Wichtig war für mich, dass man sich selber nicht verrückt macht

Foto von Patientin in der Sprechstunde

Helga, 54 Jahre

„Die Diagnose war ein großer Schock für mich: Ich habe gedacht, dass ich vielleicht in einem Jahr blind sein könnte.“

Vor etwa zehn Jahren habe ich nach langer Zeit wieder mal einen Augenarzt aufgesucht, da ich am Auge ein Gerstenkorn hatte. Ich hatte in dieser Zeit aber auch bei Blitzlicht oder bei Autos mit Rundumleuchten stechende Schmerzen in den Augen bekommen. Das Gerstenkorn wurde behandelt und ich bin erst ein Jahr später wieder zum Arzt für eine Nachuntersuchung gegangen. Ich hatte die Nachsorge aus verschiedenen Gründen schleifen lassen. Bei dieser Nachuntersuchung wurde festgestellt, dass ich ein habe. Die Ärztin meinte, dass mein Sehnerv angegriffen ist. Wir haben dann mit einem Test das Gesichtsfeld gemessen und es zeigte sich, dass auf dem rechten Auge etwa die Hälfte der Sehzellen bereits zerstört und der Sehbereich dementsprechend eingeengt war.

Bei Blitzlicht hatte ich Schmerzen im Auge

Ich war wie vom Donner gerührt. Bei Rundumleuchten von Rettungswagen, Blitzlicht oder Ähnlichem hatte ich zwar Schmerzen im Auge und auch tränende Augen. Aber ich hätte nie gedacht, dass das ein Hinweis auf eine Krankheit sein kann und hatte es auf den Stress geschoben. Ich hatte keine Ahnung, was ein ist.

Die Ärztin hatte damals keine Zeit, mit mir über diese zu sprechen. Das hat mich sehr belastet. Zu Hause wurde ich dann regelrecht panisch und bin in die Notaufnahme in einem Krankenhaus gegangen.

In der Ambulanz des Krankenhauses waren sie total geschockt von meinem Gesichtsfeld: Die obere Hälfte war zum Teil schwarz und das schon ziemlich weit fortgeschritten. Ich muss das zu diesem Zeitpunkt schon Jahre gehabt haben.

In der Krankenhausambulanz wurde ein sogenanntes Tagesprofil erstellt. Das bedeutet, dass den ganzen Tag über der Augendruck gemessen wurde. Und es wurden weitere verschiedene Untersuchungen durchgeführt. Mit diesen Untersuchungen wurde die Art und Schwere des Glaukoms festgestellt. Ich habe ein Offenwinkelglaukom und mir wurden Tropfen verordnet.

Die war ein großer Schock für mich: Ich habe gedacht, dass ich vielleicht in einem Jahr blind sein könnte. Wie lange das bis zu einer eventuellen Blindheit dauern könnte, konnte niemand sagen. Das bedeutete eine große Unsicherheit für mich.

Zehn Jahre ist die Diagnose jetzt her

Für mich war es schwierig, frühzeitig festzustellen, dass ich schlecht sehen kann. Denn das Problem ist ja, dass man nicht selber überprüft, wie gut man mit dem einen und dem anderen Auge sieht. Sondern man schaut immer mit beiden Augen. Hätte ich früher mal probiert, nur mit einem Auge zu schauen und hätte das andere Auge abgedeckt, dann hätte ich schon viel früher gemerkt, dass ich nicht mehr so gut sehen kann.

Die ist jetzt zehn Jahre her und mit der Zeit habe ich mehr Erfahrungen gesammelt. Ich habe meinen Körper besser kennengelernt und gelernt, wie ich bestimmte Wahrnehmungen einstufen kann. Ich habe ein Gefühl dafür bekommen, wann der Augendruck vermutlich hoch und wann der Augendruck vermutlich niedrig ist. Am Anfang war ich sehr besorgt und bin öfters ins Krankenhaus gegangen, weil ich Angst hatte.

Ich hatte lange Zeit Augentropfen, die ich sehr gut vertragen habe. Leider wurde die Produktion irgendwann eingestellt und ich musste auf neue Tropfen umgestellt werden. Die habe ich leider nicht so gut vertragen. Es ist zwar ein Medikament mit dem gleichen Wirkstoff wie das alte, aber ich habe seit der Umstellung immer Augenschmerzen. Bei einem anderen Medikament, welches ich ausprobiert habe, hatte ich das Gefühl, dass ich beim Treppensteigen keine Luft mehr bekomme und dass ich erschöpft bin. Ich habe diese Nebenwirkungen immer dem Arzt berichtet und dann wurde ein neues Medikament ausprobiert. Das finde ich ganz wichtig, dass man diese Dinge mit dem Arzt bespricht. Wenn man kein Vertrauen zum Arzt hat, dann sollte man den Arzt wechseln. Diese Zusammenarbeit ist für mich sehr wichtig.

Die richtige Anwendung der Tropfen ist nicht so einfach. Viele Patienten tropfen daneben oder tropfen das Medikament gar nicht richtig in das Auge. Das muss man erst mal üben. Viele ältere Menschen lassen sich vom Partner tropfen. Wenn der Partner dann stirbt oder nicht daheim ist, dann hängt die Anwendung der Tropfen davon ab. Ich finde es wichtig, dass man selber lernt, richtig zu tropfen. Ich habe das Tropfen mit künstlichen Tränen (Anm. d. Red.: Tränenersatzmittel) gelernt. Ich habe auch in Broschüren nachgelesen, wie man das macht.

