Eine Spinalkanalstenose ohne OP behandeln

Gruppe von Menschen bei der Wassergymnastik

Eine Spinalkanalstenose im Lendenwirbelbereich, die Beschwerden verursacht, wird meist mit Übungen, manueller und bei Bedarf mit Medikamenten behandelt. Wichtig ist, herauszufinden, was einem guttut und hilft, mit den Beschwerden im Alltag zurechtzukommen.

Durch den Spinalkanal verlaufen Nerven und Blutgefäße entlang der Wirbelsäule. Mit zunehmendem Alter kommt es häufiger vor, dass der Kanal im Bereich des unteren Rückens an einer Stelle eingeengt wird. Eine solche Spinalkanalstenose kann Beschwerden wie Rückenschmerzen verursachen, die manchmal bis in die Beine ausstrahlen. Auch Taubheitsgefühle oder Kribbeln in den Beinen oder Füßen sind möglich. Das kann dazu führen, dass man unsicher auf den Beinen ist. Längere Strecken zu gehen, fällt oft schwer.

Bei den meisten Menschen mit einer Spinalkanalstenose werden solche Beschwerden konservativ behandelt – also ohne Operation.

Helfen Bewegung und Entlastung?

Wichtig ist, sich trotz der Beschwerden möglichst weiter zu bewegen. Längeres Liegen oder Sitzen schwächt Muskeln und Knochen und kann dadurch zu weiteren Problemen führen. Daher ist es sinnvoll, weiter den normalen Tätigkeiten nachzugehen, soweit es die Beschwerden erlauben oder es mit schmerzstillenden Medikamenten möglich ist. Oft wirkt sich Bewegung auch positiv auf die Stimmung aus.

Die Beschwerden einer Spinalkanalstenose treten vor allem beim langsamen Gehen oder im Stehen auf. Denn dabei verstärkt sich die natürliche Vorwärtskrümmung der Wirbelsäule im unteren Rücken (das Hohlkreuz) und der Druck auf die Verengung nimmt zu. Das bedeutet aber nicht, dass Gehen oder Stehen schädlich sind.

Wenn man den Oberkörper nach vorne beugt, lassen die Beschwerden nach, weil dadurch mehr Platz zwischen den unteren Wirbeln entsteht. Oft reicht es, sich ein kleines Stück nach vorne zu beugen. So kann es beispielsweise helfen, sich kurz hinzusetzen oder mit den Unterarmen auf ein Geländer oder den Einkaufswagen zu stützen. Um sich stärker nach vorne zu beugen, kann man sich auch im Stehen mit den Händen auf den Knien abstützen und dabei die Knie etwas beugen. Wer es bis in die Hocke schafft, kann auch das ausprobieren.

Flottes Spazierengehen, schnelles Gehen auf einem Laufband oder Bergaufgehen sind oft weiterhin gut möglich, weil sich der Oberkörper dabei automatisch nach vorne neigt. Bergabgehen kann das Hohlkreuz hingegen verstärken – und damit eventuell auch die Beschwerden. Wer damit Probleme hat, kann bei einer Wanderung zum Beispiel bergauf zu Fuß gehen und bergab mit der Bahn fahren.

Fahrradfahren ist bei einer Spinalkanalstenose sehr gut geeignet, weil man sich dabei nach vorne beugt. Und es kann zur Fitness beitragen – ob draußen oder zu Hause auf einem Heimtrainer. Rückenschwimmen oder Aquagymnastik können ebenfalls einen Versuch wert sein.

Was wird bei einer Physiotherapie und einer Ergotherapie gemacht?

In einer übt man unter Anleitung Haltungsübungen, um ein Hohlkreuz zu vermeiden. Beispielsweise lernt man, das Becken auch im Stehen aufzurichten, ähnlich wie es beim Sitzen passiert. Zudem werden die Muskeln im unteren Rücken mit verschiedenen Übungen entspannt und gedehnt, da Verkürzungen und Verspannungen ein Hohlkreuz verstärken können. Kräftigungsübungen können dazu beitragen, die Beweglichkeit und damit die Selbstständigkeit zu erhalten. Das Ziel ist, die Übungen so gut zu beherrschen, dass man sie in den Alltag einbauen kann.

Auch manuelle und physikalische Therapien können Teil einer Physiotherapie sein. Zu den manuellen Behandlungen gehören bestimmte Handgriffe, mit denen verspannte Muskeln oder blockierte Gelenke gelockert werden sollen. Physikalische Therapien nutzen Wärme und Kälte, um Schmerzen zu lindern.

