Das Schlimmste war, wenn meine Mutter mich morgens auf meine Pickel angesprochen hat

Foto von Frau beim Betrachten von Fotos

Charlotte, 26

„Irgendwann habe ich strikt damit angefangen, nicht mehr an die Entzündungen zu gehen. Das hat mir geholfen.“

Bei mir hat es mit etwa 14 Jahren schleichend angefangen. Irgendwann verschlimmerten sich die Hautveränderungen aber plötzlich relativ stark. Es entwickelten sich Entzündungen im Gesicht. Am restlichen Körper hatte ich keine Probleme.

Am schlimmsten war es immer am Morgen. Eigentlich wollte ich gar nicht aufstehen und zur Schule gehen. Ich habe mich nicht getraut, in den Spiegel zu schauen. Früher bin ich immer sehr zeitig aufgestanden, weil ich mit Kosmetik und Abdeckstiften versucht habe, die Entzündungen zu überdecken. Ich glaube, das sah teilweise noch schlechter aus als vorher.

Es war für mich sehr schwer, damit umzugehen

Wenn ich ganz besonders furchtbar aussah, dann hat meine Mutter gesagt: „Kind, Du siehst wieder aus!“ Das war das Schlimmste für mich. Besonders, wenn ich vorher Stunden damit verbracht habe alles abzudecken und gedacht habe, man sieht es vielleicht doch nicht so sehr. Das fegte irgendwie alles über den Haufen. Dann wäre ich am liebsten gleich wieder ins Bett gegangen. Auch meine Geschwister haben mich oft geärgert.

Es war besonders schwierig für mich, dass die Hautveränderungen in einer Lebensphase auftraten, in der das Äußere für mich total wichtig war. Ich fand mich hässlich und unausstehlich. Es war für mich sehr schwer, damit umzugehen.

Zur schlechten Haut kommt noch, dass man die Entzündungen und Pickel die ganze Zeit spürt. Man fühlt diese Stellen und dadurch kann man es auch gar nicht vergessen. Ich hatte Entzündungen unter der Haut, die wurden ganz dick und hart, die konnte ich gar nicht ausdrücken. Die haben Spannungen der Haut erzeugt. Es war kein starker Schmerz, aber es lässt einen nicht los, weil man es die ganze Zeit spürt.

Ich konnte die Entzündungen nicht in Ruhe lassen

So etwas wie Schwimmen war für mich fatal. Ich hatte mir ja so viel Mühe gegeben, die Pickel abzudecken. In meiner Welt konnte ich das gar nicht machen, mit meiner Schicht aus Schminke. Oder später, wenn ich bei Freunden übernachten wollte und wenn Jungs dabei waren, dann musste ich mich immer in das Bad schleichen, damit mich niemand sieht. Ich musste es irgendwie hinbekommen, dass ich das Gefühl hatte, dass es nicht mehr so schlimm aussieht.

Ein großes Problem war für mich, dass ich die Entzündungen nicht in Ruhe lassen konnte, sondern immer daran drücken musste. Ich konnte nicht davon lassen und das hat das Ganze noch verstärkt. Ich habe das zeitweise richtig exzessiv gemacht und konnte gar nicht mehr aufhören. Ich wusste, dass es dadurch schlimmer wird, aber ich konnte mich nicht bremsen. Es war irgendwie wie ein Teufelskreis. Meistens habe ich am Abend die Pickel ausgedrückt. Am Morgen danach war es dann noch schlechter, weil es sich in der Nacht weiter entzündet hat. Bei mir klingt die so nach zwei Tagen ab, wenn ich drücke, dann nach vier Tagen. Es sind auch Erfahrungen, die man sammelt.

Ich habe mir verschiedene Sachen besorgt, mit denen ich die Entzündungen selber behandelt habe. Zum Beispiel mit Heilerde. Ich hatte das Gefühl, dass sie schon geholfen hat, aber nicht langfristig. Ich habe auch Alkohol darauf getan, denn ich wollte, dass es sich nicht entzündet. Zuerst hat es schon geholfen, aber es wurde dann noch mehr rot und die Haut wurde richtig dünn. Ich hätte damals lieber zu einem Arzt gehen sollen. Ich hätte mich beraten lassen sollen, was man selber tun kann beziehungsweise besser nicht tun sollte.

