Behandlung einer vaskulären Demenz

Jüngere Frau umarmt ältere Frau

Ziel der Behandlung einer vaskulären Demenz ist es, weitere Gefäßschäden zu vermeiden. Zudem sollen die Denkleistung verbessert oder zumindest das Fortschreiten der Beeinträchtigungen verlangsamt werden. Ein weiteres Ziel ist, zu vermitteln, wie man mit der Erkrankung zurechtkommen kann.

Wenn das Gehirn durch einen oder eine Blutung geschädigt wurde, kann sich eine vaskuläre Demenz entwickeln. Die Symptome sind je nach Ort und Umfang der Schädigung im Gehirn unterschiedlich: Oft kommt es zu Problemen, sich zu konzentrieren und sprachlich auszudrücken. Auch die räumliche und zeitliche Orientierung lässt häufig nach und die Persönlichkeit kann sich verändern. Eine gute Begleitung und Versorgung im Alltag sowie psychosoziale Unterstützung sind deshalb sehr wichtig.

Zu den Behandlungsmöglichkeiten gehören beispielsweise Gedächtnis- und Orientierungsübungen, körperliches Training, oder Erinnerungsarbeit. Ein wichtiger Bestandteil der sind auch Angehörigenschulungen. Daneben gibt es Medikamente zur Senkung des Schlaganfallrisikos, wie Blutdruck- und Cholesterinsenker oder Blutverdünner.

Eine Änderung der Lebensgewohnheiten kann ebenfalls dazu beitragen, das Schlaganfallrisiko zu verringern – zum Beispiel durch weniger Salz im Essen oder einen Rauchstopp.

Behandlungsziele sind:

  • weiteren Schlaganfällen und Schädigungen im Gehirn vorzubeugen,
  • eine Verstärkung der Beschwerden aufzuhalten oder zu verlangsamen,
  • die Selbstständigkeit solange wie möglich zu erhalten,
  • die Lebensqualität zu verbessern und
  • psychische Beschwerden zu lindern.

Wichtig ist, dass Betroffene und Angehörige in die Behandlung einbezogen werden.

Welche nicht medikamentösen Behandlungen gibt es?

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, eine vaskuläre Demenz ohne Medikamente zu behandeln. Sie sollen helfen, die geistige Leistungsfähigkeit und die Selbstständigkeit zu verbessern. Nicht alle dieser Angebote werden von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt. Die eigene Krankenkasse kann dazu informieren, ob sie die Kosten für eine bestimmte Maßnahme übernimmt.

Kognitive Stimulation

Das Wort „kognitiv“ wird als Oberbegriff für alles verwendet, was mit den geistigen Fähigkeiten zu tun hat, wie zum Beispiel Wahrnehmen, Denken und Erinnern. Für Menschen mit leichter bis mittelschwerer Demenz gibt es unterschiedliche Übungen im Rahmen der sogenannten kognitiven Stimulation. Beispiele sind Rechenaufgaben, Orientierungstrainings, Gesprächsübungen und kreative Arbeit, wie Malen, Basteln oder Töpfern. Die Übungen werden einzeln oder in Gruppen angeboten, oft 1- bis 2-mal die Woche für jeweils 30 bis 90 Minuten.

Wichtig ist, dass kognitive Übungen an die individuellen Möglichkeiten und Bedürfnisse angepasst und von Fachkräften begleitet werden.

Erinnerungsarbeit

Der Begriff „Reminiszenz“ stammt aus dem Lateinischen und bedeutet „Erinnerung“. Bei einer besteht die Möglichkeit, in Einzel- oder Gruppengesprächen beispielsweise von der Kindheit, Schulzeit oder dem früheren Beruf zu erzählen. Diese soll geistige Fähigkeiten wie Erinnerungsvermögen und sprachliche Ausdrucksfähigkeit fördern, aber auch die Lebensqualität verbessern. Studien weisen darauf hin, dass die die Stimmung heben und die geistige Leistungsfähigkeit etwas verbessern kann. Sie wird für alle Schweregrade der Erkrankung empfohlen.