Häufig eingesetzte Behandlungen sind:

  • Massagen: Verschiedene Massagetechniken werden genutzt, um die Muskeln zu lockern und Verspannungen zu lösen.
  • Wärme- und Kälteanwendungen: Hierzu gehören zum Beispiel Wärmepflaster oder -packungen, ein heißes Bad, ein Saunagang oder eine Infrarot-Bestrahlung. Wärme kann bei verspannten Muskeln guttun. Bei Nervenreizungen werden auch Kältepackungen eingesetzt, wie kalte Umschläge oder Gelkissen.
  • : Hierbei wird der untere Rücken mit Schallwellen behandelt, die durch feine Vibrationen Wärme erzeugen und so das Gewebe lockern sollen.
  • : Dabei werden an bestimmten Körperstellen feine Nadeln in die Haut gestochen, die Energiebahnen im Körper beeinflussen sollen. Es ist jedoch nicht wissenschaftlich nachgewiesen, dass solche Energiebahnen existieren.

In einer geht es darum, zu lernen, im Alltag mit Einschränkungen zurechtzukommen. Dabei werden zum Beispiel neue Bewegungsabläufe geübt oder Strategien zur Schmerzlinderung und -bewältigung entwickelt.

Insgesamt ist bislang nicht ausreichend untersucht, wie gut diese Behandlungen die Beschwerden lindern. Was guttut und zumindest eine Zeitlang hilft, ist individuell verschieden. Manche Menschen empfinden zum Beispiel Wärme oder Massagen als angenehm und wohltuend, andere gewinnen durch die Bewegungsübungen und Kräftigung mehr Sicherheit.

Welche Medikamente helfen gegen Beschwerden?

Rückenschmerzen oder in die Beine ausstrahlende Schmerzen (Ischiasbeschwerden) lassen sich mit Medikamenten behandeln. Meist werden entzündungshemmende Schmerzmittel wie Diclofenac, und Naproxen empfohlen – sogenannte nicht steroidale Antirheumatika (). Medikamente werden am besten ergänzend zu anderen Behandlungen eingesetzt.

In niedriger Dosierung sind entzündungshemmende Schmerzmittel in der Apotheke rezeptfrei erhältlich. Die häufigsten Nebenwirkungen sind Magenbeschwerden wie Bauchschmerzen. Bei häufiger oder längerfristiger Einnahme können die Mittel auch Magengeschwüre oder -blutungen auslösen.

Wichtig ist,

sich vor der Einnahme von Schmerzmitteln – auch rezeptfreien – zu informieren, welche Neben- und Wechselwirkungen möglich sind und wie man die Mittel sicher anwendet.

ist ebenfalls rezeptfrei erhältlich, hilft bei Rückenbeschwerden aber nicht.

Darüber hinaus gibt es verschreibungspflichtige Arzneimittel, die nur auf Rezept erhältlich sind. wie Fentanyl, Morphin, Oxycodon und Tramadol sollten sehr zurückhaltend, nur kurzzeitig und unter sorgfältiger ärztlicher Kontrolle eingesetzt werden. Eine längere Einnahme kann zu Gewöhnung und körperlicher Abhängigkeit führen. Außerdem wirken bei Rückenschmerzen nicht besser als entzündungshemmende Schmerzmittel wie . Mögliche Nebenwirkungen reichen von Übelkeit, Erbrechen und Verstopfung bis hin zu Schwindel, Atemproblemen und Blutdruckschwankungen.

Auch von Medikamenten zur Muskelentspannung (Muskelrelaxantien) wird wegen Nebenwirkungen wie Benommenheit, Magen-Darm-Problemen, Schwindel und einem erhöhten Sturzrisiko abgeraten. Außerdem können solche Mittel die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigen. Man sollte sie nicht länger als zwei Wochen einnehmen.

Antiepileptika wie Pregabalin werden normalerweise bei Epilepsie angewendet, sollen aber auch Nervenschmerzen (Neuralgien) lindern. Ob sie bei Ischiasbeschwerden wirken, ist jedoch nicht ausreichend untersucht, und es kommt oft zu Nebenwirkungen wie Benommenheit und Müdigkeit. Auch diese Mittel können die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigen.

werden normalerweise gegen Depressionen eingenommen. Einige dieser Mittel sind auch zur Behandlung von chronischen Schmerzen zugelassen. Bei Rückenschmerzen oder einer Spinalkanalstenose ist die Wirksamkeit von aber nicht gut untersucht.

Helfen Spritzen mit Medikamenten?

Entzündungshemmende Medikamente wie und / oder örtliche Betäubungsmittel können auch in die unmittelbare Umgebung der Verengung gespritzt werden, um eine Nervenreizung zu lindern. Dabei gibt es verschiedene Möglichkeiten:

  • Bei der lumbalen Spinalnervenanalgesie (LSPA), auch Wurzelblockade genannt, wird das Medikament direkt an die Austrittsstelle der Nervenwurzel aus dem Wirbelkanal gespritzt. Dadurch wird die gereizte Nervenwurzel betäubt.
  • Bei der lumbalen Periduralanalgesie werden die Medikamente in den sogenannten gespritzt („peridurale Injektion“). Der umgibt das Rückenmark und die Rückenmarksflüssigkeit im Wirbelkanal. Hier liegen unter anderem die Nervenwurzeln. Damit die Spritze an der richtigen Stelle gesetzt wird, findet die Behandlung während einer oder Röntgenkontrolle statt.

