Ist Telemonitoring bei fortgeschrittener Herzschwäche sinnvoll?

Foto von Mann bei der Blutdruckmessung

Gesundheitsdaten wie Blutdruck, EKG-Werte und Körpergewicht täglich an ein ärztliches Zentrum zu übermitteln, kann für Menschen mit schwerer Herzschwäche Vorteile haben: Ein solches Telemonitoring senkt wahrscheinlich das Risiko, etwa an einem oder plötzlichen Herztod zu sterben.

Menschen, deren Herz sehr geschwächt ist, sind oft schon bei leichter Belastung kurzatmig und haben Atemnot. Dadurch ist der gewohnte Alltag nur eingeschränkt oder gar nicht mehr möglich. Eine fortgeschrittene Herzschwäche (fortgeschrittene ) kann außerdem Herzrhythmusstörungen und Lungenentzündungen auslösen.

Bei einer fortgeschrittenen Herzschwäche sind regelmäßige Kontrollen des Gesundheitszustandes in der Arztpraxis wichtig. Die Ärztin oder der Arzt passt bei Bedarf die Behandlung an.

Telemonitoring auf dem Vormarsch

Eine relativ neue Entwicklung ist die Möglichkeit, den Gesundheitszustand von zu Hause aus überwachen zu lassen. Bei diesem „Telemonitoring“ misst man zu Hause verschiedene Gesundheitswerte und übermittelt sie per Computer, Tablet oder Smartphone regelmäßig an ein ärztliches telemedizinisches Zentrum. Ziel ist es, Auffälligkeiten früh zu entdecken und sofort reagieren zu können – schneller, als es mit regelmäßigen Arztterminen möglich ist. Auf Basis der übermittelten Werte können zum Beispiel Untersuchungen veranlasst, die Medikamentendosis angepasst oder im Notfall direkt der Krankenwagen gerufen werden.

Es gibt im Wesentlichen zwei Formen des Telemonitorings:

  • Selbstmessung: Patientinnen und Patienten erhalten eine Schulung, wie man sich zum Beispiel wiegt, den Blutdruck misst, ein EKG macht oder seinen Gesundheitszustand einschätzt – und wie man die Gesundheitswerte anschließend elektronisch an das ärztliche telemedizinische Zentrum weiterleitet. Besondere technische Kenntnisse sind dafür nicht erforderlich.
  • automatisierte Messung und Übertragung: Sie ist nur für Menschen mit fortgeschrittener Herzschwäche möglich, denen ein technisches Gerät wie etwa ein Defibrillator implantiert wurde. Defibrillatoren senden, wenn nötig, elektrische Impulse aus, die den Herzrhythmus normalisieren. Einige Modelle eignen sich auch für ein vollautomatisiertes Telemonitoring, bei dem die Gesundheitswerte ohne eigenes Zutun an ein ärztliches telemedizinisches Zentrum weitergeleitet werden.

Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen die Kosten für ein Telemonitoring bei fortgeschrittener Herzschwäche, wenn die Herzschwäche einen bestimmten Schweregrad erreicht hat und im Krankenhaus behandelt wurde. Außerdem muss das Telemonitoring bestimmte Voraussetzungen erfüllen.

Studien zum Telemonitoring

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) haben die Vor- und Nachteile eines intensiven Telemonitorings bei fortgeschrittener Herzschwäche untersucht. Sie haben die Ergebnisse von vier Studien mit insgesamt mehr als 3000 Teilnehmenden ausgewertet. Die meisten von ihnen waren Männer, mindestens 65 Jahre alt und körperlich begrenzt belastbar. Die Studien liefen über 1 oder 2 Jahre.

Die eine Hälfte der Teilnehmenden erhielt eine herkömmliche Behandlung durch ihre Ärztin oder ihren Arzt, die andere Hälfte wurde zusätzlich mittels Telemonitoring überwacht. Die beiden Gruppen wurden in den Studien miteinander verglichen. In zwei der Studien wurden die Gesundheitswerte vollautomatisch ermittelt und übertragen, in den anderen beiden Studien von den Teilnehmenden selbst gemessen.

