Das deutsche Gesundheitssystem

Foto von Paar im Beratungsgespräch

Das deutsche Gesundheitssystem wird von vielen Einrichtungen und Akteuren getragen und selbst verwaltet. Wir informieren, welche Organisationen eine Rolle spielen, wie das Versorgungssystem aufgebaut ist und wie es sich entwickelt hat.

Das Versorgungssystem ist in Deutschland in drei Bereiche gegliedert: Es gibt die ambulante Versorgung, den Krankenhaus-Sektor sowie ambulante und stationäre Rehabilitations-Einrichtungen.

Zu den Akteuren im Gesundheitssystem zählen Verbände und Interessenvertretungen der verschiedenen Anbieter und Berufsgruppen, Krankenversicherungen, qualitätssichernde Einrichtungen, das Gesundheitsministerium sowie Patientenorganisationen und Selbsthilfegruppen.

Grundprinzipien des Versorgungssystems

Das System der Gesundheitsversorgung in Deutschland basiert auf vier Grundprinzipien:

  • Versicherungspflicht: Alle Bürger sind verpflichtet, sich in einer gesetzlichen Krankenkasse (GKV) zu versichern – solange sie brutto nicht mehr verdienen als einen bestimmten Betrag („Versicherungspflichtgrenze“). Wer mehr verdient, kann sich in einer privaten Krankenversicherung (PKV) versichern.
  • Beitragsfinanzierung: Die Gesundheitsversorgung wird überwiegend durch Beiträge der krankenversicherten Bürgerinnen und Bürger sowie der Arbeitgeber finanziert. Zuschüsse aus Steuereinnahmen kommen hinzu. Zum Vergleich: Staatliche Gesundheitssysteme wie etwa in Großbritannien oder Schweden wirtschaften mit Steuermitteln. In marktwirtschaftlich orientierten Systemen wie den USA müssen viele Bürger selbst für Behandlungskosten und Verdienstausfall durch Krankheit aufkommen oder sich privat versichern.
  • Solidaritätsprinzip: In der „Solidargemeinschaft“ des Gesundheitssystems tragen alle gesetzlich Versicherten gemeinsam das persönliche Risiko der Kosten, die durch eine Krankheit entstehen. Jeder gesetzlich Versicherte hat den gleichen Anspruch auf medizinische Versorgung und Lohnfortzahlung während einer Erkrankung – egal, wie hoch sein Einkommen und damit seine Beiträge sind. Dabei richtet sich die Beitragshöhe nach dem Einkommen. Auf diese Weise stehen reiche für arme, aber auch gesunde für kranke Menschen ein. Allerdings werden die Beiträge nur bis zu einer bestimmten Einkommenshöhe (der „Beitragsbemessungsgrenze“) prozentual berechnet. Alle, die mehr verdienen, zahlen den gleichen Höchstbetrag.
  • Selbstverwaltungsprinzip: Zwar beschließt der Staat die Rahmenbedingungen für die medizinische Versorgung. Die weitere Organisation und Finanzierung der einzelnen medizinischen Leistungen ist aber die Aufgabe der sogenannten Selbstverwaltung im Gesundheitswesen. Sie wird gemeinsam von den Vertreterinnen und Vertretern der Ärzte und Zahnärzte, Psychotherapeuten, Krankenhäuser, Krankenkassen und Versicherten wahrgenommen. Das oberste Gremium der Selbstverwaltung im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung ist der Gemeinsame Bundesausschuss (, siehe unten „Aufbau und Akteure des Gesundheitssystems“).

Etwas Geschichte: Die fünf Zweige der Sozialversicherung

Die Grundlagen des deutschen Gesundheitssystems gehen bis auf das Mittelalter zurück. Damals waren zum Beispiel Handwerker in sogenannten Zünften organisiert. In ihnen gab es bereits Vorformen der solidarischen Krankenversicherung: Alle Mitglieder einer Zunft zahlten Beiträge in eine gemeinsame Kasse ein. Daraus konnten einzelne Mitglieder unterstützt werden, wenn sie etwa wegen einer Erkrankung in Not gerieten. Seit Beginn der Industrialisierung gab es zum Beispiel Fabrikarbeiter-Krankenkassen. Vereinheitlicht wurden die verschiedenen Formen sozialer Absicherung durch die Sozialpolitik am Ende des 19. Jahrhunderts, der sogenannten Bismarck’schen Sozialgesetzgebung. Als erstes wurde 1883 die Krankenversicherung eingeführt. Sie sollte zunächst vor allem die Arbeiter in Industrie, Handwerk und Kleingewerbe absichern, wenn sie krank wurden.

