Skoliose im Jugendalter

Auf einen Blick

  • Bei Jugendlichen mit Skoliose verkrümmt und verdreht sich die Wirbelsäule.
  • Die Ursache ist unklar.
  • Eine leichte Skoliose muss nicht unbedingt behandelt, aber regelmäßig kontrolliert werden.
  • Mittelstarke Skoliosen werden oft mit einem orthopädischen Korsett behandelt.
  • Eine Operation ist nur bei einer sehr starken Skoliose nötig.
  • Sport und Bewegung sind sinnvoll, um die Rückenmuskulatur zu stärken.

Einleitung

Foto von zwei Freundinnen

Bei Jugendlichen mit Skoliose verkrümmt sich die Wirbelsäule und ist in sich verdreht. Die Skoliose im Jugendalter hat meist keine bekannte Ursache und wird dann „idiopathisch“ genannt. Sie entwickelt sich fast nur während des Wachstums.

Oft bleibt es bei einer leichten Krümmung. Eine Behandlung ist dann nicht nötig. Wichtig ist aber, die Wirbelsäule alle paar Monate ärztlich kontrollieren zu lassen, bis ihr Wachstum abgeschlossen ist. Dadurch lässt sich frühzeitig erkennen, ob die Krümmung zunimmt und eine Behandlung sinnvoll ist.

Mittelstarke Krümmungen und fortschreitende Skoliosen werden oft mit einem orthopädischen Korsett behandelt. Dadurch kann die Krümmung der Wirbelsäule aufgehalten werden.

Bei sehr starken Krümmungen kann eine Operation nötig werden. Dabei werden mehrere Wirbelkörper miteinander verbunden, um die Wirbelsäule wieder aufzurichten.

Symptome

Eine Skoliose löst nur selten Beschwerden aus. Manche Jugendliche berichten über Rückenschmerzen oder Verspannungen im Schulterbereich. Ob dies an der Skoliose liegt, ist aber oft unklar, da die meisten Menschen ohnehin ab und zu Rückenschmerzen haben.

Die Skoliose zeigt sich vor allem durch sichtbare Veränderungen des Oberkörpers: Rücken, Schulter, Brust und Hüfte können unsymmetrisch sein oder schief stehen. Die Verkrümmung fällt vor allem auf, wenn man sich nach vorne beugt: Dann bilden die Rippen auf einer Seite einen sichtbaren Buckel.

Die Wirbelsäule kann unterschiedlich stark verkrümmt sein. Der Grad der Verkrümmung – der sogenannte Cobb-Winkel – wird mit einem Röntgenbild bestimmt.

Bei etwa 80 % der Jugendlichen mit Skoliose verkrümmt sich die Brustwirbelsäule nach rechts (siehe Grafik). Krümmungen im Bereich der sind seltener. Manchmal krümmt sich die Wirbelsäule sowohl im Brust- als auch im Lendenbereich. Dies ist ebenfalls eher selten.

Grafik: Skoliose: Beim Vorbeugetest sichtbare Verkrümmungen der Brustwirbelsäule

Ursachen und Risikofaktoren

Die Ursachen der Skoliose im Jugendalter konnten bisher nicht geklärt werden. In der Medizin spricht man daher von einer „adoleszenten, idiopathischen Skoliose“ (adoleszent = im Jugendalter auftretend, idiopathisch = unbekannter Ursache). Mit „Jugendalter“ ist die Zeit zwischen dem zehnten Geburtstag und dem Abschluss des Wirbelsäulenwachstums gemeint.

Eine Skoliose hat nichts mit „schlechter Haltung“ zu tun: Niemand kann etwas dafür, wenn ein junger Mensch Skoliose entwickelt. Es sind auch keine Möglichkeiten bekannt, dem vorzubeugen.

Ein bekannter Risikofaktor ist eine familiäre Veranlagung: Bei schätzungsweise 10 % der Jugendlichen mit Skoliose waren auch die Mutter oder der Vater betroffen. Expertinnen und Experten gehen außerdem davon aus, dass das Risiko für eine Skoliose steigt, wenn die verschiedenen Teile der Wirbelsäule ungleichmäßig wachsen.

