Wie wird eine anfallsartige Vorhoftachykardie behandelt?

Foto von einer Frau

Wenn das Herz plötzlich sehr schnell schlägt, kann eine anfallsartige Vorhoftachykardie die Ursache sein. Der zu schnelle Herzschlag lässt sich dann oft mit bestimmten Atemtechniken und Körperhaltungen (Valsalva-Manöver) oder mit Medikamenten wieder normalisieren. Langfristig kann ein Katheter-Eingriff erneutem Herzrasen vorbeugen.

Anfallsartige Vorhoftachykardien (paroxysmale supraventrikuläre Tachykardien) sind häufige, aber in der Regel harmlose Herzrhythmusstörungen. Das Herz schlägt dann für einige Minuten sehr schnell, selten auch länger als eine Stunde. Die Ursache für das Herzrasen ist meist eine Störung im sogenannten AV-Knoten.

Das Herzrasen verschwindet meist so plötzlich, wie es gekommen ist. Während eines Anfalls kann der schnelle Herzschlag als Herzklopfen spürbar sein. Manchen Menschen wird dabei schwindelig, sie haben Brustschmerzen oder Atemnot – nur selten kommt es zu einer Ohnmacht und dadurch zu einem Sturz. Auch schwere Folgen wie ein sind selten. Das Risiko dafür ist höher, wenn angeborene zusätzliche Leitungsbahnen im Herzen die Ursache für das Herzrasen sind.

Grafik: Wenn im AV-Knoten die Erregung kreist, schlägt das Herz zu schnell

Es gibt mehrere Möglichkeiten, den Herzschlag bei anfallsartigen Vorhoftachykardien rasch wieder in ein normales Tempo zu bringen. Außerdem gibt es Verfahren, mit denen Attacken dauerhaft verhindert werden können – vor allem die Katheterablation. Dieser Eingriff wird etwa empfohlen, wenn das Herzrasen häufig auftritt und mit starken Beschwerden verbunden ist.

Wie lässt sich das Herzrasen beenden?

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, das Herzrasen bei anfallsartigen Vorhoftachykardien zu beenden. Zunächst kann man es mit dem sogenannten Valsalva-Manöver versuchen:

Wie funktioniert das Valsalva-Manöver?

Das Valsalva-Manöver nutzt bestimmte Atemtechniken und Körperhaltungen, um den Druck im Brustkorb zu erhöhen. Dadurch wird der Vagusnerv gereizt, der unter anderem zum Herzen führt. Dies kann die Herzfrequenz verlangsamen und damit das Herzrasen beenden. Das Valsalva-Manöver ist relativ einfach anzuwenden und gilt als schonend.

Eine Möglichkeit ist, den Mund zu schließen, sich die Nase zuzuhalten und zu versuchen, kräftig auszuatmen oder in den Bauch zu pressen – ähnlich wie man es gegen Schluckauf macht.

Besonders bewährt hat sich folgende Variante des Valsalva-Manövers: Man legt sich auf den Rücken und hebt den Oberkörper leicht an. Dann atmet man etwa 15 Sekunden lang kräftig aus, legt dabei den Oberkörper ab und hebt die Beine an. Beim anschließenden Einatmen legt man die Beine wieder ab und hebt den Oberkörper wieder an.

Wird das Verfahren in einer Arztpraxis oder Klinik angewendet, bekommt man bei diesem Positionswechsel Unterstützung und ein Röhrchen, durch das man ausatmet.

Eine ähnliche Wirkung auf den Vagusnerv hat es, ein Glas kaltes Wasser schnell auszutrinken oder sich ein kaltes, feuchtes Handtuch auf das Gesicht zu legen. Manche Ärztinnen oder Ärzte massieren für 5 bis 10 Sekunden eine Halsseite. Der Druck auf die Halsschlagader soll den Vagusnerv ebenfalls anregen und das Herzrasen beenden. Bei diesem Vorgehen ist es wichtig, vorher zu prüfen, ob die Blutgefäße gesund sind. Dazu hört die Ärztin oder der Arzt zum Beispiel mit dem Stethoskop den Hals ab oder untersucht ihn per Ultraschall.

Welche Medikamente kommen infrage?

Hilft ein Valsalva-Manöver nicht, kann der Wirkstoff Adenosin den Herzrhythmus normalisieren. Bei bestimmten Formen der anfallsartigen Vorhoftachykardie kommt er auch direkt infrage. Adenosin wird in die Vene gespritzt. Mögliche Nebenwirkungen sind zum Beispiel Brustschmerzen und Atemnot.

Bleibt die erwünschte Wirkung aus, stehen weitere Mittel zur Verfügung, die den Herzrhythmus beeinflussen. Dazu gehören vor allem und Kalziumantagonisten. Sie werden bei einer Attacke ebenfalls gespritzt und können als Nebenwirkungen unter anderem Kopfschmerzen, Schwindel und einen Blutdruckabfall auslösen.

Was wird bei Komplikationen gemacht?

Selten kommt es durch eine anfallsartige Vorhoftachykardie zu Problemen. Das Herz schlägt dann zum Beispiel so schnell, dass die einzelnen Schläge nicht mehr genügend Kraft haben, um das Blut durch den Körper zu pumpen. Schwere Kreislaufprobleme sind die Folge. Wenn das passiert, wird in der Regel zügig mit einem elektrischen Impuls behandelt, der das Herz wieder in den richtigen Rhythmus bringt. Man nennt dieses Verfahren Elektrokardioversion.

