Warum Bewegung bei Rückenschmerzen wichtig ist

Foto von Yoga-Gruppe

Im Alltag möglichst aktiv zu bleiben und sich regelmäßig zu bewegen, gehört zu den wichtigsten Dingen, die Menschen mit anhaltenden oder wiederkehrenden Kreuzschmerzen tun können. Nachweislich helfen können gezielte Kräftigungs- und Stabilisierungsübungen sowie Bewegungsformen wie Pilates, Tai-Chi und Yoga.

Zu wenig Bewegung kann die Rumpfmuskulatur schwächen, die Rückenschmerzen verstärken – und auch weitere gesundheitliche Probleme zur Folge haben. Deshalb empfehlen weltweit praktisch alle medizinischen Fachgesellschaften bei anhaltenden oder wiederkehrenden Rückenschmerzen ein regelmäßiges Bewegungstraining und möglichst viel Bewegung im Alltag.

Diese Empfehlung hat gute Gründe: Zum einen gehören Bewegung und Sport zu den wenigen Therapien, die nachweislich Rückenschmerzen lindern können. Dies stärkt auch das Vertrauen und die Zuversicht, dass man selbst etwas gegen die Schmerzen tun kann. Zum anderen ist es sinnvoll, so gut wie möglich dem normalen Alltag nachzugehen und sich von den Schmerzen nicht zu sehr einschränken zu lassen. Denn wer sich zum Beispiel zurückzieht oder auf Dinge verzichtet, die eigentlich Freude bereiten, wird die Beschwerden als umso belastender empfinden.

Bei starken Schmerzen können Schmerzmittel wie dabei helfen, im Alltag aktiv zu bleiben. Sie sollten aber höchstens für zwei Wochen eingenommen werden.

Wie gut hilft Bewegung bei Rückenschmerzen?

Es gibt über 200 Studien zu verschiedenen Bewegungstherapien bei Rückenschmerzen. Damit sind sie die mit Abstand am besten untersuchten Behandlungen.

Wirksamkeit bei chronischen Rückenschmerzen

An den meisten Studien nahmen Menschen teil, die länger andauernde Rückenschmerzen hatten – typischerweise seit mindestens 3 Monaten. Insgesamt waren es fast 25.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer.

Zu Beginn der Studien hatten die meisten von ihnen mittelstarke Schmerzen: Im Durchschnitt gaben sie die Stärke ihrer Schmerzen auf einer Skala von 0 bis 100 mit 50 an, wobei 100 für maximale Schmerzen steht. In den Wochen und Monaten nach den Bewegungsprogrammen ließen die Schmerzen um durchschnittlich 15 Punkte nach. Bei den Personen, die keine Bewegungstherapie machten, gingen die Schmerzen kaum zurück. Die Studien zeigen auch, dass die schmerzlindernde Wirkung der Bewegungstherapien längerfristig anhält.

Das Liniendiagramm zeigt den durchschnittlichen Verlauf von Rückenschmerzen mit und ohne Bewegungstherapie.

Gut zu wissen:

Bewegungstherapien können chronische Rückenschmerzen spürbar lindern, aber nicht unbedingt völlig zum Verschwinden bringen. Wie die Beschwerden bei einer Person verlaufen, lässt sich nicht sicher vorhersagen.

Wirksamkeit bei akuten Rückenschmerzen

Bei Rückenschmerzen, die seit weniger als sechs Wochen bestehen, ist die Wirksamkeit von Bewegung schlechter untersucht. Hier deuten Studien eher an, dass die Beschwerden mit gezielten Übungen nicht schneller nachlassen als ohne Bewegungstraining. Aber auch dann ist es sinnvoll, so weit wie möglich dem normalen Alltag nachzugehen – und nicht ständig an die Schmerzen zu denken.

Wenn die akuten Schmerzen abgeklungen sind, ist das ein guter Zeitpunkt, um mit gezieltem Training zu beginnen. Denn Studien zur Vorbeugung zeigen: Wer wiederkehrende Rückenschmerzen hat, kann die Häufigkeit der Schmerzphasen dadurch um fast die Hälfte senken. Gerade für Menschen, die immer wieder mit Rückenschmerzen zu tun haben, lohnt es sich also, aktiv zu werden und zu bleiben.

Kann Bewegung bei Rückenschmerzen auch schaden?

Manche Menschen mit Rückenschmerzen sorgen sich, dass Bewegung und Sport ihre Beschwerden noch verstärken könnten. Oder sie befürchten, dass die Schmerzen ein Zeichen für eine Rückenverletzung sind. Bei unspezifischen Rückenschmerzen trifft dies aber nicht zu. Zu ihrer Entstehung tragen meist mehrere Faktoren bei. Dazu gehören eine schwache oder verspannte Rumpfmuskulatur, Fehlbelastungen, eine überempfindliche Schmerzverarbeitung im Gehirn sowie Stress und andere psychische Belastungen. Hier wirkt Bewegung in vielfältiger Weise entgegen: Sie stärkt die Muskulatur, verbessert die Beweglichkeit und setzt körpereigene schmerzlindernde wie frei. Menschen, die sich mehr bewegen, scheinen zudem weniger schmerzempfindlich zu sein.

Wie andere Behandlungen können jedoch auch Bewegungstherapien Nebenwirkungen haben. So kann es zu Muskelkater kommen oder die Rückenschmerzen können vorübergehend zunehmen. In Studien zu Yoga wurden die Schmerzen zum Beispiel bei 3 von 100 Teilnehmenden kurzfristig stärker.