Häufigkeit

Schätzungsweise 2 % aller Jugendlichen zwischen 10 und 16 Jahre haben eine Skoliose. Bei den meisten von ihnen ist die Wirbelsäule aber nur leicht verkrümmt:

  • 75 % haben eine leichte Skoliose (Cobb-Winkel zwischen 10 und 20 Grad),
  • 15 % eine mittlere Skoliose (20 bis 30 Grad),
  • 5 % eine starke Skoliose (30 bis 40 Grad) und
  • 5 % eine sehr starke Skoliose (über 40 Grad).

Mädchen haben häufiger eine Skoliose als Jungen, und sie haben sehr viel häufiger eine ausgeprägte Form.

Verlauf

Ob sich die Wirbelsäule weiter verkrümmt oder nicht, lässt sich nicht sicher vorhersagen. Anhand des Krümmungsgrads (Cobb-Winkel) und der Skelettreife lässt sich aber zumindest abschätzen, wie eine Skoliose verläuft: Je stärker die Krümmung und je unreifer die Knochen, desto eher schreitet die Skoliose fort. Wenn das Knochenwachstum abgeschlossen ist, verformt sich die Wirbelsäule hingegen nicht mehr weiter – außer bei sehr starken Skoliosen mit einem Winkel über 50 Grad.

Die Skelettreife kann eine Ärztin oder ein Arzt anhand eines Röntgenbilds des Beckenkamms bestimmen: Je verknöcherter der Beckenkamm ist, desto ausgereifter sind die Knochen. Diese Entwicklung wird in Stadien von 0 bis 5 eingeteilt, auch Risser-Stadien genannt. Ein Risser-Stadium von 0 bedeutet, dass das Knochenwachstum noch in vollem Gange ist, ein Risser-Stadium von 5, dass es vollständig abgeschlossen ist.

Die folgende Tabelle gibt für unterschiedliche Krümmungswinkel und Reifestadien an, wie wahrscheinlich es ist, dass die Skoliose zunimmt.

Verkrümmung (Cobb-Winkel) Skelettreife (Risser-Stadium) Wahrscheinlichkeit, dass die Skoliose zunimmt
11 bis 19 Grad 0 bis 1 20 %
2 bis 4 2 %
20 bis 29 Grad 0 bis 1 68 %
2 bis 4 23 %

Skoliosen mit einem Cobb-Winkel unter 10 Grad bewegen sich im Rahmen normaler Abweichungen und sind nicht behandlungsbedürftig.

Wie Skoliosen von über 30 Grad verlaufen, ist kaum bekannt. Das liegt auch daran, dass solche starken Skoliosen spätestens dann behandelt werden, wenn sie fortschreiten. Sehr starke Skoliosen mit einem Winkel über 50 Grad nehmen im Laufe des Lebens allerdings fast immer zu, wenn sie nicht behandelt werden.

Folgen

Wirbel und Bandscheiben können sich bei einer Skoliose stärker abnutzen. Dann kann es im Erwachsenenalter zu Rückenschmerzen kommen – vor allem, wenn die Skoliose im Bereich der auftritt. Weil Rückenschmerzen aber ohnehin weit verbreitet sind, ist es oft schwer zu sagen, ob sie tatsächlich durch die Skoliose ausgelöst werden. Studien zum Zusammenhang zwischen Rückenschmerzen und Skoliose zeigen widersprüchliche Ergebnisse.

Bei extremen Verkrümmungen können die Rippen auf Herz und Lunge drücken. Dies kann mit zunehmendem Alter zu führen und die des Herzens beeinträchtigen. Solche Komplikationen sind aber sehr selten.

Für Frauen mit Skoliose gibt es keine medizinischen Gründe, die gegen eine Schwangerschaft sprechen: In Studien verlief die Schwangerschaft bei den meisten Frauen mit Skoliose so wie bei Frauen ohne verkrümmte Wirbelsäule. Es gibt auch keine Hinweise darauf, dass eine Schwangerschaft die Skoliose verstärkt.

Diagnose

Bei der werden zunächst andere mögliche Formen und Ursachen der Verkrümmung ausgeschlossen, wie zum Beispiel unterschiedlich lange Beine. Dazu fragt die Ärztin oder der Arzt

  • nach aktuellen Beschwerden,
  • Erkrankungen in der Vergangenheit,
  • Skoliose-Erkrankungen in der Familie,
  • wann die Verkrümmung erstmals bemerkt wurde und
  • wie sie seitdem verlaufen ist.

