Nirsevimab (Beyfortus) zur Vorbeugung einer schweren RSV-Infektion bei Kindern

Einleitung

Nirsevimab (Handelsname Beyfortus) ist seit Oktober 2022 für Kinder im 1. Lebensjahr mit erhöhtem Risiko für eine schwere mit dem Respiratorische Synzytial-Virus (RSV)- zugelassen. Seit August 2024 ist der Wirkstoff auch für Kinder im 2. Lebensjahr zugelassen, die während ihres zweiten Winters weiterhin anfällig für eine schwere RSV-Erkrankung sind.

Der Wirkstoff soll einer Erkrankung der unteren Atemwege vorbeugen bei:

  • Kindern mit bestimmtem angeborenem Herzfehler,
  • Kindern mit einer Lungenkrankheit (bronchopulmonale Dysplasie), die wegen dieser im letzten halben Jahr behandelt werden mussten,
  • Kindern mit Trisomie 21 und
  • Kindern im Alter von bis zu 6 Monaten, die als Frühgeborene bis zur vollendeten 35. Schwangerschaftswoche geboren wurden.

Das RSV verursacht akute Erkrankungen der oberen Atemwege (Nase, Nasennebenhöhlen und Rachenraum) und unteren Atemwege (Kehlkopf, Luftröhre, und die Lunge). RSV verbreitet sich vor allem in den Wintermonaten zwischen November und März und wird hauptsächlich von Mensch zu Mensch über Tröpfchen übertragen. Zunächst erkranken die oberen Atemwege und es treten meist Symptome auf wie starker Husten, Schnupfen und Fieber. Die Behandlung erfolgt symptomatisch und in Abhängigkeit vom individuellen Gesundheitszustand. Die Beschwerden legen sich nach 3 bis 12 Tagen. Der Husten kann allerdings mehr als 4 Wochen andauern.

Im weiteren Verlauf kann vor allem bei Frühgeborenen im Alter von bis zu 6 Monaten sowie Säuglingen und Kindern bis 24 Monate mit chronischen Lungenerkrankungen oder schweren Herzerkrankungen eine RSV-Infektion aber gefährlich werden: Sie kann zu Erkrankungen der unteren Atemwege wie Lungenentzündungen und Sauerstoffmangel führen.

Nirsevimab ist ein , der die Vermehrung der Viren im Körper abbremsen und so einen schweren Krankheitsverlauf verhindern soll.

Anwendung

Nirsevimab wird vor Beginn der Wintermonate und damit vor der RSV-Saison einmalig in einer Arztpraxis in einen Oberschenkelmuskel gespritzt.

Bei Kindern unter 5 kg Körpergewicht werden 50 mg gegeben, bei Kindern ab 5 kg sind es 100 mg.

Kinder im 2. Lebensjahr erhalten einmalig zwei Spritzen mit jeweils 100 mg Nirsevimab (insgesamt 200 mg).

Andere Behandlungen

Für Kinder mit Risiko für einen schweren Verlauf einer RSV-Infektion kommt gewöhnlich der Palivizumab infrage. Dieser wird in der RSV-Saison monatlich gespritzt. Kann der Wirkstoff nicht eingesetzt werden, wird das Kind sorgfältig beobachtet (beobachtendes Abwarten), um bei ersten Symptomen frühzeitig mit einer Behandlung beginnen zu können.

Bewertung

Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hat 2024 geprüft, ob Nirsevimab bei Kindern mit Risiko eines schweren Verlaufs des RSV im Vergleich zu Palivizumab oder dem abwartenden Beobachten Vor- oder Nachteile hat.

Um diese Frage zu beantworten, legte der Hersteller für Kinder im 1. Lebensjahr eine Studie zur Auswertung vor. Eine Gruppe mit 616 Kindern wurde mit Nirsevimab behandelt, weitere 309 Kinder mit Palivizumab. Untersucht wurden Kinder zu Beginn ihrer 1. RSV Saison, die eine Lungenerkrankung hatten und Kinder mit bestimmtem angeborenem Herzfehler. Sie waren im Mittel etwa 4 Monate alt. Sie wurden etwas über ein Jahr beobachtet. Für die Kinder im 1. Lebensjahr zeigten sich folgende Ergebnisse:

Welche Vor- oder Nachteile hat Nirsevimab?

