Aneurysma behandeln lassen oder nicht?

Foto von Mutter und Tochter im Gespräch

Nicht alle zufällig entdeckten Hirnaneurysmen reißen. Es gibt aber einige Faktoren, die das Risiko für einen Riss (Ruptur) mit anschließender Blutung ins Gehirn erhöhen.

Wenn ein Hirnaneurysma festgestellt wird, versuchen Ärztinnen und Ärzte das Risiko für Komplikationen einzuschätzen. Das heißt vor allem: Wie wahrscheinlich ist es, dass ein Aneurysma irgendwann plötzlich reißt und eine lebensbedrohliche Hirnblutung auslöst?

Es gibt Eigenschaften des Aneurysmas und Erkrankungen, die das Risiko für einen Riss erhöhen. Aber auch Gewohnheiten wie das Rauchen können Komplikationen wahrscheinlicher machen.

Was macht ein Reißen wahrscheinlicher?

Je größer ein Aneurysma ist, desto höher ist das Komplikationsrisiko. Es gibt zwar keine feste Grenze zwischen „harmlosen“ und „gefährlichen“ Aneurysmen. Fachleute gehen aber davon aus, dass Aneurysmen mit einem Durchmesser unter sieben Millimetern nicht sofort behandelt werden müssen, sondern beobachtet werden können.

Dennoch lässt sich nicht ganz ausschließen, dass auch solche kleinen Aneurysmen reißen. Daher spielen bei der Entscheidung für oder gegen eine Behandlung auch andere Risikofaktoren eine Rolle. So gilt das Risiko für einen Riss als erhöht, wenn ein Aneurysma

  • im Laufe der Zeit größer wird,
  • an den Hirnarterien sitzt, die den hinteren Bereich des Gehirns versorgen oder
  • unregelmäßig geformt ist.

Bei mehreren Hirnaneurysmen besteht ebenfalls ein erhöhtes Risiko – vor allem, wenn eins davon schon einmal geblutet hat. Fachleute gehen davon aus, dass zusätzliche Untersuchungen wie spezielle Magnetresonanztomografien () helfen, das Risiko einzuschätzen: Sie zeigen, wie das Blut im Bereich des Aneurysmas fließt und welche Kräfte damit auf die Gefäßwand ausgeübt werden.

Abgesehen von den Eigenschaften des Aneurysmas sind Komplikationen häufiger

  • bei Menschen, die haben,
  • bei Personen, die rauchen oder viel Alkohol trinken,
  • bei Frauen,
  • bei älteren Menschen und
  • bei einer familiären Vorbelastung – das heißt, wenn ein naher Verwandter wie Geschwister oder Eltern bereits eine Blutung aufgrund eines Aneurysmas hatte.

Was kann ich selbst tun, um das Risiko gering zu halten?

Wichtige Risikofaktoren, die sich vermeiden oder zumindest beeinflussen lassen, sind:

Gegen einen erhöhten Blutdruck lässt sich einiges tun. Schon eine Ernährungsumstellung mit Gewichtsabnahme und mehr Bewegung können dazu beitragen, ihn zu senken. Außerdem gibt es wirksame Medikamente gegen Bluthochdruck.

Wer raucht, kann sein Risiko für einen Riss des Aneurysmas verringern, wenn er damit aufhört. Das fällt vielen schwer. Es gibt aber verschiedene Unterstützungsmöglichkeiten, die einen Rauchstopp erleichtern können.

Ähnliches gilt für Alkohol. Wer seinen Alkoholkonsum verringern, aber nicht ganz verzichten will, kann versuchen, nur gelegentlich oder bei besonderen Anlässen ein Glas zu trinken. Je nachdem, wie viel man trinkt, kann aber professionelle Unterstützung nötig sein.

Spricht das Risiko für oder gegen eine Behandlung?

Nach der „Hirnaneurysma“ stellt sich meist die Frage: Muss das Aneurysma behandelt werden oder nicht? Für diese Entscheidung ist es wichtig, wie wahrscheinlich es ist, dass das Aneurysma eines Tages reißt.

Bei einem sehr geringen Risiko für eine Hirnblutung könnte eine Behandlung wegen ihrer möglichen Risiken und Nebenwirkungen womöglich mehr schaden als nutzen. Menschen mit sehr hohem Risiko könnte die Behandlung dagegen vor einer lebensbedrohlichen Hirnblutung schützen. Für sie überwiegt trotz möglicher Nebenwirkungen der Nutzen.