Anschließend untersucht die Ärztin oder der Arzt die Körperhaltung und Anatomie. Für die körperliche Untersuchung muss man sich bis auf die Unterwäsche ausziehen, damit Fehlstellungen richtig erkannt werden können. Dabei wird geprüft,

  • ob Schultern, Brust und Taille richtig zueinander stehen,
  • wie die Wirbelsäule verläuft,
  • ob die Beine unterschiedlich lang sind und
  • ob sich die Rippen bei vorgebeugtem Oberkörper auf einer Seite zu einem Buckel hervorwölben (Vorbeugetest).

Beim Vorbeugetest beugt man den Oberkörper im Stand und bei durchgestreckten Knien nach vorne, lässt die Arme hängen und legt die Handflächen aufeinander.

Um zu beurteilen, wie ausgeprägt die Skoliose ist, und ihren Verlauf abzuschätzen, sind weitere Untersuchungen nötig:

  • Röntgenbild der Wirbelsäule im Stehen: Das Röntgenbild zeigt die Stärke der Krümmung und dient dazu, den Cobb-Winkel zu ermitteln. Dazu werden auf dem Bild zunächst die beiden Wirbelkörper am oberen und unteren Ende der Krümmung markiert. Sie neigen sich am stärksten zur Seite. Von diesen Wirbelkörpern ausgehend werden zwei Linien eingezeichnet, die parallel zu den äußeren Flächen der Wirbelkörper verlaufen. Dort, wo sich die beiden Linien schneiden, bilden sie den Cobb-Winkel (s. Grafik).
  • Bestimmung des Wachstumsstadiums: Dazu wird zunächst die Körpergröße gemessen und gefragt, ob es bereits einen Wachstumsschub gab. Bei Mädchen spielt zudem eine Rolle, ob sie bereits ihre erste Regelblutung hatten. Diese Informationen helfen, das weitere Wachstum der Wirbelsäule einzuschätzen. Normalerweise ist die Wirbelsäule etwa zwei Jahre nach Einsetzen der Regelblutung weitestgehend ausgewachsen.
  • Bestimmung der Skelettreife: Wenn genaue Informationen über die Skelettreife benötigt werden, wird anhand eines Röntgenbilds vom Beckenkamm das Risser-Stadium bestimmt. Alternativ geht das auch mit einem Röntgenbild der linken Hand.
Grafik: Ermittlung des Cobb-Winkels

Behandlung

Zur Behandlung von Skoliose gibt es verschiedene Möglichkeiten:

  • aktives Beobachten: Damit ist gemeint, dass die Wirbelsäule im Wachstum alle 4 bis 6 Monate kontrolliert wird. Es ist wichtig, die regelmäßigen Kontrolltermine einzuhalten. Falls die Krümmung zunimmt, beginnt man mit einer Behandlung.
  • : Speziell für Skoliose entwickelte Physiotherapien wie die Schroth-Therapie beinhalten bestimmte Streck-, Haltungs-, Atem- und Kräftigungsübungen. Sie sollen helfen, die Wirbelsäule zu begradigen. Bislang gibt es allerdings nur wenige gute Studien zu ihrer Wirksamkeit. Um die Muskulatur zu stärken oder mögliche Beschwerden zu lindern, kommen auch andere physiotherapeutische Behandlungen infrage.
  • Korsett-Behandlung (Orthesen): Orthopädische Korsetts üben auf bestimmte Punkte an der Wirbelsäule Druck aus und verhindern dadurch, dass die Krümmung zunimmt. Sie werden getragen, bis das Wachstum der Wirbelsäule abgeschlossen ist.
  • Operation: Dabei werden die gekrümmten Wirbel mit kleinen Stangen, Drähten, Haken und / oder Schrauben begradigt. Dieser Eingriff kommt nur bei sehr ausgeprägter Skoliose infrage. Der Grund ist, dass sehr starke Skoliosen meist auch dann noch zunehmen, wenn das Skelettwachstum bereits abgeschlossen ist.

Welche Behandlung sich eignet, hängt außer vom Grad der Krümmung und der Skelettreife auch von den eigenen Wünschen und Vorstellungen ab.

Sport und Bewegung können eine Skoliose nicht aufhalten, sind aber als begleitende Behandlung sinnvoll. Sie können das allgemeine Wohlbefinden und die Fitness verbessern, die Rückenmuskulatur stärken und helfen, Rückenschmerzen vorzubeugen. Für Personen, die ein Korsett tragen, ist es besonders wichtig, die Rückenmuskulatur zu trainieren.