Es ist unklar, ob wirbelsäulennahe Spritzen helfen. Sie können Nebenwirkungen wie Nachblutungen, Infektionen und Nervenverletzungen haben.

Welche Hilfsmittel kommen infrage?

Verschiedene Hilfsmittel können den Alltag erleichtern. Dazu gehören zum Beispiel Anziehhilfen für Socken, Strümpfe und Hosen. Auf Gehhilfen wie Rollatoren kann man sich stützen und bei Bedarf setzen, wenn man bei einer längeren Gehstrecke eine Pause braucht. Die gesetzliche Krankenversicherung übernimmt die Kosten für Hilfsmittel bis auf einen Eigenanteil, wenn sie ärztlich verordnet und von der Krankenkasse genehmigt wurden.

Manchmal verschreiben Ärztinnen und Ärzte ein Korsett. Es soll Wirbelsäule und Becken aufrichten und so ein ausgeprägtes Hohlkreuz verhindern. Der Einsatz von Korsetts ist umstritten. Sie sollten auf keinen Fall lange oder dauerhaft getragen werden. Denn das kann zum Abbau von Muskeln führen, die dem Oberkörper Stabilität geben, und dadurch die Beschwerden verstärken. Ein Korsett muss von einem Arzt oder einer Ärztin verordnet werden. Die gesetzliche Krankenkasse prüft dann normalerweise, ob sie die Kosten übernimmt.

Wann kann eine kognitive Verhaltenstherapie hilfreich sein?

Wenn die Beschwerden trotz verschiedener Behandlungen über längere Zeit anhalten und sehr belastend sind, kann es sinnvoll sein, den eigenen Umgang mit den Schmerzen in den Blick zu nehmen. Denn wie jemand Schmerzen empfindet und wie gut es einem Menschen gelingt, mit Schmerzen zurechtzukommen, wird auch von der Psyche beeinflusst. Daher kann es hilfreich sein, sich ungünstige Gedankenmuster oder Verhaltensweisen bewusst zu machen und sie möglichst zu verändern. Eine Verhaltenstherapie kann bei länger anhaltenden oder dauerhaften Schmerzen einen Versuch wert sein und auch mit anderen Behandlungen kombiniert werden. Sie kann auch dabei helfen, chronische Schmerzen besser zu verstehen, um mit ihnen im Alltag zurechtzukommen.

Was ist eine multimodale Schmerztherapie?

Bei einer multimodalen Schmerztherapie wird man von Fachleuten aus verschiedenen therapeutischen Bereichen betreut, etwa aus der Medizin, und Psychologie. Sie unterstützen dabei, in Bewegung zu bleiben und mit den Beschwerden umzugehen. Besonders wenn Beschwerden länger andauern und chronisch werden, kann eine solche sinnvoll sein.

Was ist für mich die beste Behandlung?

Welche Behandlung bei einer Spinalkanalstenose in der eigenen Situation die beste ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab – beispielsweise der Stärke der Beschwerden, von Begleiterkrankungen sowie persönlichen Wünschen und Erwartungen.

Insgesamt ist keine der genannten Behandlungsmöglichkeiten gut untersucht – vor allem Vergleiche fehlen. Daher ist eine ärztliche Beratung zur Wahl einer passenden Behandlung sinnvoll. Dabei kann es auch darum gehen, welche Behandlungen sich gut kombinieren lassen. So können je nach Art der Beschwerden und den gesundheitlichen Voraussetzungen unterschiedliche Ansätze sinnvoll sein.

Wenn die Beschwerden bei einer Spinalkanalstenose länger andauern und nicht operative Behandlungen die Beschwerden nicht ausreichend lindern, kann eine Operation infrage kommen. Dabei wird der Spinalkanal erweitert, um die betroffenen Nerven zu entlasten. Ob eine Operation die Beschwerden besser lindert als eine , ist aber nicht durch Studien nachgewiesen. Wenn die Ärztin oder der Arzt zu einer Operation rät, ist es daher sinnvoll, sich eine zweite ärztliche Meinung einzuholen und erst danach die Entscheidung zu treffen.

Sofortiger ärztlicher Rat ist nötig, wenn Lähmungserscheinungen an den Beinen auftreten oder die Blase oder der Darm nicht mehr richtig funktionieren. Letzteres sind Zeichen des sogenannten Kauda-Syndroms, bei dem Nervenwurzeln im Lendenwirbelbereich über längere Zeit stark gequetscht wurden. Das ist ein besonderer Notfall, kommt jedoch nur selten vor.

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Erstellt am 09. August 2023

Nächste geplante Aktualisierung: 2026

Herausgeber:

Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)

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