Was sind systematische Übersichten und Meta-Analysen?

Häufig ist eine einzelne Studie nicht groß und aussagekräftig genug, um eine Forschungsfrage zuverlässig beantworten zu können. Oder es gibt mehrere Studien zum Nutzen einer Behandlung, die aber zu widersprüchlichen Ergebnissen kommen. Um eine verlässliche Antwort zu finden, ist es deshalb nötig, möglichst alle Studien gemeinsam zu betrachten und zu analysieren.

Eine (engl. = systematic review) fasst die Ergebnisse aller Studien zu einer medizinischen Behandlung zusammen, prüft ihre Qualität und analysiert sie nach einem festgelegten, methodisch durchdachten Prozess. Sie ist sozusagen eine „Studie über Studien“. Wenn sie gut gemacht ist, kann sie einen verlässlichen Überblick über den Stand des Wissens zu einem Thema geben.

Systematische Übersichten werden normalerweise von Autoren-Teams erarbeitet. Meist sind Fachleute aus der Medizin, der Epidemiologie, medizinischen Statistik und Recherche beteiligt.

Wie entsteht eine systematische Übersicht?

Damit eine zuverlässige Antworten geben kann, ist schon bei der Suche und Auswahl der Studien besondere Sorgfalt nötig. Die einzelnen Arbeitsschritte bis zur Veröffentlichung sind meist aufwendig:

  1. Ausgangsfrage: Zu Beginn muss die Forschungsgruppe festlegen, auf welche Frage sie eine Antwort sucht. Welche Behandlung soll an welchen Personengruppen geprüft, und womit soll sie verglichen werden? Welche Zielgrößen werden gemessen? Diese Leitfragen werden auch als PICO-Schema bezeichnet: Die Abkürzung steht für Population (Patientengruppe), Intervention (zu prüfendes Verfahren), Control (Vergleichsgruppe), Outcome (Zielgröße). Außerdem gibt die Ausgangsfrage die Kriterien für die Studienauswahl vor – zum Beispiel, dass nur bestimmte Studientypen infrage kommen.
  2. Recherche: Ist die Ausgangsfrage definiert, müssen die Forscherinnen und Forscher so gründlich und umfassend wie möglich nach passenden Studien suchen. Das können leicht mehrere Hundert sein. Meistens wird in internationalen Datenbanken gesucht. Die allermeisten Studienergebnisse werden online und in englischer Sprache publiziert. Eine ausgefeilte Methodik hilft, aus den vielen Ergebnissen die bedeutsamen Informationen herauszufiltern. Oft nimmt die Forschungsgruppe zusätzlich Kontakt zu anderen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern auf, um nach unveröffentlichten Studiendaten zu fragen, prüft Quellenangaben von Publikationen und manchmal auch Kongressbände auf weitere wichtige Veröffentlichungen. Ein großes Problem ist, dass nicht alle Studien veröffentlicht werden. Der Grund: Zeigt sich in Studien kein Nutzen für die untersuchte , werden sie meist seltener und später veröffentlicht als Studien, bei denen die Behandlung besser abschneidet. Dadurch kann die Wirkung der untersuchten Behandlung überschätzt werden. Diese Art der systematischen Verzerrung wird auch „“ genannt.
  3. Auswahl: Für jede einzelne Studie muss entschieden werden, ob sie den vorab festgelegten Kriterien genügt. Ist das nicht der Fall, wird sie aussortiert. Normalerweise gehen mindestens zwei Forscherinnen und Forscher alle Studien unabhängig voneinander durch und vergleichen dann ihre Einschätzungen. Dadurch sollen Fehler bei der Auswahl der Studien vermieden werden.
  4. Bewertung: Die Studien, die die Einschlusskriterien erfüllen, werden genau analysiert. Diese Arbeit soll ein umfassendes Bild davon ergeben, was zu der Forschungsfrage bekannt ist und was nicht.
  5. Stellungnahme (peer review): Die Autorinnen und Autoren schreiben ihr Vorgehen, ihre Recherchemethoden und ihre Ergebnisse ausführlich nieder. Ihr Entwurf wird Fachleuten zur Kritik und Stellungnahme vorgelegt, zum sogenannten „peer review“.
  6. Veröffentlichung: Wenn die die Stellungnahmen übersteht, wird sie in Fachzeitschriften und entsprechenden Datenbanken veröffentlicht. Eine wichtige Quelle für systematische Übersichten ist zum Beispiel die Datenbank „Cochrane Library“. Sie wird von der herausgegeben, einem internationalen Netzwerk von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die sich auf die Erstellung systematischer Übersichten spezialisiert haben.
  7. Aktualisierung: Eine muss regelmäßig überarbeitet werden, um auf dem aktuellen Stand des Wissens zu bleiben.

Wann spricht man von einer „Meta-Analyse“?

Im Rahmen einer systematischen Übersicht können die Ergebnisse aller gefundenen Studien unter bestimmten Umständen zu einem Gesamtergebnis zusammengefasst werden. Dies nennt man eine Meta-Analyse. Das Gesamtergebnis hat oft eine deutlich höhere Aussagekraft als die Ergebnisse der Einzelstudien.

Eine Meta-Analyse ist aber nur sinnvoll, wenn die Ergebnisse der einzelnen Studienergebnisse relativ ähnlich (homogen) sind. Wenn sich die Ergebnisse stark unterscheiden, ist das ein Hinweis, dass es wichtige Unterschiede zwischen den Studien gibt, die genauer untersucht werden sollten. Dann versucht man, Untergruppen der Studien zu bilden und die Ergebnisse der jeweiligen Untergruppen getrennt zusammenzufassen.

Bucher HC. Kritische Bewertung von Studien zu diagnostischen Tests. In: Kunz R, Ollenschläger G, Raspe H, Jonitz G, Donner-Banzhoff N (Ed). Lehrbuch evidenzbasierte Medizin in Klinik und Praxis. Köln: Deutscher Ärzte-Verlag; 2007.

Deutsches Cochrane-Zentrum. Systematische Übersichtsarbeiten von Cochrane.

Greenhalgh T. Einführung in die Evidence-based Medicine: kritische Beurteilung klinischer Studien als Basis einer rationalen Medizin. Bern: Huber; 2003.

Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). Glossar zu Begriffen aus dem Gesundheitswesen.

Ziegler A, Lange S, Bender R. Systematische Übersichten und Meta-Analysen. Dtsch Med Wochenschr 2007; 132: e48-e52.

IQWiG-Gesundheitsinformationen sollen helfen, Vor- und Nachteile wichtiger Behandlungsmöglichkeiten und Angebote der Gesundheitsversorgung zu verstehen.

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Aktualisiert am 25. März 2020

Nächste geplante Aktualisierung: 2024

Herausgeber:

Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)

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