Da der elektrische Impuls schmerzhaft ist, erhält man vorher eine kurze, leichte . Für die Elektrokardioversion wird ein Defibrillator verwendet. Er gibt den Stromstoß über zwei Elektroden ab, die auf den Brustkorb gedrückt oder geklebt werden. Dabei kann es an den betroffenen Hautstellen zu Rötungen oder Verbrennungen kommen. Die kann außerdem zu Atem- oder Kreislaufproblemen, Übelkeit und Erbrechen führen.

Auch wenn der Kreislauf noch stabil ist, kann eine Elektrokardioversion unter Umständen sinnvoll sein – etwa wenn nichts anderes geholfen hat, um das Herzrasen zu beenden, oder wenn Medikamente nicht vertragen werden.

Wie lassen sich die Anfälle dauerhaft verhindern?

Das übliche Verfahren, um erneuten Anfällen von Herzrasen vorzubeugen, ist die Katheterablation. Bei diesem Eingriff wird über einen Zugang in der Leiste ein bis zum Herzen vorgeschoben. Dort werden anschließend die Stellen verödet, die für das Herzrasen verantwortlich sind. Das befreit die meisten behandelten Personen dauerhaft von ihren Beschwerden.

Die Erfolgsaussichten hängen davon ab, welche Ursache die Vorhoftachykardie hat:

  • Ist eine kreisende Erregung im AV-Knoten die Ursache, haben etwa 20 bis 50 von 1000 Behandelten einen .
  • Entsteht die kreisende Erregung aufgrund zusätzlicher Leitungsbahnen zwischen Vorhöfen und Kammern, erleben 63 bis 99 von 1000 Behandelten nach der Behandlung erneut einen Anfall von Herzrasen.
  • Sind narbige Herde in den Vorhöfen verantwortlich für das Herzrasen, kommt es bei bis zu 200 von 1000 Menschen nach der Katheterablation zu einem .

Der Eingriff ist in der Regel gut verträglich, hat aber auch Risiken. Dazu gehören Blutungen, Verletzungen des Herzens und andere Herzrhythmusstörungen, etwa eine Verlangsamung des Herzschlags (AV-Block). Solche Komplikationen treten bei Menschen, die aufgrund einer Vorhoftachykardie behandelt werden, insgesamt selten auf. Auch hier kommt es auf die Ursache der Vorhoftachykardie an:

  • Ist eine kreisende Erregung im AV-Knoten die Ursache, kommt es bei etwa 3 bis 7 von 1000 Personen zu Komplikationen. Für höchstens 1 von 1000 Menschen sind sie lebensbedrohlich.
  • Bei den anderen, selteneren Formen kommt es bei etwa 12 bis 15 von 1000 Personen zu Komplikationen, 1 bis 3 Menschen versterben daran.

Welche Alternativen zur Katheterablation gibt es?

Eine Möglichkeit ist, dauerhaft Medikamente einzunehmen, die den Herzschlag normalisieren und Anfälle unterdrücken sollen. Dazu werden oder Kalziumantagonisten eingesetzt. Wenn diese Wirkstoffe nicht anschlagen, kann bei manchen Formen der Vorhoftachykardie auf andere Herzmittel (Antiarrhythmika) zurückgegriffen werden.

Wenn all dies nicht hilft, eine Behandlung aber dringend nötig ist – etwa weil das Herz durch die Anfälle geschwächt wird –, kommt auch ein Eingriff infrage, bei dem der AV-Knoten verödet wird. Dann gelangen keine Impulse mehr aus den Vorhöfen in die Herzkammern. Damit die Kammern trotzdem in einem normalen Rhythmus schlagen, bekommen die Betroffenen einen .

Wann ist die Katheterablation sinnvoll?

Wenn das Herzrasen immer wieder auftritt und Beschwerden verursacht, wird eine Katheterablation empfohlen. Wer hingegen nur selten Anfälle von Herzrasen bekommt, die nicht belasten, kann auf eine solche Behandlung verzichten. Allerdings sind eine ausführliche Beratung mit der Ärztin oder dem Arzt sowie regelmäßige Untersuchungen wichtig.

Manchmal kann auch für Menschen ohne Beschwerden eine Katheterablation sinnvoll sein − etwa wenn eine zusätzliche Leitungsbahn im Herzen das Herzrasen verursacht (Präexzitationssyndrom). Dabei wird zunächst untersucht, wie die zusätzliche Leitungsbahn genau beschaffen ist. Daraus lässt sich ableiten, ob das Risiko für schwere, möglicherweise lebensbedrohliche Komplikationen des Herzrasens erhöht ist. Wenn ja, wird diese Leitungsbahn verödet, sodass kein zweiter Eingriff nötig ist. Dies wird speziell Leistungssportlerinnen und -sportlern sowie Menschen empfohlen, die in ihrem Beruf eine hohe Verantwortung für andere tragen oder in riskante Situationen kommen können – etwa Pilotinnen und Piloten.

Steht eine Katheterablation oder eine andere Behandlung des Herzrasens an, kann diese Entscheidungshilfe bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen zum Ausfüllen helfen: Sie erleichtert es, gemeinsam mit der Ärztin oder dem Arzt abzuwägen, welche sich eignet.

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Aktualisiert am 05. April 2023

Nächste geplante Aktualisierung: 2026

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Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)

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