Ich habe einen Makel an mir verspürt

Ich hatte einfach Glück, dass ich viele gute Freundinnen hatte und einen sehr starken Freundeskreis. Meine gut aussehenden Freundinnen haben dann natürlich die Jungs abbekommen. Ich habe mich auch nicht besonders selbstbewusst verhalten. Ich konnte mich nicht so richtig frei wie die anderen bewegen, weil ich so einen gewissen Makel an mir verspürt habe. Meine Freundinnen haben mir aber sehr viel Halt in dieser Zeit gegeben. Mein Selbstbewusstsein habe ich durch meine Freundinnen bekommen. Ich war wichtig für sie und war immer so eine Art Kummerkasten. Sie sind zu mir gekommen, wenn sie Probleme hatten.

Ich bin trotz der Entzündungen nicht zum Arzt gegangen. Ich selber bin auch nicht auf die Idee gekommen. Ich wollte darüber gar nicht sprechen und eigentlich auch nicht zum Arzt gehen, dann hätte ich ja offen damit umgehen müssen und das konnte ich nicht.

Irgendwann habe ich strikt damit angefangen, nicht mehr an die Entzündungen zu gehen. Das hat mir geholfen, denn die Entzündungen klangen ab. Ich habe versucht, bewusst damit umzugehen. Ich habe mir gesagt, dass ich mir zumindest vorher die Hände wasche, mir ein sauberes Handtuch hinlege und alles ein wenig steuere und nicht so gedankenlos damit umgehe. Oft sieht man etwas im Spiegel und zack, hängt man davor … Ich fand diese Art von Ritualen im Umgang mit dem Quetschen der Pickel für mich sehr wichtig. Sich vorzunehmen, dass man es gar nicht mehr macht, finde ich unrealistisch. Wichtig finde ich, es nicht jeden Tag zu tun, sondern vielleicht nur einmal in der Woche und nicht an entzündeten Stellen zu drücken.

Es gab auch Phasen, da war es besser, zum Beispiel im Sommer. Sonne und Salzwasser – da waren die Entzündungen nach etwa einer Woche fast weg. Dann war ich sehr glücklich und sprühte vor Selbstbewusstsein.

Andere Dinge im Leben wurden für mich wichtiger

Die Entzündungen wurden so etwa ab meinem 20. Lebensjahr weniger. Heute kann ich mich mit dem Ausdrücken von Pickeln bremsen, weil ich weiß, dass ich am nächsten Morgen nicht schlimm aussehen möchte. Ganz aufgehört hat es aber durch meinen Sohn, da ich dann gar keine Zeit mehr hatte, stundenlang vor dem Spiegel zu stehen. Andere Dinge im Leben wurden für mich wichtiger.

Wenn ich die Entzündungen nicht gehabt hätte, hätte ich vermutlich schneller selbstbewusster im Leben gestanden. Aber so eine Krise, die macht einen auch irgendwie stärker. Ich glaube auch, dass mich Probleme und Krisen dadurch heute nicht mehr so sehr belasten.

Danksagung

Erfahrungsberichte fassen Interviews mit Betroffenen zusammen. Alle Gesprächspartnerinnen und -partner haben der Veröffentlichung zugestimmt. Ihnen gilt unser herzlicher Dank.

Die Berichte geben einen Einblick in den persönlichen Umgang und das Leben mit einer Erkrankung. Die Aussagen stellen keine Empfehlung des IQWiG dar.

Hinweis: Um die Anonymität der Interviewten zu wahren, ändern wir ihre Vornamen. Die Fotos zeigen unbeteiligte Personen.

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Aktualisiert am 16. November 2022

Nächste geplante Aktualisierung: 2025

Herausgeber:

Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)

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