Wie lässt sich einer erneuten Lungenembolie vorbeugen?

Foto von einer Tabletten-Einnahme

Gerinnungshemmer schützen vor einer erneuten Lungenembolie. Weil die Mittel aber Blutungen auslösen können, ist es wichtig, die Vor- und Nachteile einer vorbeugenden Behandlung sorgfältig abzuwägen. Dafür wird das individuelle Risiko für eine erneute eingeschätzt.

Die Behandlung einer Lungenembolie mit gerinnungshemmenden Medikamenten endet nach frühestens drei Monaten. Dann stellt sich die Frage, ob eine längere Anwendung sinnvoll ist, um weiteren Lungenembolien vorzubeugen.

Bei den meisten Menschen bleibt es bei einer . Doch wer bereits eine Lungenembolie hatte, lebt mit einem erhöhten Risiko, erneut daran zu erkranken. Viele Betroffene sorgen sich deshalb um ihre Gesundheit.

Wie hoch ist das Risiko für eine weitere Lungenembolie?

Zu einer Lungenembolie kann es nach einer Operation oder durch längere Immobilität kommen, etwa wenn wegen einer Erkrankung strikte Bettruhe nötig ist. Andere mögliche Auslöser sind zum Beispiel Krebserkrankungen, Gerinnungsstörungen oder die Einnahme bestimmter .

Gut zu wissen

Die Ursache der ersten Lungenembolie beeinflusst das Risiko, an einer weiteren Lungenembolie zu erkranken.

Einige Risikofaktoren für Lungenembolien erhöhen das Risiko für eine weitere Lungenembolie deutlich, andere nur wenig. Wichtig ist auch, ob ein Risikofaktor dauerhaft besteht, wie etwa eine Blutgerinnungsstörung – oder nur für kurze Zeit, wie strikte Bettruhe nach einer Operation.

Manchmal lässt sich nicht herausfinden, was die erste Lungenembolie ausgelöst hat. Dann kommt es vergleichsweise häufig zu einer zweiten. Deshalb gilt – so paradox das klingt – eine unklare Ursache als bedeutsamer Risikofaktor für eine weitere Lungenembolie.

Tabelle: Verschiedene Risikofaktoren und ihre Bedeutung für eine weitere Lungenembolie
Ursache der ersten Lungenembolie Beispiele für Risikofaktoren Risiko einer weiteren Lungenembolie
Die Lungenembolie wurde von einem starken, aber vorübergehenden Risikofaktor verursacht.
  • größere Operation unter
  • größere Verletzung oder Knochenbruch
  • Bettruhe im Krankenhaus für mindestens drei Tage
Etwa 2 von 100 Personen pro Jahr erkranken an einer weiteren Lungenembolie.

→ geringes Risiko
Die Lungenembolie wurde von einem schwachen oder mittelstarken, aber vorübergehenden Risikofaktor verursacht.
  • kleinere Operation unter kurzer
  • kurzer Krankenhausaufenthalt
  • Bettruhe zu Hause für mindestens drei Tage
  • Beinverletzung, die die Beweglichkeit mindestens drei Tage einschränkt (außer Knochenbruch)
  • Langstreckenflug
  • Schwangerschaft
  • Einnahme bestimmter zur Verhütung oder zur Behandlung von Beschwerden in den Wechseljahren
Etwa 6 von 100 Personen pro Jahr erkranken erneut an einer Lungenembolie.

→ mittelhohes Risiko
Die Lungenembolie wurde von einem dauerhaften Risikofaktor verursacht (außer Krebs).
  • entzündliche Darmerkrankung
  • Autoimmunerkrankung
Etwa 6 von 100 Personen pro Jahr erkranken erneut an einer Lungenembolie.

→ mittelhohes Risiko
Es wurde keine Ursache für die Lungenembolie gefunden.   Etwa 6 von 100 Personen pro Jahr erkranken erneut an einer Lungenembolie.

→ Fachleute stufen das Risiko einer weiteren Lungenembolie als mittelhoch ein.
Die Lungenembolie wurde von bestimmten Risikofaktoren verursacht. Mehr als 8 von 100 Personen pro Jahr erkranken erneut an einer Lungenembolie.