Ergotherapie

Die Ergotherapie ist eine wirksame Möglichkeit zum Training von Alltagsfertigkeiten wie zum Beispiel Anziehen oder Haushaltsarbeiten. Ergotherapeutinnen und -therapeuten helfen dabei, das Leben so eigenständig wie möglich zu gestalten. Dazu bieten sie verschiedene Übungen und Aktivitäten an, beraten und schlagen Anpassungen im Alltag vor. kann auch Konzentrations- und Gedächtnistraining beinhalten.

Körperliches Training und Krankengymnastik

Wie bei vielen anderen Erkrankungen auch, hat körperliche Aktivität bei vaskulärer Demenz gesundheitliche Vorteile. Es ist wichtig, in Bewegung zu bleiben, um beispielsweise Bettlägerigkeit zu vermeiden. Studien zeigen, dass Menschen mit Demenz, die an Bewegungsprogrammen teilnehmen, dadurch länger mobil sein können. Kombinierte Programme zur Verbesserung von Kraft, Beweglichkeit und Gleichgewicht können helfen, Alltagsaktivitäten länger selbstständig zu erledigen. Sie bestehen beispielsweise aus Gehübungen, Gymnastik (auch im Wasser), Kräftigungs- und Konditionstraining. Solche Trainings finden etwa 2- bis 3-mal pro Woche für 30 bis 60 Minuten statt. Bei einer Demenz ist auch sogenannter Reha-Sport in festen Gruppen möglich. Reha-Sport wird ärztlich verordnet, die Kosten werden von der Krankenkasse übernommen.

Da Bewegung und Sport auch überfordern und zu Verletzungen führen können, ist es wichtig, dass die Angebote an die individuellen Möglichkeiten und Bedürfnisse angepasst werden.

Musiktherapie

Musiktherapie wird in Einzel- (persönlich abgestimmt) oder in Gruppensitzungen angeboten. Dabei wird je nach Angebot und Möglichkeit aktiv Musik gemacht – zum Beispiel gesungen – oder (passiv) Musik gehört. In Studien konnten Musiktherapien dazu beitragen, die Stimmung zu heben und ruhiger zu werden.

Mit welchen Medikamenten wird Schlaganfällen vorgebeugt?

Um weiteren Schlaganfällen und damit erneuten Schäden im Gehirn vorzubeugen, können Medikamente eingesetzt werden. Je nach zugrundeliegender Erkrankung werden die folgenden Medikamentengruppen häufig eingesetzt.

Blutdrucksenker

Ein zu hoher Blutdruck kann Gefäßschäden und als Folge neue Schlaganfälle und Hirnblutungen verursachen, ist aber gut mit Medikamenten in den Griff zu bekommen. Infrage kommen , Angiotensin-Rezeptorblocker, , und Kalziumantagonisten.

Cholesterinsenker

sind Medikamente, die Schlaganfällen und Herzinfarkten vorbeugen können. Sie verringern den Anteil bestimmter Fette (LDL-Cholesterine) im Blut. Daher werden sie auch Cholesterinsenker oder Lipidsenker genannt.

Gerinnungshemmer

  • Plättchenhemmer: Liegt als Grunderkrankung eine Arteriosklerose (Gefäßverengung) vor, kann ein Plättchenhemmer das Risiko für Gefäßschäden durch Blutgerinnsel senken. Diese Medikamente werden auch Thrombozyten-Aggregationshemmer genannt. Hierzu zählen und Clopidogrel.
  • Orale (OAKs): OAKs wirken stärker als Plättchenhemmer. Sie werden zum Beispiel zur Vorbeugung von Blutgerinnseln bei Vorhofflimmern eingesetzt. Bei dieser Herzerkrankung besteht ein hohes Schlaganfallrisiko. Beispiele für OAKs sind Vitamin-K-Antagonisten wie Phenprocoumon (bekannt unter dem Handelsnamen „Marcumar“) und direkte orale (DOAKs).