Ich hatte auch schon eine Operation an beiden Augen. Sie hat leider keine Verbesserung für mich gebracht. Aber ich kenne auch Leute, bei denen eine Operation zu einer Verbesserung geführt hat. Eine Entscheidung für eine solche Operation ist immer eine sehr individuelle Entscheidung, die jeder für sich selber treffen muss, mit den jeweiligen Vor- und Nachteilen.

Der Augendruck hat sich stabilisiert

Im Moment gehe ich etwa viermal im Jahr zur ärztlichen Kontrolle und komme damit sehr gut klar. Die Sehkraft kann mit der Zeit schlechter werden, aber mein Augendruck hat sich stabilisiert. Manchmal habe ich schon Schmerzen, ein Brennen, Jucken oder Stechen in den Augen oder auch trockene Augen durch die ganzen Medikamente, die man ständig in das Auge träufelt. Mir hilft vor allem auch häufiges Blinzeln und Gähnen, meine Augen zu befeuchten. 

Ich lasse mir von jedem Augenarzt eine Kopie vom Arztbericht geben, damit ich etwas in der Hand habe. Ich habe eine eigene Akte für mich angelegt, die ich sorgfältig pflege, damit ich alle Informationen zusammen habe. Wenn man die richtigen ärztlichen Ansprechpartner für sich gefunden hat und immer an der gleichen Stelle die Kontrollen machen lässt, ist ein Abgleich mit den Werten der vergangenen Untersuchungen möglich.

Bei jeder Untersuchung habe ich dennoch immer wieder Angst, dass meine Sehkraft schlechter geworden sein könnte. Manchmal kann ich es ahnen und ich sage dem Arzt, dass ich auf dem linken Auge einen größeren Gesichtsfeldausfall als vorher habe. Besonders in der Zeit vor der Untersuchung mache ich mir Sorgen. Vor allem darum, wie lange ich noch sehen kann, wie lange ich noch Auto fahren oder einige andere Dinge tun kann.

Bei mir geht das noch mit dem Autofahren, aber ich fahre nur im Sommer und wenn es mir gut geht. Ich fahre nicht, wenn es dunkel ist. Das kann ich nicht mehr. Ich habe mich auch dazu entschlossen, mein Auto im nächsten Jahr zu verkaufen. Ich brauche es nicht und fahre gern mit der Bahn.

Entspannung tut mir gut

Ich habe die “ im Alter von 45 Jahren bekommen und werde bis zu meinem Lebensende damit zu tun haben. Es gibt ja ganz viele verschiedene Arten von Glaukomen. Wichtig war für mich, dass man sich selber nicht zu sehr verrückt macht – sich Informationen einholt, damit man innerlich ruhiger wird. Mir hat es auch geholfen, durch die regelmäßigen Tests des Gesichtsfeldes eine Verlaufskontrolle über die Erkrankung zu haben.

Ich hatte für mich das Gefühl, dass Stress einen großen Einfluss auf mich und auch auf meine Augen hatte. Ich habe nach der versucht, eine andere Einstellung zu meiner Arbeit zu bekommen und meine Ansprüche an mich ein wenig herunterzuschrauben. Ich habe versucht, ein wenig mehr Ruhe in den Arbeitsalltag zu bekommen. Das war für mich eine große persönliche Entwicklung. Ich habe aktiv versucht, etwas für die Entspannung zu tun. Zum Beispiel mit Reiki, Jin Shin Jitsu und Gymnastik. Ich mache auch viele Ausgleichsübungen, zum Beispiel Atemübungen, am Arbeitsplatz. Es hat sich vieles verbessert, unter anderem, dass ich mir zwischendurch Zeit für Pausen nehme. Obwohl es sehr schwierig ist, solche Dinge grundlegend zu verändern.

Ich finde auch ganz wichtig ist, dass sich Menschen mit einem aussprechen können. Dies Erkrankung kann eine große psychische Belastung sein, das wird oft unterschätzt. Da hilft es, wenn man mal jemandem etwas erzählen kann, einfach jemanden hat, der einem zuhört.

Mir hat es auch geholfen, mich gut über das Thema zu informieren. Im Internet gibt es viele Möglichkeiten und es gibt auch viele Organisationen und Selbsthilfegruppen, die einen unterstützen können. Und der Arzt kann nicht alles übernehmen, man muss selber mitarbeiten und Verantwortung für sich übernehmen.

Am Anfang bei der finde ich es wichtig, sich nicht allzu viele Sorgen zu machen, sondern möglichst locker und gelassen damit umzugehen. Abhängig von der Art des Glaukoms kann die Erkrankung über viele Jahre verlaufen. Bei einem Engwinkelglaukom, bzw. einem hohen Augendruck, sollte allerdings möglichst schnell gehandelt werden, da sonst Folgeschäden auftreten können.

Danksagung

Erfahrungsberichte fassen Interviews mit Betroffenen zusammen. Alle Gesprächspartnerinnen und -partner haben der Veröffentlichung zugestimmt. Ihnen gilt unser herzlicher Dank.

Die Berichte geben einen Einblick in den persönlichen Umgang und das Leben mit einer Erkrankung. Die Aussagen stellen keine Empfehlung des IQWiG dar.

Hinweis: Um die Anonymität der Interviewten zu wahren, ändern wir ihre Vornamen. Die Fotos zeigen unbeteiligte Personen.

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Aktualisiert am 14. Juni 2023

Nächste geplante Aktualisierung: 2026

Herausgeber:

Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)

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