Bei Menschen ohne Diabetes liegt der HbA1c-Wert in der Regel unter 6 %, bei Menschen mit Diabetes darüber.

Der „Zielwert“ hängt unter anderem davon ab, wie alt ein Mensch ist und welche Begleiterkrankungen er hat. Vielen wird geraten, ihren Blutzucker auf einen HbA1c-Wert zwischen 6,5 und 7,5 % abzusenken. Vor allem bei älteren Menschen mit Begleiterkrankungen können aber auch Werte bis 8,5 % vertretbar sein. Denn sehr niedrige Werte könnten für sie mehr Nachteile als Vorteile haben: Um niedrigere Werte zu erreichen, müssten dann zum Beispiel mehr Medikamente genommen werden. Dadurch kommt es häufiger zu Unterzuckerungen.

Wie stark der Blutzucker gesenkt werden sollte, lässt sich deshalb nur individuell entscheiden.

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Aktualisiert am 18. Oktober 2023

Nächste geplante Aktualisierung: 2026

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