Wenn die Geburt des Babys auf sich warten lässt

Foto von hochschwangerer Frau und Ärztin im Gespräch

In den letzten Tagen einer Schwangerschaft wächst die Ungeduld: Wann geht es endlich los? Ist der errechnete Geburtstermin überschritten, kann das Warten auf die Geburt auch belastend werden. Vielleicht fragen sich die werdenden Eltern, ob die Geburt eingeleitet werden sollte.

Eine Schwangerschaft dauert im Durchschnitt 40 Wochen. Doch nur wenige Kinder kommen genau am errechneten Geburtstermin zur Welt. Die meisten Babys werden einige Tage vor oder nach dem Termin geboren. Wenn die Geburt zum errechneten Datum noch nicht begonnen hat, spricht man in Deutschland zunächst von einer Terminüberschreitung, ab Ende der 42. Woche dann von einer Übertragung.

Ist der errechnete Geburtstermin überschritten, wird eine Schwangere engmaschig betreut, um sicherzugehen, dass es ihr und dem Baby gut geht. Ab etwa einer Woche nach dem errechneten Termin schlagen Ärztinnen und Ärzte meist eine Einleitung der Geburt vor. Die Vor- und Nachteile einer Geburtseinleitung sollten die Schwangere und das geburtshilfliche Team gemeinsam sorgfältig abwägen.

Wie genau ist der errechnete Geburtstermin?

Es ist nicht möglich, den Geburtstermin sicher vorherzusagen. Dennoch ist es wichtig, das Alter der Schwangerschaft und den ungefähren Geburtstermin zu kennen. Denn davon hängt unter anderem ab, ob und wann eine Geburtseinleitung sinnvoll sein kann. Einen Geburtsterminrechner gibt es bei der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA).

Die Dauer einer Schwangerschaft wird, vom ersten Tag der letzten Periode aus gerechnet, immer auf 40 Wochen geschätzt. Nicht jede Frau kann sich jedoch an den genauen Tag der letzten Regelblutung erinnern. Zudem haben manche Frauen am Anfang ihrer Schwangerschaft noch eine leichte Blutung zu dem Zeitpunkt, an dem ihre Periode normalerweise fällig gewesen wäre. Daher kann es vorkommen, dass eine Frau bereits einige Wochen länger schwanger ist, als ihr bewusst ist.

Weil die Angabe zur letzten Periode so unsicher ist, überprüfen Ärztinnen und Ärzte den so errechneten Termin. Dazu nutzen sie eine , um zu sehen, wie groß der Embryo ist. Da in den ersten Wochen einer Schwangerschaft die Größenunterschiede zwischen Ungeborenen gering sind, lässt sich so das Alter des Embryos und damit der Geburtstermin relativ gut schätzen. Ganz genau ist aber auch die nicht.

Warum kann sich die Geburt verzögern?

Die Ursachen für eine Terminüberschreitung sind meist unbekannt. Manchmal ist es familiäre Veranlagung. Bei Frauen, die schon einmal ein Kind deutlich nach dem errechneten Termin bekommen haben, ist eine erneute Terminüberschreitung wahrscheinlicher.

Ist eine längere Schwangerschaft ein Problem?

Eine Geburt nach der 40. Woche schadet dem Kind nur selten. Dennoch wird der Arzt, die Ärztin oder die Hebamme nach dem Überschreiten des Termins zur Sicherheit häufiger überprüfen, ob es der Schwangeren und dem Kind gut geht.

Solange keine Auffälligkeiten festgestellt werden, besteht in der ersten Woche nach dem errechneten Geburtstermin kein erhöhtes Risiko für Komplikationen. Auch danach steigt das Risiko, dass dem Kind etwas passiert, nicht stark an. Gewisse Risiken nehmen aber leicht zu. Die Hauptrisiken für das Ungeborene sind, dass

  • der Mutterkuchen () das Kind nicht mehr richtig versorgen kann,
  • sich innerhalb der Gebärmutter eine bildet oder
  • bei der Geburt unerwartete Probleme auftreten.

Für die Schwangere bestehen weniger Risiken. Wird das Kind zu groß, kann jedoch die Geburt erschwert sein.

Fast alle Kinder sind spätestens 3 oder 4 Wochen nach dem errechneten Geburtstermin geboren. Wenn ein Baby dann immer noch nicht auf der Welt ist, erhöht sich das Risiko einer Totgeburt. So späte Geburten sind jedoch sehr selten, da spätestens zwei Wochen nach dem Termin bei fast allen Frauen die Geburt eingeleitet wird.

Wie wird untersucht, ob es dem Ungeborenen gut geht?

