Stabsichtigkeit (Astigmatismus)

Auf einen Blick

  • Bei einer Stabsichtigkeit sieht man sowohl in der Nähe als auch in der Ferne verschwommen oder verzerrt.
  • Der Grund ist meist eine Hornhautverkrümmung.
  • Eine Brille oder Kontaktlinsen helfen, besser zu sehen.
  • Bei Erwachsenen kann auch ein operativer Eingriff infrage kommen.

Einleitung

Foto von Mann mit Brille in der Hand, der sich das Auge reibt

Dass einige Menschen weiter entfernte Straßenschilder nicht gut erkennen, weil sie sind, oder man im Alter eine Brille zum Lesen braucht – das wissen viele. Doch woran liegt es, wenn man sowohl nahe als auch ferne Gegenstände verschwommen oder verzerrt sieht? Dann kann eine Stabsichtigkeit dahinterstecken. Der Name kommt daher, dass man Punkte länglich verzerrt sieht – eben wie einen Stab.

Bei einer Stabsichtigkeit () ist meist die des Auges verkrümmt. Daher wird sie häufig auch Hornhautverkrümmung genannt. Sie ist keine Krankheit, sondern eine sogenannte Fehlsichtigkeit – genau wie Kurz- und Weitsichtigkeit. Stabsichtigkeit tritt häufig gleichzeitig mit anderen Fehlsichtigkeiten auf.

Mit einer Brille oder Kontaktlinsen lässt sich die Stabsichtigkeit meist ausgleichen, sodass man scharf sieht. Manchmal kommt bei Erwachsenen auch ein operativer Eingriff wie das Augen-Lasern infrage.

Symptome

Wie stark sich eine Stabsichtigkeit bemerkbar macht, hängt davon ab, wie ausgeprägt sie ist. Dies wird in Dioptrien angegeben – je höher der Wert, desto stärker der Sehfehler. Eine leichte Stabsichtigkeit von bis zu 0,5 Dioptrien bemerkt man im Alltag normalerweise nicht.

Ist sie jedoch stärker ausgeprägt, sieht man sowohl in der Nähe als auch in der Ferne unscharf. Gegenstände können zudem verzerrt erscheinen: Punkte sieht man dann als Strich, runde Objekte wie eine Uhr erscheinen oval und eine quadratische Tischplatte wird länglich zu einem Rechteck oder schräg zum Trapez verzerrt.

Wird die Stabsichtigkeit nicht behandelt, kann das die Augen überanstrengen und folgende Beschwerden auslösen:

  • Augenschmerzen
  • Augenbrennen
  • schnelle Ermüdung der Augen
  • Kopfschmerzen
  • Müdigkeit

Eine unbehandelte Stabsichtigkeit kann auch zu weiteren Sehproblemen führen: Menschen mit Stabsichtigkeit sind häufiger lichtempfindlich oder sehen um Lichtquellen herum helle Ringe (Halos). Das kann auch Schwierigkeiten beim Autofahren im Dunklen bereiten.

Grafik: Zebrastreifen und Autos in einer Straße bei Tag scharf erkennbar und im Bild daneben verzerrt und verschwommen erkennbar.
Links Zebrastreifen und Beleuchtung von Autos nachts klar erkennbar, rechts verschwommen. Rechts gehen von den Autolampen Lichtstäbe aus.

Ursachen

Die Gegenstände in unserer Umgebung reflektieren Lichtstrahlen, die in unser Auge fallen. Sie werden von der und der Augenlinse gebrochen. Dadurch treffen sie im Augeninneren gebündelt auf einem Punkt zusammen. Dieser sogenannte Brennpunkt liegt normalerweise auf der – und zwar im zentralen Bereich des schärfsten Sehens (). Dort befinden sich besonders viele Sehzellen. Sie wandeln die Lichtreize in Nervenimpulse um und leiten sie über den Sehnerv ans Gehirn weiter. So entsteht ein scharfes Bild.

Grafik: Anatomische Darstellung eines Auges in Seitenansicht. Licht trifft gebündelt auf die Netzhaut.