Es ist nicht belegt, dass andere Behandlungen wie zum Beispiel oder elektrische Stimulationsbehandlungen eine Skoliose beeinflussen können.

Rehabilitation

Oft kann eine Skoliose behandelt werden. Wenn sie zu starken Beschwerden führt, ambulante Behandlungen nicht ausreichen oder die Lebensqualität stark beeinträchtigt ist, kann auch eine Rehabilitation infrage kommen. In Deutschland bieten verschiedene spezialisierte Rehabilitationszentren eine stationäre Skoliose-Behandlung an, die etwa 3 bis 6 Wochen dauert. Sie kann unter anderem , Schulungen – etwa zum Umgang mit dem Korsett – und auch Unterstützung bei psychischen Belastungen infolge einer Skoliose beinhalten.

Leben und Alltag

Jugendliche machen sich oft Sorgen, wenn sie die Skoliose bekommen – denn gerade in diesem Alter möchte man dazugehören und nicht „anders sein“. Die oft langwierige Behandlung, zum Beispiel mit einem orthopädischen Korsett, wirft zudem viele Fragen auf: Komme ich mit dem Korsett zurecht? Was kann ich jetzt noch anziehen? Wie werden andere darauf reagieren?

Die gute Nachricht ist, dass sich die Einschränkungen durch die Erkrankung meist viel weniger auf Freundschaften, Hobbies und Freizeitaktivitäten auswirken, als man zuerst glaubt.

Zeit und Geduld brauchen vor allem die Umstellungen im Alltag. Oft dauert es einige Wochen, um sich zum Beispiel an das Tragen des Korsetts zu gewöhnen und die nötige Routine im Umgang damit zu bekommen. Auch die in den Tagesablauf einzubauen, kann Zeit brauchen.

Bei all den Herausforderungen, die eine Skoliose mit sich bringt, ist es wichtig, sich klar zu machen, dass sie eine gut behandelbare Erkrankung ist und die ein absehbares Ende hat. Auch in schwierigen Phasen ist es oft hilfreich, an die positiven Dinge im eigenen Leben zu denken und optimistisch zu bleiben: Die meisten Jugendlichen mit Skoliose haben ein ganz normales Leben vor sich.

Auch der Austausch mit gleichaltrigen Betroffenen kann helfen, mit der Skoliose zurechtzukommen – zum Beispiel in einer Selbsthilfegruppe vor Ort oder im Internet.

Für Eltern ist es wichtig, die Sorgen ihrer Kinder ernst zu nehmen und sie in Fragen rund um die Behandlung einzubeziehen. Denn wenn sie ihre Erkrankung und Behandlung verstehen und wissen, was auf sie zukommt, fällt es ihnen meist leichter, damit umzugehen. Eltern können ihre Kinder auch dazu ermutigen, ihre Fragen der Ärztin oder dem Arzt zu stellen. Dabei hilft es, sich die Fragen vorher zu notieren, um sie nicht zu vergessen.

Weitere Informationen

Die Hausarztpraxis ist meist die erste Anlaufstelle, wenn man krank ist oder bei einem Gesundheitsproblem ärztlichen Rat braucht. Informationen zur Gesundheitsversorgung in Deutschland helfen dabei, sich im Gesundheitssystem zurechtzufinden und eine passende Arztpraxis zu finden. Mit dieser Frageliste kann man sich auf den Arztbesuch vorbereiten.

Für Jugendliche mit Skoliose gibt es in Deutschland zahlreiche Angebote zur Unterstützung. Dazu gehören Selbsthilfegruppen und Beratungsstellen. Eine Liste von Anlaufstellen hilft, passende Angebote zu finden und zu nutzen.

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IQWiG-Gesundheitsinformationen sollen helfen, Vor- und Nachteile wichtiger Behandlungsmöglichkeiten und Angebote der Gesundheitsversorgung zu verstehen.

Ob eine der von uns beschriebenen Möglichkeiten im Einzelfall tatsächlich sinnvoll ist, kann im Gespräch mit einer Ärztin oder einem Arzt geklärt werden. Gesundheitsinformation.de kann das Gespräch mit Fachleuten unterstützen, aber nicht ersetzen. Wir bieten keine individuelle Beratung.

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Aktualisiert am 03. Januar 2024

Nächste geplante Aktualisierung: 2027

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