Alle Versicherten erhielten einen Rechtsanspruch auf kostenlose ärztliche Behandlung und Arzneimittel sowie Kranken- und Sterbegeld. Damals waren etwa 10 Prozent der Bevölkerung krankenversichert – heute sind es nahezu 100 Prozent.

Auf die Einführung der Krankenversicherung 1883 folgten die gesetzliche Unfallversicherung (1884) und die Rentenversicherung (1889). 1927 wurde die Arbeitslosenversicherung für Arbeiter und Angestellte eingeführt.

Die Unfallversicherung sichert unter anderem medizinische Leistungen im Fall von arbeitsbedingten Unfällen und Berufskrankheiten sowie Geldleistungen bei arbeitsbedingter Erwerbsunfähigkeit und Tod. Die Unfallversicherung ist ebenfalls eine Pflichtversicherung, finanziert sich aber allein aus Arbeitgeberbeiträgen.

Die gesetzliche Rentenversicherung wird zu gleichen Teilen durch Beiträge von Arbeitnehmern und Arbeitgebern finanziert. Sie zahlt Altersrenten, Erwerbsunfähigkeitsrenten sowie Rehabilitationsleistungen für Erwerbstätige.

Erst im Jahr 1995 wurde der fünfte Zweig des Sozialversicherungssystems eingeführt: die Pflegeversicherung. Sie übernimmt einen Anteil der Kosten für Betreuung und Pflege, wenn jemand pflegebedürftig wird.

Die gesetzlichen Vorgaben zu den fünf Zweigen der Sozialversicherung finden sich in den Sozialgesetzbüchern.

Aufbau und Akteure des Gesundheitssystems

Auf Bundesebene gestaltet das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) die Gesundheitspolitik. Es bereitet unter anderem Gesetze vor und erarbeitet Verwaltungsvorschriften für die Aktivitäten der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen. Dem BMG unterstehen auch eine Reihe von Institutionen und Behörden, die sich mit übergeordneten gesundheitlichen Fragen befassen. Dazu zählen zum Beispiel das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und das Paul-Ehrlich-Institut (PEI). Das BfArM ist unter anderem für die Zulassung von Arzneimitteln zuständig. Zu den Aufgaben des PEI gehört beispielsweise die Zulassung von Impfstoffen.

Im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung ist der Gemeinsame Bundesausschuss () das oberste Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung im Gesundheitswesen. Er besteht aus Vertreterinnen und Vertretern der Ärzte, Zahnärzte und Psychotherapeuten, der gesetzlichen Krankenkassen, der Krankenhäuser und der Patienten. Als zentrales Organ der Selbstverwaltung auf Bundesebene entscheidet der unter anderem darüber, welche medizinischen Leistungen die gesetzlichen Krankenkassen bezahlen und in welcher Form sie erbracht werden.

Außerdem ist der für qualitätssichernde Maßnahmen in der Versorgung zuständig. In seiner Arbeit wird der unter anderem vom Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) unterstützt, dem Herausgeber dieser Website. Das Institut bewertet den Nutzen und die Risiken von Behandlungs- und Untersuchungsmethoden. Fachleute werten dann das Wissen zu ausgewählten Themen aus. Die Ergebnisse sollen in künftige Entscheidungen über die Gesundheitsversorgung einfließen. Auf der IQWiG-Plattform „ThemenCheck Medizin“ können Bürgerinnen und Bürger Forschungsfragen stellen.