Um sicherzugehen, dass bei Schwangerer und Kind alles in Ordnung ist, sind bei einer Terminüberschreitung zwei Kontrolltermine pro Woche üblich. Bestimmte Untersuchungen können helfen, mögliche Probleme zu erkennen.

Dazu gehören ein sogenanntes Ruhe-Kardiotokogramm (Ruhe-CTG oder Non-Stress-Test) und ein Ultraschall. Mithilfe des Ruhe-CTGs kann der Herzschlag des Ungeborenen überwacht werden. Die dient dazu, die Größe des Kindes und die Fruchtwassermenge zu bestimmen. Möglicherweise wird auch nach Anzeichen für eine gesucht, besonders, wenn Fruchtwasser ausgetreten ist. Außerdem werden manchmal Tests eingesetzt, die als „biophysikalisches Profil“ bezeichnet werden. Dabei werden unter anderem die Bewegungen des Kindes gezählt.

Wann ist der beste Zeitpunkt für eine Geburtseinleitung?

Ob und, wenn ja, wann eine Geburt eingeleitet wird, ist eine persönliche Entscheidung der werdenden Eltern. Sie können sich zunächst ausführlich zu den Vor- und Nachteilen einer Geburtseinleitung informieren und die Entscheidung dann gemeinsam mit dem geburtshilflichen Team treffen.

Eine Geburtseinleitung wird in der Regel angeboten, wenn sich bei einer Schwangeren oder dem Kind ein Problem zeigt, das eine baldige Geburt erforderlich macht – aber nicht so dringlich ist, dass ein Kaiserschnitt nötig wird.

Auch wenn es keine Anzeichen für Komplikationen gibt, schlägt die Ärztin oder der Arzt in der Regel ab einer Woche nach dem errechneten Termin eine Geburtseinleitung vor. Oft wird vorher der errechnete Geburtstermin nochmals per Ultraschall überprüft.

Welchen Nutzen hat die Geburtseinleitung?

Ist der errechnete Geburtstermin um mehr als eine Woche überschritten, kann eine Einleitung das Risiko senken, dass das Kind stirbt. Studien zeigten:

  • ohne Einleitung: Bei etwa 3 von 1000 Geburten, die nicht zu einem festgelegten Zeitpunkt eingeleitet wurden, starb das Kind.
  • mit Einleitung: Bei etwa 1 von 1000 Geburten, die nach Ende der 41. Woche eingeleitet wurden, starb das Kind.

Die Geburtseinleitung kann auch das Risiko für einen senken.

Was kann man selbst versuchen, um die Geburt in Gang zu bringen?

Es gibt viele traditionelle Methoden, mit denen Frauen versuchen, die Geburt auszulösen. Dazu gehören zum Beispiel lange Spaziergänge. Manche Frauen versuchen es auch mit Sex oder stimulieren ihre Brustwarzen. Dem liegt die Theorie zugrunde, dass durch in der Samenflüssigkeit des Mannes oder durch die , die eine Frau bei sexueller Erregung freisetzt, der Muttermund weicher wird und sich leichter öffnet.

Diese Methoden sind sogar in Studien untersucht worden, die allerdings nur Hinweise geben konnten. Demnach hilft es möglicherweise, die Brustwarzen etwa 1 bis 3 Stunden pro Tag zu stimulieren. Ob Sex eine zeitigere Geburt fördert, ist unklar.

Manche Frauen trinken Himbeerblätter-Tee, um den Muttermund weicher zu machen, andere setzen homöopathische Mittel, Nachtkerzenöl oder ein oder versuchen es mit . Es gibt aber keine wissenschaftlichen Belege, dass diese Maßnahmen eine Wirkung haben.

Als weiteres traditionelles Mittel zur Einleitung von Wehen gilt Rhizinusöl, zum Beispiel als Saftmischung, Einlauf oder als Kapsel zur Einnahme. Belege für eine positive Wirkung des Öls gibt es nicht. Studien zeigen aber, dass seine Einnahme bei den meisten Frauen Übelkeit auslöst. Weder die Sicherheit noch die Wirksamkeit von Rhizinusöl sind ausreichend untersucht.

Wie wird eine Geburt medizinisch eingeleitet?

