Lutetiumvipivotidtetraxetan (Pluvicto) bei fortgeschrittenem Prostatakrebs

Einleitung

Lutetiumvipivotidtetraxetan (Handelsname Pluvicto) ist seit Dezember 2022 für Männer mit metastasiertem kastrationsresistenten PSMA-positiven Prostatakrebs zugelassen, die mit einer Hormonblockade behandelt werden und deren Krebs trotz fortschreitet.

Bei Prostatakrebs benötigen die Krebszellen männliche Geschlechtshormone, um zu wachsen. Das wichtigste Hormon ist Testosteron. Die Blockade der Testosteronproduktion in den Hoden ist eine Möglichkeit, um das Fortschreiten zu verlangsamen. Wenn der Krebs trotz dieser Hormonblockade weiterwächst, sprechen Fachleute von einem „hormonrefraktären“ oder auch „kastrationsresistenten“ Prostatakarzinom. Bei metastasiertem Prostatakrebs haben sich bereits Tumor-Absiedlungen in anderen Körperbereichen gebildet, sodass eine Heilung nicht mehr möglich ist.

Die Abkürzung PSMA steht für Prostata-Spezifisches-Membran-Antigen, ein Eiweiß, das vermehrt auf den Krebszellen vorhanden ist. Lutetiumvipivotidtetraxetan ist eine radioaktive Substanz, die an PSMA bindet und so die Krebszellen bestrahlen kann. So soll das Krebswachstum verlangsamt und Beschwerden gelindert werden.

Anwendung

Lutetiumvipivotidtetraxetan wird als oder Spritze in eine Armvene verabreicht. Die dauert etwa 30 Minuten und wird insgesamt sechs Mal in einem Abstand von sechs Wochen gegeben. Da es sich um eine radioaktive Substanz handelt, sollte nach der ein paar Tage Abstand zu im Haushalt lebenden Personen eingehalten werden. Das Medikament wird in dieser Zeit vor allem über den Urin ausgeschieden. Deshalb wird empfohlen, während der viel zu trinken.

Treten starke Nebenwirkungen auf oder schreitet der Krebs fort, wird die beendet.

Andere Behandlungen

Für Männer mit metastasiertem kastrationsresistenten Prostatakrebs kommt in Kombination mit der üblichen Hormonblockade eine patientenindividuelle infrage. Hierbei können, je nach vorheriger und Art des Tumors, die Wirkstoffe Abirateron, Enzalutamid, Cabazitaxel und Olaparib eingesetzt werden. Auch eine unterstützende Behandlung, „“ (), kann eingesetzt werden. Sie orientiert sich an den individuellen Bedürfnissen des Patienten und soll Beschwerden wie Schmerzen lindern und die Lebensqualität verbessern.

Bewertung

Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hat 2023 geprüft, ob Lutetiumvipivotidtetraxetan für Männer mit metastasiertem kastrationsresistenten PSMA-positiven Prostatakrebs im Vergleich zu der individuellen Vor- oder Nachteile hat.

Um diese Frage zu beantworten, legte der Hersteller eine Studie mit insgesamt 831 Männern vor. Alle Patienten erhielten eine Hormonblockade und eine individuell angepasste . 551 Männer wurden zusätzlich mit Lutetiumvipivotidtetraxetan behandelt. Alle Männer waren bereits mit 1 bis 2 Chemotherapien und mindestens einem Androgenrezeptor-Signalweg-Inhibitor (z. B. Enzalutamid, Abirateron) behandelt worden. Fast 30 % der Männer, die nicht mit Lutetiumvipivotidtetraxetan behandelt werden sollten, zogen ihre Einwilligung zur in der Studie zurück. Das lag unter anderem daran, dass sie mit der ihnen angebotenen nicht einverstanden waren. Für den Vergleich von Beschwerden und Nebenwirkungen waren deshalb nur die Daten von 581 Männern geeignet. Es zeigten sich folgende Ergebnisse:

Welche Vorteile hat Lutetiumvipivotidtetraxetan?