Anders bei stabsichtigen Augen: Hier treffen die Lichtstrahlen nicht gesammelt auf der zusammen. Stattdessen verteilen sie sich breiter auf der und bilden eine Linie. Es entsteht ein unscharfes oder verzerrtes Bild.

Grund dafür ist meist eine Hornhautverkrümmung: Die bedeckt die Regenbogenhaut (Iris) und und ist normalerweise wie eine Kugel in alle Richtungen gleichmäßig gewölbt. Bei einer Stabsichtigkeit ist sie jedoch verformt. Sie ist dann eher oval – wie ein Ball, den man mit einem Fuß leicht auf den Boden drückt. Dadurch bricht sie einfallende Lichtstrahlen nicht gleichmäßig.

Je nachdem, wie unregelmäßig die gekrümmt ist und das Licht bricht, unterscheidet man zwei Formen der Stabsichtigkeit:

  • reguläre Stabsichtigkeit: Die bricht beispielsweise in der Senkrechten stärker als in der Waagerechten. Diese Form kommt häufiger vor und ist normalerweise angeboren. Wie sie genau entsteht, ist nicht bekannt. Die Ursachen scheinen vor allem genetisch zu sein.
  • irreguläre Stabsichtigkeit: Die ist völlig unregelmäßig gekrümmt und bricht an vielen Punkten ganz unterschiedlich stark. Dazu kommt es eher später im Leben, etwa durch bestimmte Augenerkrankungen wie eine fortschreitende Verformung der zu einem sogenannten Hornhautkegel (Keratokonus). Auch Verletzungen oder Narben, zum Beispiel nach einer Hornhautentzündung oder Augenoperation, können eine Ursache sein.

Selten wird die Stabsichtigkeit nicht durch eine Hornhautverkrümmung verursacht, sondern durch eine verformte Augenlinse oder .

Grafik: Anatomische Darstellung eines Auges mit verkrümmter Hornhaut in Seitenansicht. Licht trifft nicht gebündelt auf die Netzhaut.

Häufigkeit und Verlauf

Die meisten Menschen haben keine perfekt gewölbte , daher kommt Stabsichtigkeit sehr häufig vor. Oft ist sie aber so leicht ausgeprägt, dass man sie gar nicht bemerkt.

Schätzungsweise ein Drittel der Erwachsenen in Deutschland hat eine merkbare Stabsichtigkeit von über 0,5 Dioptrien. Bei älteren Menschen und bei Menschen, deren Eltern stabsichtig sind, ist sie häufiger.

Die Stärke der Stabsichtigkeit verändert sich im Laufe des Lebens meist nicht. Manchmal verschlechtert sie sich aber – besonders, wenn sie durch bestimmte Augenerkrankungen wie eine fortschreitende Hornhautverformung (Keratokonus) verursacht wird. Außerdem kann ein Grauer Star die Brechkraft der verändern und dadurch die Stabsichtigkeit verstärken oder mildern.

Folgen

Wird eine Stabsichtigkeit bei Kindern nicht behandelt, kann das zu einer bleibenden Sehschwäche führen. Sind die Augen nämlich verschieden stark betroffen, blendet das Gehirn die Informationen des schwächeren Auges aus, um keine unterschiedlichen Bilder verarbeiten zu müssen. Dann entwickelt sich das Sehen nicht richtig und eine sogenannte Schwachsichtigkeit (Amblyopie) entsteht. Bei den meisten Kindern lässt sich diese Schwachsichtigkeit etwa mit einer Brille oder zeitweisem Abkleben des stärkeren Auges beheben.

Diagnose

Um eine Stabsichtigkeit festzustellen, lässt sich die mit verschiedenen Methoden untersuchen:

  • Placido-Scheibe: Dies ist eine runde Scheibe mit bunten Kreisen, auf die man schaut. Die Augenärztin oder der Augenarzt prüft, wie sich die Kreise auf der spiegeln: Sind sie verzerrt, ist das ein Zeichen für eine Stabsichtigkeit.
  • Ophthalmometrie: Mit dem sogenannten Ophtalmometer wirft die Ärztin oder der Arzt zwei Bilder auf die . Der Abstand der Bilder wird dann so verstellt, dass sie auf der exakt aufeinanderliegen. Dies wird aus verschiedenen Winkeln wiederholt. Die Ergebnisse zeigen, wie stark die verkrümmt ist.
  • -Topografie: Die Oberfläche der lässt sich mit einem computergesteuerten Gerät (Keratograf) sehr genau vermessen und wie eine topografische Landkarte mit Bergen und Tälern darstellen. Das ist vor allem bei irregulärer Stabsichtigkeit oder vor einer Augenoperation nötig.