Ärztinnen und Ärzte setzen unterschiedliche Verfahren ein, um eine Geburt einzuleiten:

  • Hormonpräparate zur „Reifung“ des Muttermunds: Der Muttermund (Portio) ist die Öffnung der Gebärmutter. Während der Schwangerschaft ist er fest verschlossen. Sobald sich der Körper auf die Geburt vorbereitet, sorgen dafür, dass der Muttermund sich entspannt und weich wird. Wenn er für die Geburt bereit ist, spricht man von einem „reifen“ Muttermund. , besonders Prostaglandine, können zum Beispiel als Gel auf den Muttermund aufgetragen werden, um ihn reif werden zu lassen. Dieses Verfahren wird am häufigsten eingesetzt.
  • Ballonkatheter: Um den Muttermund zu dehnen, kann auch ein Ballonkatheter angewendet werden. Das ist ein kleiner Schlauch, der in Vagina und Gebärmutter eingeführt und dann mit Flüssigkeit gefüllt wird.

Manchmal reichen diese Maßnahmen aus, um die Geburt in Gang zu bringen. Wenn nicht, können weitere Schritte unternommen werden:

  • Hormonelle Mittel, um die Wehen zu fördern: Dabei handelt es sich um Prostaglandine oder Oxytocin. Diese Mittel werden eingenommen, als Tabletten oder Zäpfchen in die Vagina eingeführt oder als über einen Tropf in die Armvene („Wehentropf“) gegeben.
  • Eröffnung der Fruchtblase: Unterstützend kann bei einsetzenden Wehen die Fruchtblase eröffnet werden. Das geschieht mit einem schmerzlosen kleinen Schnitt (Amniotomie). Die Eröffnung der Fruchtblase kann nicht mehr rückgängig gemacht werden. Daher ist es wichtig, dass die Geburt danach bald beginnt, da das Kind nicht mehr durch das Fruchtwasser geschützt ist.
  • Eipollösung: Manchmal kann die Geburt auch in Gang gesetzt werden, indem eine Ärztin oder ein Arzt die Fruchtwasserhülle um das Baby vorsichtig mit einem Finger von der Gebärmutterwand löst. Dies nennt man „Lösung des unteren Eipols“.

Sowohl die Eröffnung der Fruchtblase als auch die Eipollösung sind zwar meist nicht schmerzhaft, die meisten Frauen empfinden sie aber als unangenehm.

Hat die hormonelle Geburtseinleitung Nebenwirkungen?

Bei den meisten Frauen verursacht eine hormonelle Geburtseinleitung keine ernsthaften Beschwerden. Dennoch können Nebenwirkungen auftreten: Bei sind dies vor allem Magen-Darm-Beschwerden wie Übelkeit, Erbrechen und Durchfall. Oxytocin kann dazu führen, dass sich im Körper Wasser sammelt und andere Probleme im Flüssigkeitshaushalt entstehen, wie zum Beispiel ein niedriger Natriumspiegel.

Das geburtshilfliche Team versucht, die Menge an Hormonen zum Beispiel im Wehentropf so anzupassen, dass die Wehen so normal wie möglich ausfallen – also nicht in zu kurzen Abständen auftreten oder zu stark werden. Die eingeleitete Geburt soll nicht erzwungen werden, sondern möglichst wie eine spontane Geburt verlaufen. Das gelingt jedoch nicht immer, denn es lässt sich nicht sicher vorhersagen, wie die gewählte Dosis auf den Geburtsverlauf wirkt.

Wie fühlt sich eine Geburtseinleitung an?

Eine Geburtseinleitung macht mehr Untersuchungen nötig als üblich. Dies kann unangenehm sein, aber die meisten Frauen empfinden die zusätzlichen Behandlungs- und Untersuchungsschritte nicht als besonders belastend. Das Wichtigste bei einer Geburtseinleitung ist für die meisten Frauen wahrscheinlich die Erleichterung, endlich ihr Kind zur Welt bringen zu können.

Insgesamt erleben Frauen eine eingeleitete Geburt sehr unterschiedlich: Während sich die einen wieder für eine Einleitung entscheiden würden, würden andere sie bei einer weiteren Geburt lieber vermeiden.

Die Einleitung einer Geburt bedeutet auch nicht, dass danach alles ganz schnell geht. Viele Frauen sind überrascht, wie lange es nach der Einleitung noch dauert, bis das Baby auf der Welt ist.

Es kann hilfreich sein, mit der Hebamme, der Ärztin oder dem Arzt darüber zu sprechen, welche Möglichkeiten einer Geburtseinleitung im Krankenhaus angeboten werden und welche Vor- und Nachteile sie haben. Eine Geburtseinleitung ist kein Notfall – meist ist ausreichend Zeit, sich mit dem Gedanken daran vertraut zu machen und Antworten auf alle Fragen zu erhalten.

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Aktualisiert am 21. September 2022

Nächste geplante Aktualisierung: 2025

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