Welche Kriterien galten für die Studien und das Telemonitoring?

Es wurden nur Studien berücksichtigt, die ein sogenanntes intensives Telemonitoring untersucht hatten. Um als intensives Telemonitoring eingestuft zu werden, mussten verschiedene Mindestanforderungen erfüllt sein:

  • Beim Telemonitoring wurden mindestens Herzfrequenz und Herzrhythmus gemessen, der allgemeine Gesundheitszustand bewertet oder die körperliche Aktivität gemessen.
  • Die gemessenen Gesundheitswerte wurden täglich an ein ärztliches telemedizinisches Zentrum übermittelt.
  • Im Zentrum wurden die Gesundheitswerte täglich durch eigene Fachleute ausgewertet.
  • Das Zentrum und die behandelnde Arztpraxis reagierten schnell auf auffällige Gesundheitswerte, zum Beispiel innerhalb von 24 Stunden.

Intensives Telemonitoring kann Vorteile haben

Die Auswertung der Studien erlaubt erste Schätzungen: Demnach sterben Menschen mit fortgeschrittener Herzschwäche, die mit intensivem Telemonitoring überwacht werden, seltener an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung.

Eine Ausnahme zeigte sich, wenn für das intensive Telemonitoring die Selbstmessung genutzt wurde. Die zwei Studien, die diese aktive Form des Telemonitorings über einen Zeitraum von 1 bis 2 Jahren untersucht haben, deuten darauf hin, dass das Telemonitoring die Überlebenschancen erhöht – allerdings nur für Menschen ohne Anzeichen einer Depression:

  • Ohne Telemonitoring starben etwa 14 von 100 Personen.
  • Mit Telemonitoring starben etwa 10 von 100 Personen.

Neuere Auswertungen von Studien kommen ebenfalls zu dem Ergebnis, dass Telemonitoring das Leben verlängern kann. Die Maßnahmen können außerdem dafür sorgen, dass Betroffene seltener wegen ihrer Herzschwäche ins Krankenhaus müssen.

Offene Fragen

In den Studien hatte das Telemonitoring insgesamt keinen Einfluss auf typische Beschwerden einer Herzschwäche, auf Schlaganfälle oder schwere Herzrhythmusstörungen. Bei Teilnehmenden mit Defibrillator zeigte sich zudem kein Unterschied in der Anzahl der elektrischen Impulse, die das Gerät abgeben musste, um den Herzrhythmus wiederherzustellen.

Welche Nebenwirkungen ein Telemonitoring hat, ließ sich anhand der Studien nicht auswerten. Außerdem fehlten zum Teil geeignete Daten zum Einfluss auf den Gesundheitszustand und die Lebensqualität.

Alotaibi S, Hernandez-Montfort J, Ali OE et al. Remote monitoring of implantable cardiac devices in heart failure patients: a systematic review and meta-analysis of randomized controlled trials. Heart Fail Rev 2020; 25(3): 469-479.

Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG). Datengestütztes, zeitnahes Management in Zusammenarbeit mit einem ärztlichen telemedizinischen Zentrum bei fortgeschrittener Herzinsuffizienz. Rapid Report: Auftrag N19-01. 2019.

Kitsiou S, Vatani H, Pare G et al. Effectiveness of Mobile Health Technology Interventions for Patients With Heart Failure: Systematic Review and Meta-analysis. Can J Cardiol 2021; 37(8): 1248-1259.

IQWiG-Gesundheitsinformationen sollen helfen, Vor- und Nachteile wichtiger Behandlungsmöglichkeiten und Angebote der Gesundheitsversorgung zu verstehen.

Ob eine der von uns beschriebenen Möglichkeiten im Einzelfall tatsächlich sinnvoll ist, kann im Gespräch mit einer Ärztin oder einem Arzt geklärt werden. Gesundheitsinformation.de kann das Gespräch mit Fachleuten unterstützen, aber nicht ersetzen. Wir bieten keine individuelle Beratung.

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Aktualisiert am 06. September 2023

Nächste geplante Aktualisierung: 2026

Herausgeber:

Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)

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