Es zeigten sich keine Vor- oder Nachteile von Nirsevimab im Vergleich zu Palivizumab.

Wo zeigte sich kein Unterschied?

Lebenserwartung: Hier zeigte sich kein Unterschied. Insgesamt 6 der 925 Kinder waren in der Studienzeit gestorben.

RSV-Infektion der unteren Atemwege: Auch hier zeigte sich kein Unterschied. Es wurde untersucht, wie häufig eine RSV-Infektion der unteren Atemwege auftrat und wie viele Kinder mit Beschwerden ins Krankenhaus kamen oder behandelt wurden. Insgesamt waren nur wenige Kinder betroffen.

Schwere Nebenwirkungen: Hier gab es ebenfalls keinen Unterschied. In beiden Gruppen traten bei 13 von 100 Kindern schwere Nebenwirkungen auf. Zu den schweren Nebenwirkungen gehörten schwere Infektionen der unteren Atemwege wie beispielsweise eine Bronchiolitis.

Therapieabbrüche wegen Nebenwirkungen: Nur bei einem 1 Kind wurde die Behandlung wegen Nebenwirkungen abgebrochen. Daraus lässt sich kein Unterschied ableiten.

Welche Fragen sind noch offen?

Gesundheitsbezogene Lebensqualität: Der Hersteller legte hierzu keine Daten vor.

Die Frage nach den Vor- und Nachteilen einer Behandlung mit Nirsevimab gegenüber einem abwartenden Beobachten bei Kindern im 1. Lebensjahr, für die eine Behandlung mit Palivizumab nicht infrage kommt, konnte nicht beantwortet werden. Ebenso konnte die Frage nach den Vor- und Nachteilen einer Behandlung mit Nirsevimab bei Kindern im 2. Lebensjahr nicht beantwortet werden. Der Hersteller legte für diese Vergleiche keine geeigneten Daten vor.

Weitere Informationen

Dieser Text fasst die wichtigsten Ergebnisse der Gutachten zusammen, die das IQWiG im Auftrag des Gemeinsamen Bundesausschusses () im Rahmen der Frühen Nutzenbewertung von Arzneimitteln erstellt hat. Der beschließt auf Basis der Gutachten und eingegangener Stellungnahmen über den Zusatznutzen von Nirsevimab (Beyfortus) bei Kindern im ersten Lebensjahr und im 2. Lebensjahr.

Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). Nirsevimab (Sekundärprophylaxe von RSV-Erkrankungen der unteren Atemwege) – Nutzenbewertung gemäß § 35a SGB V. Dossierbewertung; Projekt A24-27. 29.05.2024. (IQWiG-Berichte; Band Nr. 1796); DOI: 10.60584/A24-27.

Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). Nirsevimab (Sekundärprophylaxe von RSV-Erkrankungen der unteren Atemwege) –Addendum zum Projekt A24-27; Projekt A24-75. 23.07.2024. (IQWiG-Berichte; Band Nr. 1828; DOI: 10.60584/A24-75.

Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). Nirsevimab (Sekundärprophylaxe von RSV-Erkrankungen der unteren Atemwege, 2. RSV-Saison) – Nutzenbewertung gemäß § 35a SGB V. Dossierbewertung; Projekt A24-82. 13.11.2024. (IQWiG-Berichte; Band Nr. 1880); DOI: 10.60584/A24-82.

IQWiG-Gesundheitsinformationen sollen helfen, Vor- und Nachteile wichtiger Behandlungsmöglichkeiten und Angebote der Gesundheitsversorgung zu verstehen.

Ob eine der von uns beschriebenen Möglichkeiten im Einzelfall tatsächlich sinnvoll ist, kann im Gespräch mit einer Ärztin oder einem Arzt geklärt werden. Gesundheitsinformation.de kann das Gespräch mit Fachleuten unterstützen, aber nicht ersetzen. Wir bieten keine individuelle Beratung.

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Über diese Seite

Aktualisiert am 20. November 2024

Nächste geplante Aktualisierung: 2027

Herausgeber:

Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)

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