Mit weiteren Untersuchungen wird festgestellt, wie stark der Sehfehler ist. Das geht mithilfe spezieller Instrumente, oder mit einem Sehtest, bei dem man durch verschieden starke Linsen Zeichen von einer Sehtafel oder einem Bildschirm abliest.

Gut zu wissen:

Vor der Untersuchung bekommt man manchmal spezielle Augentropfen, die die Pupillen weiten. Danach darf man für einige Stunden nicht am Straßenverkehr teilnehmen oder Maschinen bedienen.

Früherkennung

Bei Kindern sind einfache Sehtests Teil der regelmäßigen U-Untersuchungen. Einige Kinderarztpraxen können die Brechkraft der Augen auch mithilfe spezieller Geräte prüfen. Bei Auffälligkeiten überweist die Ärztin oder der Arzt das Kind für eine umfassendere Untersuchung in eine augenärztliche Fachpraxis.

Eltern, die selbst stabsichtig sind, wird empfohlen, ihr Kind spätestens im Alter von zwei Jahren augenärztlich untersuchen lassen.

Menschen, die am Bildschirm arbeiten, muss der Arbeitgeber regelmäßige Augenuntersuchungen durch die Betriebsärztin oder den Betriebsarzt anbieten.

Behandlung

Eine leichte Stabsichtigkeit bis 0,5 Dioptrien wird selten als störend empfunden – eine Behandlung ist daher normalerweise nicht nötig. Eine stärker ausgeprägte Stabsichtigkeit lässt sich meist mit einer Brille oder Kontaktlinsen ausgleichen. Bei einer irregulären Stabsichtigkeit hilft eine Brille allerdings nicht – hier kommen nur harte (formstabile) Kontaktlinsen infrage.

Daneben gibt es verschiedene chirurgische Verfahren, um eine Stabsichtigkeit zu verringern. Idealerweise braucht man danach keine Sehhilfe mehr. Meist wird die Form der mit einem Laser so verändert, dass sie möglichst gleichmäßig gekrümmt ist. Alternativ kann auch eine künstliche Augenlinse eingesetzt werden. Chirurgische Verfahren sind normalerweise nur für Erwachsene geeignet und müssen in der Regel selbst bezahlt werden.

Leben und Alltag

Wenn Kinder schlecht sehen und keine Sehhilfe tragen, kann dies zu Problemen in der Schule führen. Das konnten Studien zumindest bei kurz- und weitsichtigen Kindern zeigen. Denn die Kinder erkennen zum Beispiel schlechter, was auf der Tafel und in Büchern steht. Ihre schulische Leistung verbesserte sich aber, wenn sie eine Brille erhielten.

Wird die Stabsichtigkeit ausreichend korrigiert, macht sie im Alltag normalerweise keine Probleme. Gerade Kinder tragen jedoch vielleicht ungern eine Brille – zum Beispiel, wenn sie dafür von anderen Kindern gehänselt werden. Es kann helfen, Kinder ihre Brille mit aussuchen zu lassen, damit sie beispielsweise ein modisches Modell wählen können. Außerdem ist es wichtig, dass die Brille bestmöglich angepasst wird und angenehm sitzt.

Weitere Informationen

Die Augen- oder Kinderarztpraxis ist meist die erste Anlaufstelle, wenn man selbst oder das eigene Kind Probleme mit den Augen hat. Informationen zur Gesundheitsversorgung in Deutschland helfen dabei, sich im Gesundheitssystem zurechtzufinden und eine passende Arztpraxis zu finden. Mit dieser Frageliste kann man sich auf den Arztbesuch vorbereiten.

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Erstellt am 11. September 2024

Nächste geplante Aktualisierung: 2027

Herausgeber:

Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)

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