Gesamtüberleben: Hier weist die Studie auf einen Vorteil für Lutetiumvipivotidtetraxetan hin. Die Männer mit Lutetiumvipivotidtetraxetan waren im Mittel () nach 15 Monaten gestorben. Ohne Lutetiumvipivotidtetraxetan war das nach 11 Monaten der Fall.

Rückenmarkskompression und Notwendigkeit einer zur Linderung von Knochenschmerzen: Durch des Prostatakrebses kann das Rückenmark zusammengedrückt werden. Das kann zu Rücken- oder Halsschmerzen, Kribbeln oder führen. Die Studie deutet hier auf einen Vorteil von Lutetiumvipivotidtetraxetan hin. Auch bei der Notwendigkeit einer zur Linderung von Knochenschmerzen deutet die Studie auf einen Vorteil von Lutetiumvipivotidtetraxetan hin.

Schwere Nebenwirkungen: Hier deutet die Studie ebenfalls auf einen Vorteil von Lutetiumvipivotidtetraxetan hin. Mit Lutetiumvipivotidtetraxetan kam es im Mittel () nach 1,5 Jahren zu schweren Nebenwirkungen. Ohne Lutetiumvipivotidtetraxetan war das nach etwas über einem Jahr der Fall. Dazu gehörte unter anderem schweres Nierenversagen.

Welche Nachteile hat Lutetiumvipivotidtetraxetan?

Schwere Knochenmarksuppression: Bei dieser schweren Nebenwirkung wird das geschädigt und bildet zu wenig Blutzellen. Hier deutet die Studie auf einen Nachteil von Lutetiumvipivotidtetraxetan hin.

Mundtrockenheit, Magen-Darm-Erkrankungen und Harnwegsinfektionen: Auch bei diesen Nebenwirkungen deutet die Studie auf einen Nachteil von Lutetiumvipivotidtetraxetan hin.

Wo zeigte sich kein Unterschied?

Es zeigte sich kein Unterschied bei:

  • Knochenbrüchen
  • Orthopädischen Eingriffen wegen Tumor oder
  • Therapieabbrüchen wegen Nebenwirkungen

Welche Fragen sind noch offen?

Der Hersteller legte keine geeigneten Daten vor zu:

  • Stärkster Schmerz und Beeinträchtigung durch Schmerz
  • Gesundheitszustand
  • Gesundheitsbezogene Lebensqualität

Weitere Informationen

Dieser Text fasst die wichtigsten Ergebnisse der Gutachten zusammen, die das IQWiG im Auftrag des Gemeinsamen Bundesausschusses () im Rahmen der Frühen Nutzenbewertung von Arzneimitteln erstellt hat. Der beschließt auf Basis der Gutachten und eingegangener Stellungnahmen über den Zusatznutzen von Lutetiumvipivotidtetraxetan (Pluvicto).

Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). (177Lu)Lutetiumvipivotidtetraxetan (Prostatakarzinom) – Nutzenbewertung gemäß § 35a SGB V. Dossierbewertung; Auftrag A23-01. 12.04.2023. (IQWiG-Berichte; Band 1538).

Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). (177Lu)Lutetiumvipivotidtetraxetan (Prostatakarzinom) – Addendum zum Projekt A23-01 ; Auftrag A23-46. 16.06.2023. (IQWiG-Berichte; Band 1578).

IQWiG-Gesundheitsinformationen sollen helfen, Vor- und Nachteile wichtiger Behandlungsmöglichkeiten und Angebote der Gesundheitsversorgung zu verstehen.

Ob eine der von uns beschriebenen Möglichkeiten im Einzelfall tatsächlich sinnvoll ist, kann im Gespräch mit einer Ärztin oder einem Arzt geklärt werden. Gesundheitsinformation.de kann das Gespräch mit Fachleuten unterstützen, aber nicht ersetzen. Wir bieten keine individuelle Beratung.

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Über diese Seite

Aktualisiert am 20. Juli 2023

Nächste geplante Aktualisierung: 2026

Herausgeber:

Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)

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