Wie entsteht eine systematische Übersicht?
Damit eine systematische Übersicht zuverlässige Antworten geben kann, ist schon bei der Suche und Auswahl der Studien besondere Sorgfalt nötig. Die einzelnen Arbeitsschritte bis zur Veröffentlichung sind meist aufwendig:
- Ausgangsfrage: Zu Beginn muss die Forschungsgruppe festlegen, auf welche Frage sie eine Antwort sucht. Welche Behandlung soll an welchen Personengruppen geprüft, und womit soll sie verglichen werden? Welche Zielgrößen werden gemessen? Diese Leitfragen werden auch als PICO-Schema bezeichnet: Die Abkürzung steht für Population (Patientengruppe), Intervention (zu prüfendes Verfahren), Control (Vergleichsgruppe), Outcome (Zielgröße). Außerdem gibt die Ausgangsfrage die Kriterien für die Studienauswahl vor – zum Beispiel, dass nur bestimmte Studientypen infrage kommen.
- Recherche: Ist die Ausgangsfrage definiert, müssen die Forscherinnen und Forscher so gründlich und umfassend wie möglich nach passenden Studien suchen. Das können leicht mehrere Hundert sein. Meistens wird in internationalen Datenbanken gesucht. Die allermeisten Studienergebnisse werden online und in englischer Sprache publiziert. Eine ausgefeilte Methodik hilft, aus den vielen Ergebnissen die bedeutsamen Informationen herauszufiltern. Oft nimmt die Forschungsgruppe zusätzlich Kontakt zu anderen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern auf, um nach unveröffentlichten Studiendaten zu fragen, prüft Quellenangaben von Publikationen und manchmal auch Kongressbände auf weitere wichtige Veröffentlichungen. Ein großes Problem ist, dass nicht alle Studien veröffentlicht werden. Der Grund: Zeigt sich in Studien kein Nutzen für die untersuchte Therapie, werden sie meist seltener und später veröffentlicht als Studien, bei denen die Behandlung besser abschneidet. Dadurch kann die Wirkung der untersuchten Behandlung überschätzt werden. Diese Art der systematischen Verzerrung wird auch „ Publication Bias“ genannt.
- Auswahl: Für jede einzelne Studie muss entschieden werden, ob sie den vorab festgelegten Kriterien genügt. Ist das nicht der Fall, wird sie aussortiert. Normalerweise gehen mindestens zwei Forscherinnen und Forscher alle Studien unabhängig voneinander durch und vergleichen dann ihre Einschätzungen. Dadurch sollen Fehler bei der Auswahl der Studien vermieden werden.
- Bewertung: Die Studien, die die Einschlusskriterien erfüllen, werden genau analysiert. Diese Arbeit soll ein umfassendes Bild davon ergeben, was zu der Forschungsfrage bekannt ist und was nicht.
- Stellungnahme (peer review): Die Autorinnen und Autoren schreiben ihr Vorgehen, ihre Recherchemethoden und ihre Ergebnisse ausführlich nieder. Ihr Entwurf wird Fachleuten zur Kritik und Stellungnahme vorgelegt, zum sogenannten „peer review“.
- Veröffentlichung: Wenn die systematische Übersicht die Stellungnahmen übersteht, wird sie in Fachzeitschriften und entsprechenden Datenbanken veröffentlicht. Eine wichtige Quelle für systematische Übersichten ist zum Beispiel die Datenbank „Cochrane Library“. Sie wird von der Cochrane Collaboration herausgegeben, einem internationalen Netzwerk von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die sich auf die Erstellung systematischer Übersichten spezialisiert haben.
- Aktualisierung: Eine systematische Übersicht muss regelmäßig überarbeitet werden, um auf dem aktuellen Stand des Wissens zu bleiben.