Behandlung von Zwangsstörungen

Foto von Mann während einer Therapie-Sitzung

Zwangsstörungen können den Alltag erheblich einschränken und das gewohnte Leben nahezu unmöglich machen. Es gibt aber Behandlungen, mit denen sich Zwangsstörungen in den Griff bekommen lassen: vor allem die , aber auch Medikamente.

Menschen mit einer Zwangsstörung haben den Drang, etwas zu denken oder zu tun, obwohl sie das gar nicht möchten und es als sinnlos oder sogar schädlich empfinden. Manche waschen sich aus Angst vor Keimen dauernd die Hände. Andere kontrollieren immer wieder, ob sie den Herd auch wirklich ausgeschaltet haben. Wieder andere können nicht aufhören, ständig bis 20 zu zählen.

Betroffene empfinden ihren jeweiligen Zwang als belastend. Vielen ist es zudem peinlich, wenn ihre Zwangsstörung anderen Menschen auffällt. Trotzdem kommen sie oft nicht allein davon los. Beim Versuch, sie zu unterdrücken, werden sie angespannt oder bekommen Angst. Eine Psychotherapie und Medikamente können dabei helfen, die Zwänge zu beenden oder auf ein erträgliches Maß zu verringern.

Was passiert bei einer kognitiven Verhaltenstherapie?

Es gibt unterschiedliche Arten von Psychotherapien. Zwangsstörungen werden vor allem verhaltenstherapeutisch behandelt, genauer gesagt mit einer kognitiven Verhaltenstherapie (KVT). Sie wird in Deutschland von darin ausgebildeten Psychotherapeutinnen und -therapeuten angeboten und kombiniert Teile von kognitiver und .

Bei einer kognitiven geht es darum, die eigenen Denkmuster zu erkennen und zu hinterfragen. Das Ziel ist, Gedanken aufzuspüren, die dem zwanghaften Handeln zugrunde liegen, und diese anschließend zu verändern. Dabei setzt man sich mit Fragen auseinander wie: Was nützt es mir, wenn ich zehnmal nachschaue, ob die Tür abgeschlossen ist? Können mich meine Handlungen tatsächlich vor etwas schützen?

Die setzt direkt bei den Zwangshandlungen an. Eine bei Zwangsstörungen wichtige Technik der ist die „Reizkonfrontation mit Reaktionsverhinderung“: Hierbei wird man nach und nach mit den Auslösern seines zwanghaften Verhaltens konfrontiert (Reizkonfrontation). Wenn eine Person zum Beispiel einen Waschzwang hat, kann sie von ihrer Therapeutin oder ihrem Therapeuten gebeten werden, etwas anzufassen, was sie als schmutzig empfindet. Anschließend versucht sie, sich nicht wie sonst sofort die Hände zu waschen (Reaktionsverhinderung). Durch die Konfrontation lernt sie mit der Zeit, dass Angst und Unruhe auch ohne die Zwangshandlung wieder verschwinden. Dabei ist die therapeutische Begleitung sehr wichtig, vor allem zu Beginn der Behandlung oder wenn der Schwierigkeitsgrad der Übungen zunimmt.

Eine ist als Gruppen- oder Einzeltherapie möglich. In der Regel umfasst sie eine Reihe von wöchentlichen Sitzungen von 50 Minuten. Manchen Menschen geht es bereits nach einigen Sitzungen deutlich besser, bei anderen ist eine längere Behandlung erforderlich. Ein vertrauensvolles Verhältnis zur Psychotherapeutin oder zum Psychotherapeuten ist eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg der Behandlung. Ob man sich bei ihr oder ihm gut aufgehoben fühlt, lässt sich in dafür vorgesehenen Probesitzungen herausfinden.

Gut zu wissen:

Der Text „Psychische Probleme: Wo gibt es Hilfe?“ informiert ausführlich über die verschiedenen Anlaufstellen. Im Text „Was ist eine Psychotherapie und wie läuft sie ab?“ gibt es Informationen zur Antragstellung und zur Kostenübernahme durch die Krankenkassen.

Es kann auch helfen, wenn die Familie an der Behandlung beteiligt ist. Angehörige können zum Beispiel dabei unterstützen, mit den Zwängen auch zu Hause zurechtzukommen. Besonders nach Abschluss der Behandlung kann dies wichtig sein, um ihren Erfolg zu erhalten.

Was kann ich von einer kognitiven Verhaltenstherapie erwarten?

Die wurde in einer Reihe von Studien mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit Zwangsstörungen untersucht. Dabei zeigte sich, dass die Behandlung sehr wirksam ist: Sie kann helfen, Zwänge in den Griff zu bekommen, Ängste abzubauen und den Alltag wieder besser zu bewältigen.