Wichtig ist:

Gibt es keine Anzeichen für (seltene) ernsthafte Ursachen der Beschwerden, besteht kein Grund, sich vor Bewegung zu fürchten.

Welche Bewegungsarten eignen sich?

Zu den Bewegungsarten, die sich bewährt haben, gehören:

  • Kräftigungs- und Stabilisierungsübungen für die Bauch-, Rücken-, Hüft- und Beckenmuskulatur.
  • Pilates: Ein Ganzkörpertraining, bei dem viel Wert darauf gelegt wird, die tiefe Rumpfmuskulatur zu stärken.
  • Tai-Chi: Ursprünglich eine fernöstliche Kampfkunst, die heute mit langsamen, fließenden Bewegungen praktiziert wird. Tai-Chi kann Gleichgewicht und Koordination verbessern, die Muskulatur stärken und soll Körper und Geist zur Ruhe bringen.
  • Yoga: Eine aus Indien stammende Bewegungslehre, unter anderem mit dem Ziel, das Körperbewusstsein und die Gesundheit zu verbessern. Typischerweise werden beim Yoga verschiedene Positionen eingenommen oder Bewegungsfolgen geübt, die Kraft und Beweglichkeit, Körpergefühl und -haltung fördern.
  • Spazierengehen: Studien deuten darauf hin, dass schon regelmäßige Spaziergänge oder flottes Gehen () bei Rückenschmerzen helfen – zum Beispiel jeden zweiten Tag für 30 bis 60 Minuten.

Ärztinnen, Ärzte oder physiotherapeutische Fachkräfte können dabei helfen, eine geeignete Trainingsart zu finden, die zu einem selbst passt und Spaß macht.

Am Anfang ist etwas Durchhaltevermögen gefragt: Bis das Training wirkt, dauert es möglicherweise einige Wochen. Zudem muss sich der Körper an die zusätzliche Bewegung gewöhnen.

Welche Unterstützungsmöglichkeiten gibt es?

Es gibt viele Wege zu einem gezielten Bewegungstraining. Manche eignen sich vor allem für Menschen, die erst einmal allein aktiv werden möchten – andere eher für alle, die sich persönliche Unterstützung wünschen oder lieber in der Gruppe trainieren möchten.

Oft wird ein Teil der Kosten von der gesetzlichen Kranken- oder Rentenversicherung übernommen, zum Beispiel:

  • Physiotherapie: Ärztinnen und Ärzte können bei Rückenschmerzen bis zu 3-mal ein Physiotherapie-Rezept ausstellen, wobei ein Rezept 6 Behandlungen von jeweils etwa 20 Minuten Dauer umfasst.
  • Präventions- und Bewegungskurse: Dazu gehören unter anderem Kurse zur Kräftigung des Rückens, Pilates und Yoga. Manche Kurse werden auch online angeboten. Informationen zur Kostenübernahme findet man zum Beispiel auf den Webseiten der Krankenkassen.
  • Apps auf Rezept (sogenannte digitale Gesundheitsanwendungen, kurz DiGA): Zur Behandlung und Vorbeugung von Rückenschmerzen gibt es inzwischen mehrere Apps, die von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt werden, wenn sie ärztlich verordnet wurden. DiGA bieten Übungsprogramme, Informationen und Unterstützung beim Umgang mit Rückenschmerzen.
  • Rehasport in der Gruppe: Er kann ärztlich verordnet werden, zum Beispiel als Anschlussbehandlung nach einer .

Was hilft, dabeizubleiben?

Damit das Training auch langfristig hilft, muss man am Ball bleiben. Dies erfordert Motivation und fällt vielen Menschen auf Dauer schwer – vor allem, wenn sie beruflich oder privat sehr eingespannt sind. Wichtig ist dann, einen Weg zu finden, das Training konsequent in den Alltag einzubauen.

Vielen Menschen gelingt regelmäßige Bewegung besser, wenn sie zum Beispiel Kurse an festen Terminen besuchen, sich mit anderen zum Training verabreden oder mit einem Fitness-Tracker ihre Fortschritte sehen.

Wer während der Arbeit viel im Büro sitzt, kann dem Rücken mit regelmäßigen Bewegungspausen Gutes tun: aufstehen, sich recken, kurze Übungen machen und in der Mittagspause spazieren gehen.

Andere Möglichkeiten, mehr Bewegung in den Alltag einzubauen, sind zum Beispiel:

  • Rolltreppen oder Fahrstühle links liegen lassen und stets Treppen laufen
  • öfter mal eine Station vor dem Ziel aus dem Bus oder der Straßenbahn aussteigen und die restliche Strecke laufen
  • so viele Strecken wie möglich zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurücklegen
  • beim Telefonieren aufstehen und umhergehen

Was ist eine Rückenschule?

In einer „“ werden Wissen und Techniken vermittelt, um Rückenschmerzen vorzubeugen oder zu lindern. Meist umfassen Rückenschulkurse einen theoretischen und einen praktischen Teil. Typische Inhalte sind Unterrichtseinheiten über den Aufbau der Wirbelsäule und des Rückens, Anleitungen zu „rückengerechten“ Bewegungen und rückenkräftigender Gymnastik. Rückenschulen werden – wie auch Bewegungskurse – als Präventionskurse der gesetzlichen Krankenkassen angeboten.

Es gibt Hinweise aus Studien, dass Rückenschulkurse kurzfristig helfen könnten. Sie sind aber deutlich schlechter erforscht als Bewegungstherapien. Fachleute empfehlen sie daher nur als Ergänzung zu einer Bewegungstherapie.

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Aktualisiert am 20. August 2025

Nächste geplante Aktualisierung: 2028

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Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)

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