Antidiabetika und Insulin

Menschen mit Diabetes mellitus haben ein erhöhtes Risiko für einen . Eine gute Einstellung ihres Blutzuckers ist wichtig, um weitere Schädigungen des Gehirns und ein Fortschreiten der vaskulären Demenz zu vermeiden.

Mit welchen Medikamenten können die geistigen Beschwerden behandelt werden?

Medikamente gegen Alzheimer-Demenz (Antidementiva) sind in Deutschland nicht zur Behandlung der vaskulären Demenz zugelassen. Nur wenige Studien haben den Nutzen von Mitteln wie Acetylcholinesterase-Hemmern oder Memantin bei einer vaskulären Demenz untersucht. Sie geben zwar Hinweise, dass diese Mittel eine Zeit lang helfen, sich beispielsweise an Veränderungen des Alltags anzupassen. Eine Behandlung wird dennoch nur im Einzelfall empfohlen (Off-Label Use). Liegt neben der vaskulären auch eine Alzheimer-Demenz vor, kann aber mit Antidementiva behandelt werden.

Es gibt schwache Hinweise, dass Extrakte aus den Blättern des Ginkgo-Baums in höherer Dosierung die Denkleistung eine Zeit lang verbessern können. Solche Mittel sind in der entsprechenden Dosierung für die vaskuläre Demenz zugelassen und können für die Behandlung erwogen werden. Sie können jedoch das Risiko für Blutungen erhöhen. Daher ist es wichtig, den möglichen Nutzen und solche Nebenwirkungen im ärztlichen Gespräch abzuwägen. Wird das Ginkgo-Extrakt verschrieben, übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten.

Mit welchen Medikamenten werden psychische Beschwerden behandelt?

Sind Wesen und Verhalten durch die Demenz beeinflusst, kommen sowohl Medikamente () als auch nicht medikamentöse Behandlungen infrage. Am Anfang steht eine genaue Erfassung der Situation. Ziel ist es, Faktoren in der Umgebung herauszufinden, wie zum Beispiel Konflikte oder Lärmstörungen, die beseitigt werden und so zu einer Entlastung führen können. kommen erst infrage, wenn andere Maßnahmen nicht helfen. Falls eine akute Gefahr besteht, sich selbst oder andere zu gefährden, können diese Medikamente aber sofort eingesetzt werden.

Welche Unterstützung gibt es für Angehörige?

Für Angehörige gibt es praktische Unterstützungsangebote und Schulungen. Sie sollen helfen, die Krankheit besser zu verstehen und im Alltag mit ihr zurechtzukommen. Praktische Angebote umfassen Informationen über Leistungen der Kranken- und Pflegekassen und über finanzielle Hilfen. Die psychosoziale Beratung unterstützt bei der Antragstellung und berät unter anderem dazu, wie man mit schwierigen Situationen im Pflegealltag umgehen kann.

Für Angehörige ist es hilfreich, in die und Behandlungsplanung eingebunden zu sein. Da die Betreuung und Pflege für Angehörige belastend sein kann, gibt es Angebote, in denen man Bewältigungsstrategien erlernen kann. Das soll die Belastung senken und kommt dann auch der oder dem Erkrankten zugute. Unterstützung für Angehörige kann persönlich, aber auch telefonisch oder per Videoanruf genutzt werden – je nachdem, was besser in den Alltag passt. Neben der Beratung durch Fachleute kann auch der Austausch mit anderen Angehörigen hilfreich sein, um praktische Tipps im Alltag zu bekommen und sich gegenseitig zu stärken.

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Erstellt am 23. März 2022

Nächste geplante Aktualisierung: 2025

Herausgeber:

Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)

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