Eine erfordert eigenes Engagement und Geduld: Es kann eine Weile dauern, bis es gelingt, die Zwänge zu kontrollieren. Sich seinen Zwängen und Ängsten zu stellen, erfordert zudem Mut. Die kann gerade am Anfang belastend sein. Viele Betroffene berichten aber, dass sich die Mühe gelohnt hat, weil sie nach der Behandlung besser mit ihrer Erkrankung zurechtgekommen sind.

Welche Medikamente können helfen?

Zur Behandlung von Zwangsstörungen kommen Medikamente infrage, die auch gegen Depressionen eingesetzt werden (Antidepressiva). Dazu gehören vor allem sogenannte selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI). Sie erhöhen die Konzentration des Botenstoffs im Gehirn.

Mehrere Studien haben gezeigt, dass diese Medikamente Zwangsstörungen lindern können. Da viele der Medikamenten-Studien nicht länger als 3 Monate dauerten, muss die Langzeitwirkung von SSRI bei Zwangsstörungen aber noch genauer untersucht werden. Die wenigen Studien, die über 12 Monate dauerten, deuten aber bereits darauf hin, dass SSRI auch über längere Zeit helfen.

SSRI können verschiedene Nebenwirkungen haben. Dazu gehören zum Beispiel Übelkeit, Nervosität und Schlafstörungen. Außerdem können sie die sexuelle Lust dämpfen.

Nebenwirkungen treten vor allem in den ersten Wochen der Einnahme auf. Wer einen bestimmten Wirkstoff aus der Gruppe der SSRI nicht verträgt, kann einen anderen ausprobieren. Zum Absetzen der Medikamente wird die Dosierung der Tabletten über Wochen allmählich verringert, um Nebenwirkungen zu vermeiden.

Verschiedene Studien deuten darauf hin, dass Jugendliche häufiger an Selbsttötung (Suizid) denken, wenn sie SSRI einnehmen, und auch häufiger tatsächlich versuchen, sich das Leben zu nehmen. Jugendliche sollten deshalb in der ersten Zeit der Behandlung vorsichtshalber öfter zu ihrer Ärztin, ihrem Arzt oder Therapeuten gehen, damit Anzeichen für eine Suizidgefährdung frühzeitig erkannt werden können.

Auch das trizyklische Antidepressivum Clomipramin kann bei einer Zwangsstörung eingesetzt werden, allerdings nicht als erste Wahl.

Was hilft besser: eine kognitive Verhaltenstherapie oder Medikamente?

Mehrere Studien haben untersucht, wie hilfreich und Medikamente im Vergleich sind. Sie deuten darauf hin, dass eine Menschen mit Zwangsstörungen etwas besser hilft als . Die gilt daher als bevorzugte Behandlung bei Zwangsstörungen.

Dennoch kann es gute Gründe für eine Behandlung mit Medikamenten geben: So muss man oft eine gewisse Zeit auf einen Therapieplatz warten. Zudem kann eine viel Eigeninitiative und Kraft erfordern. Manche Menschen haben so starke Zwänge, dass sie eine Psychotherapie kaum durchhalten würden. Medikamente können dann helfen, die Beschwerden so weit zu lindern, dass eine Psychotherapie möglich wird. Nicht zuletzt gibt es Menschen, die aus persönlichen Gründen Medikamente einer Psychotherapie vorziehen.

Psychotherapie und Medikamente können auch kombiniert werden. Dies kann besonders für Menschen sinnvoll sein, die neben der Zwangsstörung auch eine Depression haben.

Welche weiteren Verfahren gibt es?

Manche Menschen haben trotz Psychotherapie und Medikamenten weiter starke Zwänge. Diese können mit ihren Ärztinnen oder Ärzten besprechen, ob eine sogenannte transkranielle Magnetstimulation infrage kommt. Bei diesem Verfahren wird eine Spule an den Kopf angelegt. Sie sendet gezielt Magnetfelder aus, die die Nervenzellen im Gehirn stimulieren. Dadurch soll die Gehirnaktivität so verändert werden, dass sich die Beschwerden bessern. Einige Studien weisen darauf hin, dass die transkranielle Magnetstimulation bei einer Zwangsstörung helfen kann und auch depressive Beschwerden lindert.

Bei einer sehr schweren Zwangsstörung ist auch eine tiefe Hirnstimulation möglich. Bei einer Operation werden Elektroden an den äußeren Enden unter der Kopfhaut befestigt und durch die Schädeldecke tief in das Gehirn eingeführt. Über die Elektroden sendet ein Gerät regelmäßig schwache Stromstöße (elektrische Impulse) an bestimmte Zentren im Gehirn – deshalb der Name „tiefe Hirnstimulation“. Auch diese Behandlung soll bestimmte Nervenzellen im Gehirn anregen und so die Beschwerden bessern.

Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Antidepressiva: Wissenschaftliche Neubewertung der SSRI / SNRI abgeschlossen – Neue Warnhinweise auf suizidales Verhalten bei Kindern und Jugendlichen. 2005.

Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN). S3-Leitlinie Zwangsstörungen. AWMF-Registernr.: 038-017. 2022.

Dos Santos-Ribeiro S, de Menezes GB, Moreira-de-Oliveira ME et al. The effect of treatment on the quality of life of patients with obsessive-compulsive disorder: systematic review and meta-analysis. J Psychiatr Res 2025; 188: 19-28.

Ivarsson T, Skarphedinsson G, Kornør H et al. The place of and evidence for serotonin reuptake inhibitors (SRIs) for obsessive compulsive disorder (OCD) in children and adolescents: Views based on a systematic review and meta-analysis. Psychiatry Res 2015; 227(1): 93-103.

Joseph JT, Vishwanath R, Praharaj SK. Efficacy and safety of accelerated transcranial magnetic stimulation for obsessive-compulsive disorder: A systematic review and meta-analysis. Asian J Psychiatr 2025; 106: 104420.

Kotapati VP, Khan AM, Dar S et al. The Effectiveness of Selective Serotonin Reuptake Inhibitors for Treatment of Obsessive-Compulsive Disorder in Adolescents and Children: A Systematic Review and Meta-Analysis. Front Psychiatry 2019; 10: 523.

Li K, Qian L, Zhang C et al. Deep transcranial magnetic stimulation for treatment-resistant obsessive-compulsive disorder: A meta-analysis of randomized-controlled trials. J Psychiatr Res 2024; 180: 96-102.

Locher C, Koechlin H, Zion SR et al. Efficacy and Safety of Selective Serotonin Reuptake Inhibitors, Serotonin-Norepinephrine Reuptake Inhibitors, and Placebo for Common Psychiatric Disorders Among Children and Adolescents: A Systematic Review and Meta-analysis. JAMA Psychiatry 2017; 74(10): 1011-1020.

Romanelli RJ, Wu FM, Gamba R et al. Behavioral Therapy and Serotonin Reuptake Inhibitor Pharmacotherapy in the Treatment of Obsessive-Compulsive Disorder: A Systematic Review and Meta-Analysis of Head-to-Head Randomized Controlled Trials. Depress Anxiety 2014; 31(8): 641-652.

Skapinakis P, Caldwell D, Hollingworth W et al. A systematic review of the clinical effectiveness and cost-effectiveness of pharmacological and psychological interventions for the management of obsessive-compulsive disorder in children/adolescents and adults. Health Technol Assess 2016; 20(43): 1-392.

Skarphedinsson G, Hanssen-Bauer K, Kornør H et al. Standard individual cognitive behaviour therapy for paediatric obsessive-compulsive disorder: a systematic review of effect estimates across comparisons. Nord J Psychiatry 2015; 69(2): 81-92.

Steele DW, Kanaan G, Caputo EL et al. Treatment of Obsessive-Compulsive Disorder in Children and Youth: A Meta-Analysis. Pediatrics 2024 [Epub ahead of print].

Wang Y, Miguel C, Ciharova M et al. The effectiveness of psychological treatments for obsessive-compulsive disorders: a meta-analysis of randomized controlled trials published over last 30 years. Psychol Med 2024; 54(11): 2838-2851.

IQWiG-Gesundheitsinformationen sollen helfen, Vor- und Nachteile wichtiger Behandlungsmöglichkeiten und Angebote der Gesundheitsversorgung zu verstehen.

Ob eine der von uns beschriebenen Möglichkeiten im Einzelfall tatsächlich sinnvoll ist, kann im Gespräch mit einer Ärztin oder einem Arzt geklärt werden. Gesundheitsinformation.de kann das Gespräch mit Fachleuten unterstützen, aber nicht ersetzen. Wir bieten keine individuelle Beratung.

Unsere Informationen beruhen auf den Ergebnissen hochwertiger Studien. Sie sind von einem Team aus Medizin, Wissenschaft und Redaktion erstellt und von Expertinnen und Experten außerhalb des IQWiG begutachtet. Wie wir unsere Texte erarbeiten und aktuell halten, beschreiben wir ausführlich in unseren Methoden.

Seite kommentieren

Was möchten Sie uns mitteilen?

Wir freuen uns über jede Rückmeldung entweder über das Formular oder über gi-kontakt@iqwig.de. Ihre Bewertungen und Kommentare werden von uns ausgewertet, aber nicht veröffentlicht. Ihre Angaben werden von uns vertraulich behandelt.

Bitte beachten Sie, dass wir Sie nicht persönlich beraten können. Wir haben Hinweise zu Beratungsangeboten für Sie zusammengestellt.

Über diese Seite

Aktualisiert am 01. Oktober 2025

Nächste geplante Aktualisierung: 2028

Herausgeber:

Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)

So halten wir Sie auf dem Laufenden

Abonnieren Sie unseren Newsletter oder Newsfeed. Auf YouTube finden Sie unsere wachsende Videosammlung.