Wichtige Anbieter, Einrichtungen und Verbände im Gesundheitswesen sind:

  • Krankenkassen: Die gesetzlichen Krankenkassen haben die Pflicht, Bürgerinnen und Bürger zu versichern und dafür zu sorgen, dass sie medizinische Leistungen erhalten. Dazu schließen sie Verträge mit einer Vielzahl von Institutionen und Organisationen ab, u.a. den Kassenärztlichen und Kassenzahnärztlichen Vereinigungen sowie Verbänden der Ärzte, Krankenhäuser und Apotheker. Der Verband aller gesetzlichen Krankenkassen auf Bundesebene nennt sich „GKV-Spitzenverband“. Er übernimmt gesetzlich bestimmte Aufgaben und vertritt die Interessen der verschiedenen Kassen. Die privaten Krankenversicherungen bieten ihren Kunden entweder Voll-, Teil- oder Zusatzversicherungen. Ihre Interessenvertretung ist der „PKV-Verband“.
  • Kassenärztliche und -zahnärztliche Vereinigungen: Alle Ärzte und psychologischen Psychotherapeuten, die mit der gesetzlichen Krankenversicherung Leistungen abrechnen, sind in den Bundesländern in Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) organisiert, die Zahnärzte in Kassenzahnärztlichen Vereinigungen (KZV). Die zuständigen Verbände auf Bundesebene sind die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV). Die Aufgaben der Verbände sind gesetzlich festgelegt.
  • Krankenhausgesellschaft: Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) vertritt Spitzen- und Landesverbände der verschiedenen Krankenhausträger wie zum Beispiel Städte und Gemeinden, Kirchen, gemeinnützige Verbände und andere private Träger.
  • Ärzte-, Zahnärzte-, Psychotherapeuten- und Apothekerkammern: Auf Ebene der Bundesländer sind alle Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten und Apotheker Pflichtmitglieder ihrer zuständigen Landeskammer. Zu den Aufgaben der Kammern gehören unter anderem die Überwachung der Berufspflichten und die Einhaltung der Röntgen- und Strahlenverordnung. Sie sind zuständig für die Berufsanerkennung, die Facharztprüfung sowie die Begutachtung und Schlichtung bei Behandlungsfehlervorwürfen. Die Landeskammern haben auf Bundesebene entsprechende Bundeskammern gebildet.
  • Öffentlicher Gesundheitsdienst (ÖGD): Aufgabe des ÖGD ist der Schutz der Bevölkerung vor Gesundheitsgefahren. Vor allem die kommunalen Gesundheitsämter kümmern sich vor Ort zum Beispiel um die Hygiene in Gemeinschaftseinrichtungen, um Infektionsschutz und allgemeine Gesundheitsförderung. Sie bieten auch Beratung und Hilfe etwa bei psychosozialen Problemen.
  • Apothekerverbände: Apotheken sind für die Abgabe von Arzneimitteln an Verbraucherinnen und Verbraucher zuständig. Apothekerinnen und Apotheker haben zudem die Aufgabe, über Arzneimittel zu informieren und zu beraten. Um die Versorgung sicherzustellen, müssen ihre Verbände Verträge mit dem GKV-Spitzenverband und den Krankenkassen abschließen.
  • Nicht ärztliche Heilberufe: Nicht zuletzt gibt es viele sogenannte nicht ärztliche Heilberufe. Hierzu gehören zum Beispiel Physiotherapeuten, Logopäden, Pflegekräfte oder Hebammen. Soweit sie Kassenleistungen anbieten, schließen auch ihre Verbände Verträge mit dem GKV-Spitzenverband und den Krankenkassen ab.
  • Patientenorganisationen und Selbsthilfe: Viele Menschen haben sich zu Selbsthilfegruppen und Patientenorganisationen zusammengeschlossen, die Patientinnen und Patienten beraten und unterstützen. Verschiedene Patientenorganisationen sind darüber hinaus Interessenvertreter der Patientinnen und Patienten in gesundheitspolitischen Fragen.

Ambulante Versorgung

Die ambulante Versorgung in Deutschland wird vor allem von niedergelassenen, freiberuflich tätigen Ärztinnen und Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten sowie Fachkräften aus nicht ärztlichen Heilberufen getragen. Die meisten Ärzte und Zahnärzte haben eine „Kassenzulassung“, das heißt sie behandeln gesetzlich Versicherte.