→ hohes Risiko

Wie gut beugen Gerinnungshemmer vor?

Gerinnungshemmer schützen sehr gut vor weiteren Lungenembolien. Sie wirken nur so lange, wie sie angewendet werden. Setzt man sie ab, endet ihre vorbeugende Wirkung – aber auch das Risiko für Nebenwirkungen, insbesondere für schwere Blutungen. Ob die Vor- oder Nachteile einer gerinnungshemmenden Behandlung überwiegen, hängt von der individuellen Situation ab.

Wie häufig sind schwere Blutungen?

Gerinnungshemmer erhöhen allgemein das Risiko für Blutungen. Schwere Blutungen wie Hirnblutungen oder innere Blutungen können sogar lebensbedrohlich sein. Bei etwa 1 von 100 Menschen, die die Mittel nehmen, kommt es zu schweren Blutungen. Das Risiko steigt mit dem Alter. Weitere Risikofaktoren für schwere Blutungen sind:

Das Risiko einer Blutung kann sich mit der Zeit ändern – zum Beispiel, wenn weitere Erkrankungen auftreten oder die Nieren altersbedingt weniger gut arbeiten. Deshalb wird das Blutungsrisiko regelmäßig ärztlich überprüft. So lässt sich die Dosis der Medikamente bei Bedarf anpassen oder die vorbeugende Behandlung ganz beenden. Auch kann man selbst einiges tun, um das Risiko für Blutungen zu senken und eine Blutung frühzeitig zu erkennen.

Wann ist eine vorbeugende Behandlung sinnvoll?

Eine vorbeugende Behandlung mit Gerinnungshemmern kommt nicht für alle Menschen mit erhöhtem Risiko für eine weitere Lungenembolie infrage. Die Entscheidung dafür oder dagegen hängt insbesondere ab vom

  • Risiko für eine weitere Lungenembolie: Je höher das Risiko eingeschätzt wird, desto größer ist der Nutzen von Gerinnungshemmern.
  • Risiko für eine schwere Blutung als Nebenwirkung: Bei Menschen, die aufgrund bestimmter Erkrankungen oder Medikamente ohnehin zu Blutungen neigen, wiegen die Nachteile von Gerinnungshemmern besonders schwer.

Wenn Ärztinnen und Ärzte das Risiko einer weiteren Lungenembolie als hoch einstufen, überwiegen häufig die Vorteile einer vorbeugenden Behandlung. Menschen mit einem starken und dauerhaften Risikofaktor wie einem wenden Gerinnungshemmer gewöhnlich dauerhaft an. Nach mehreren Lungenembolien wird oft ebenfalls zu einer vorbeugenden Behandlung geraten.

Wird das Risiko einer weiteren Lungenembolie als gering eingeschätzt, ist eine vorbeugende Behandlung meist nicht nötig. Dies gilt vor allem, wenn die Ursache für die erste eine größere Operation oder Verletzung war, die inzwischen abgeschlossen oder verheilt ist.

Bei einem mittleren Risiko für eine weitere Lungenembolie fällt die Entscheidung für oder gegen eine vorbeugende Behandlung häufig schwerer. Die Vor- und Nachteile der Behandlung liegen enger beieinander.

Gut zu wissen

Nutzen und Schaden einer vorbeugenden Behandlung müssen individuell abgewogen werden. Auch der Gesundheitszustand und die persönlichen Vorlieben fließen in die Überlegungen ein.

Die Ärztin oder der Arzt hilft dabei, die im persönlichen Fall richtige Entscheidung zu treffen. Besonders wenn viele Aspekte zu berücksichtigen sind oder man sich erst einmal über die eigenen Bedürfnisse klar werden möchte, kann diese Online-Entscheidungshilfe zum Ausfüllen unterstützen.

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IQWiG-Gesundheitsinformationen sollen helfen, Vor- und Nachteile wichtiger Behandlungsmöglichkeiten und Angebote der Gesundheitsversorgung zu verstehen.

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Erstellt am 06. September 2022

Nächste geplante Aktualisierung: 2025

Herausgeber:

Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)

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