Medikamente bei posttraumatischer Belastungsstörung

Foto von Umarmung einer traumatisierten Frau

Medikamente können eine Psychotherapie nicht ersetzen, aber in bestimmten Situationen ergänzen. Allerdings ist nur für wenige Mittel nachgewiesen, dass sie wirksam sind. Da sie Nebenwirkungen haben können, sollte die Einnahme gut überlegt sein.

Bei einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) ist die psychotherapeutische Unterstützung am wichtigsten. In wissenschaftlichen Leitlinien wird davon abgeraten, eine PTBS nur oder hauptsächlich mit Medikamenten zu behandeln. Ob Medikamente überhaupt infrage kommen, hängt von der individuellen Situation ab. Dabei spielt eine Rolle, welche Beschwerden bestehen, wie stark sie sind und ob weitere Erkrankungen wie Depressionen, Angststörungen oder Suchterkrankungen hinzukommen.

Die Einnahme von Medikamenten kann zwei Ziele haben:

  • vorübergehende Hilfe bei starken Beschwerden wie Schlaflosigkeit oder Panikattacken
  • langfristige Behandlung, um die Beschwerden der PTBS zu lindern

Zur Behandlung einer PTBS werden am häufigsten eingesetzt. Schlaf- und Beruhigungsmittel () sind für Menschen mit einer PTBS ungeeignet, weil sie schnell abhängig machen und kaum helfen, die Beschwerden zu lindern.

Vor Beginn einer Behandlung mit Medikamenten ist eine gute Aufklärung über ihre Wirksamkeit und mögliche Nebenwirkungen wichtig. Im Gespräch mit der Ärztin oder dem Arzt sollten auch die Erwartungen an die Behandlung geklärt und später regelmäßig darüber gesprochen werden, wie die Medikamente wirken und wie mit möglichen Problemen umgegangen werden kann. Wichtig ist, dass sich Ärztinnen und Ärzte gut mit den Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten austauschen, die vielleicht die psychotherapeutische Behandlung übernehmen. Diese dürfen selbst keine Medikamente verschreiben.

Wann kommen Antidepressiva infrage?

Antidepressiva kommen vor allem infrage, wenn Beschwerden wie depressive Gefühle, Angst und Reizbarkeit sehr ausgeprägt sind. Sie sollen auch das Ein- und Durchschlafen erleichtern. können vorübergehend oder langfristig eingenommen werden. In Deutschland sind nur zwei Mittel zur Behandlung der posttraumatischen Belastungsstörung zugelassen: Sertralin und Paroxetin. Studien zeigen, dass beide Wirkstoffe die Beschwerden lindern können. Daneben kommen eine Reihe weiterer (zum Beispiel Venlafaxin) infrage – sie können allerdings nur im Rahmen eines Off-Label-Use verschrieben werden. Bei dauert es häufig mehrere Wochen, bis sie spürbar wirken.

In Studien zeigte sich:

  • Ohne besserten sich bei etwa 35 von 100 Menschen die Beschwerden innerhalb weniger Monate deutlich.
  • Mit besserten sich bei etwa 58 von 100 Menschen die Beschwerden innerhalb weniger Monate deutlich.

Viele Menschen mit PTBS kommen auch ohne zurecht. Da die Medikamente Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen, Schwindel oder Übelkeit haben können, sollte gut abgewogen werden, ob sie überhaupt notwendig sind.

Wie sieht es mit Schlaf- und Beruhigungsmitteln aus?

Schlaf- und Beruhigungsmittel () sollen Übererregung mindern und den Schlaf verbessern. Allerdings raten wissenschaftliche Leitlinien mittlerweile davon ab, sie bei einer posttraumatischen Belastungsstörung einzunehmen. Es gibt kaum Studien, die ihren Nutzen untersucht haben. Zudem können sie schon nach wenigen Wochen abhängig machen.

Lässt sich einer PTBS durch Medikamente vorbeugen?

Zur Vorbeugung spielen Medikamente so gut wie keine Rolle: Medikamente können das Entstehen einer posttraumatischen Belastungsstörung in der Regel nicht verhindern, wenn sie direkt nach dem Ereignis eingenommen werden.

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Aktualisiert am 02. Januar 2023

Nächste geplante Aktualisierung: 2026

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Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)

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