Die meisten Menschen gehen bei einer Erkrankung oder einem Gesundheitsproblem zunächst zu ihrer Hausärztin oder ihrem Hausarzt. Als Hausärzte gelten Praktische Ärzte, Allgemeinmediziner, Internisten oder Kinder- und Jugendärzte. Bei besonderen medizinischen Problemen überweisen sie an eine entsprechende Facharztpraxis, zum Beispiel für Frauenheilkunde (Gynäkologie) oder für Hauterkrankungen (). Es ist aber auch möglich, direkt zu einer speziellen Fachärztin oder einem Facharzt zu gehen.

Über ihre Mitgliedschaft in der jeweiligen Kassenärztlichen oder Kassenzahnärztlichen Vereinigung hinaus haben Hausärzte, Fachärzte und Zahnärzte jeweils ihre eigenen Verbände, die ihre speziellen beruflichen Interessen vertreten.

Neben Einzelpraxen gibt es in Deutschland viele Gemeinschaftspraxen oder medizinische Versorgungszentren, in denen zwei oder mehr Ärztinnen, Ärzte sowie Fachkräfte aus nicht ärztlichen Heilberufen zusammenarbeiten. Solche großen Praxen können oft Leistungen anbieten, die sonst nur in Krankenhäusern möglich sind, wie spezielle Untersuchungen oder ambulante Operationen. Man spricht daher manchmal von „Praxiskliniken“.

Zur ambulanten Versorgung zählt auch die ambulante Behandlung im Krankenhaus oder in psychiatrischen Einrichtungen.

Stationäre Versorgung

Die meisten Krankenhäuser in Deutschland behandeln gesetzlich und privat Versicherte. Die großen Krankenhäuser haben meist öffentliche Träger, also Länder und Gemeinden. Freigemeinnützige oder konfessionelle Krankenhäuser werden von gemeinnützigen Organisationen wie dem Roten Kreuz oder von Kirchen getragen. Daneben gibt es viele von Privatunternehmen geführte Kliniken. Einige von ihnen nehmen nur Privatpatienten auf. Sie haben in der Regel vergleichsweise wenig Betten, viele sind auf bestimmte Fachgebiete spezialisiert.

Ist ein längerer Klinikaufenthalt nötig, spricht man von „stationärer Behandlung“. Dabei müssen auch gesetzlich Versicherte eine Zuzahlung für Unterbringung und Verpflegung leisten. Dies wird vor der Behandlung im „Krankenhausvertrag“ zwischen Patient und Klinik festgehalten.

Neben der stationären Versorgung im Krankenhaus gibt es noch den Bereich der stationären medizinischen Rehabilitation. In Rehabilitationseinrichtungen werden Behandlungen angeboten, die helfen, nach einer schweren Erkrankung und intensiven wieder selbstständig und leistungsfähig zu werden. Angeboten werden unter anderem physiotherapeutische Behandlungen, psychologische Betreuung sowie Unterstützung beim Umgang mit Hilfsmitteln. Oft schließt sich eine solche Behandlung an den Aufenthalt in einem Krankenhaus an, zum Beispiel nach einer Operation. Nicht zuletzt gibt es Rehabilitationseinrichtungen für psychische und Suchterkrankungen.

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Bundesministerium für Gesundheit (BMG). Schaubild "Das Gesundheitssystem" - der Staat setzt den Rahmen. 08.2015.

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Obermann K, Müller P, Müller HH, Schmidt B, Glazinski B. The German Health Care System. A concise overview. 2013.

Statistisches Bundesamt (Destatis). Eckdaten der Krankenhäuser 2013.

IQWiG-Gesundheitsinformationen sollen helfen, Vor- und Nachteile wichtiger Behandlungsmöglichkeiten und Angebote der Gesundheitsversorgung zu verstehen.

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Aktualisiert am 24. Januar 2018

Nächste geplante Aktualisierung: 2024

Herausgeber:

Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)

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