Ob ein Aneurysma irgendwann reißt oder nicht, hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab. Außerdem muss das Risiko für eine Hirnblutung mit dem für die Nebenwirkungen und Risiken einer Behandlung abgewogen werden. Auch das Behandlungsrisiko ist nicht für jeden gleich. Aus all diesen Gründen ist die Entscheidung für oder gegen eine Behandlung manchmal schwierig und eine Beratung mit Ärztinnen und Ärzten wichtig, die sich auf die von Hirnaneurysmen spezialisiert haben.

Eine Entscheidungshilfe kann dabei unterstützen, sich auf dieses Beratungsgespräch vorzubereiten. Sie kann zum Beispiel dabei helfen, herauszufinden, was einem wichtig ist und zu welchen Fragen noch Informationen fehlen.

Backes D, Rinkel GJ, Laban KG et al. Patient- and Aneurysm-Specific Risk Factors for Intracranial Aneurysm Growth: A Systematic Review and Meta-Analysis. Stroke 2016; 47(4): 951-957.

Brinjikji W, Zhu YQ, Lanzino G et al. Risk Factors for Growth of Intracranial Aneurysms: A Systematic Review and Meta-Analysis. AJNR Am J Neuroradiol 2016; 37(4): 615-620.

Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN). Unrupturierte intrakranielle Aneurysmen (S1-Leitlinie). AWMF-Registernr.: 030-030. 2012.

Hacke W. Neurologie. Berlin: Springer; 2016.

Han P, Jin D, Wei W et al. The prognostic effects of hemodynamic parameters on rupture of intracranial aneurysm: A systematic review and meta-analysis. Int J Surg 2021; 86: 15-23.

Kleinloog R, de Mul N, Verweij BH et al. Risk Factors for Intracranial Aneurysm Rupture: A Systematic Review. Neurosurgery 2018; 82(4): 431-440.

Malhotra A, Wu X, Forman HP et al. Growth and Rupture Risk of Small Unruptured Intracranial Aneurysms: A Systematic Review. Ann Intern Med 2017; 167(1): 26-33.

Meyers PM, Schumacher HC, Higashida RT et al. Indications for the Performance of Intracranial Endovascular Neurointerventional Procedures. Circulation 2009; 137: 2235-2249.

Steiner T, Juvela S, Unterberg A et al. European Stroke Organization guidelines for the management of intracranial aneurysms and subarachnoid haemorrhage. Cerebrovasc Dis 2013; 35(2): 93-112.

IQWiG-Gesundheitsinformationen sollen helfen, Vor- und Nachteile wichtiger Behandlungsmöglichkeiten und Angebote der Gesundheitsversorgung zu verstehen.

Ob eine der von uns beschriebenen Möglichkeiten im Einzelfall tatsächlich sinnvoll ist, kann im Gespräch mit einer Ärztin oder einem Arzt geklärt werden. Gesundheitsinformation.de kann das Gespräch mit Fachleuten unterstützen, aber nicht ersetzen. Wir bieten keine individuelle Beratung.

Unsere Informationen beruhen auf den Ergebnissen hochwertiger Studien. Sie sind von einem Team aus Medizin, Wissenschaft und Redaktion erstellt und von Expertinnen und Experten außerhalb des IQWiG begutachtet. Wie wir unsere Texte erarbeiten und aktuell halten, beschreiben wir ausführlich in unseren Methoden.

Seite kommentieren

Was möchten Sie uns mitteilen?

Wir freuen uns über jede Rückmeldung entweder über das Formular oder über gi-kontakt@iqwig.de. Ihre Bewertungen und Kommentare werden von uns ausgewertet, aber nicht veröffentlicht. Ihre Angaben werden von uns vertraulich behandelt.

Bitte beachten Sie, dass wir Sie nicht persönlich beraten können. Wir haben Hinweise zu Beratungsangeboten für Sie zusammengestellt.

Über diese Seite

Aktualisiert am 28. Juli 2021

Nächste geplante Aktualisierung: 2024

Herausgeber:

Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)

So halten wir Sie auf dem Laufenden

Abonnieren Sie unseren Newsletter oder Newsfeed. Auf YouTube finden Sie unsere wachsende Videosammlung.