Entwicklungsstörungen der Sprache

Foto von Mutter und Kind mit Buch

Entwicklungsstörungen der Sprache zeigen sich meist schon in den ersten Lebensjahren. Die Kinder können im Alltag gezielt gefördert werden und eine erhalten. Mit der Zeit bessern sich die Sprachprobleme dann oft.

Etwa 8 % aller Kinder haben eine umschriebene Entwicklungsstörung der Sprache. Jungen sind etwa doppelt so häufig betroffen wie Mädchen. Einige dieser Kinder entwickeln zusätzlich eine Lese- und Rechtschreibschwäche.

Sprachprobleme deuten sich oft im Alter von 2 bis 3 Jahren an. In diesem Alter kann man aber noch nicht unterscheiden, ob ein Kind eine Sprachentwicklungsstörung hat oder sich nur etwas langsamer entwickelt. Gerade in dieser Zeit gibt es große Unterschiede unter gleichaltrigen Kindern. Sogenannte „Late Talkers“ (späte Sprecher) sprechen zwar mit 24 Monaten weniger Wörter als die meisten gleichaltrigen Kinder – allerdings holt etwa die Hälfte dieser Kinder diesen Rückstand bis zum dritten Geburtstag wieder auf. Die andere Hälfte entwickelt eine Sprachentwicklungsstörung.

Wie äußert sich eine Sprachentwicklungsstörung?

Ein Kind mit einer Sprachentwicklungsstörung hat Schwierigkeiten, sich auszudrücken oder andere zu verstehen. Man unterscheidet:

  • Probleme beim Sprachausdruck (expressive Sprachstörung): Das Kind lernt deutlich später sprechen als andere oder hat nur einen geringen Wortschatz. Es lässt Wörter aus oder ersetzt sie durch falsche Begriffe. Vielleicht spricht es grammatikalisch auffällig falsch (vertauscht beispielsweise ständig Satzteile) oder hat Schwierigkeiten, Inhalte auszudrücken. Viele haben auch Probleme, einzelne Laute zu bilden.
  • Probleme beim Sprachverständnis (rezeptive Sprachstörung): Dem Kind fällt es schwer, zu verstehen, was andere ihm sagen. Das führt zum Beispiel dazu, dass es einfachen Aufforderungen nicht folgt oder unangemessen reagiert.

Bei einer Sprachentwicklungsstörung liegen diese Fähigkeiten deutlich unter dem Niveau, das für das Alter des Kindes zu erwarten wäre.

Welche Folgen hat die Entwicklungsstörung?

Mit den Jahren können sich die Sprachprobleme bessern oder ganz legen. Dies gilt vor allem für Probleme mit der Aussprache. Sprachprobleme, die bis ins Erwachsenenalter anhalten, können dauerhaft beeinträchtigen. Dies gilt besonders für Probleme beim Sprachverständnis.

Manche Kinder sind aufgrund ihrer Sprachprobleme wenig selbstbewusst und ängstlich. Vielleicht sind sie auch Hänseleien ausgesetzt und psychisch belastet.

Eine Sprachentwicklungsstörung kann das Risiko für eine Lese- und Rechtschreibstörung erhöhen. Zudem fällt Kindern, die sprachlich vermittelte Informationen nur schlecht verstehen, das Lernen insgesamt schwerer. Das kann nicht nur sprachliche, sondern auch andere Fächer wie Mathematik betreffen: zum Beispiel, wenn ein Kind Aufgaben nicht lösen kann, weil es ihren Text nicht versteht. Probleme beim Lernen können einen schlechteren Schulabschluss zur Folge haben und die Berufswahl einschränken.

Wie wird eine Sprachentwicklungsstörung festgestellt?

Erste Hinweise können die U-Untersuchungen in der kinder- oder hausärztlichen Praxis geben. Dabei befragt die Ärztin oder der Arzt zunächst die Eltern zur sprachlichen Entwicklung ihres Kindes. Danach folgen allgemeine Sprachtests und bei Bedarf ergänzende Untersuchungen der Sprache des Kindes: Wie ist seine Aussprache? Wie verwendet und versteht es Wörter und Sätze?

Ein auffälliger Sprachtest allein sagt aber nur wenig aus: Es kann sein, dass ein Kind einfach etwas langsamer sprechen lernt als Gleichaltrige – oder es hat beim Sprachtest nicht gut mitgemacht, weil es aufgeregt war. Auch Kinder mit Migrationshintergrund schneiden bei Sprachtests, die nicht in ihrer Muttersprache abgefasst sind, im Schnitt schlechter ab.

Eine Sprachentwicklungsstörung kann erst nach weitergehenden Untersuchungen festgestellt werden. Diese werden in erster Linie durch Fachärztinnen und -ärzte für Sprach-, Stimm- und kindliche Hörstörungen (Phoniatrie und Pädaudiologie) durchgeführt, ergänzend auch in einer logopädischen Praxis.

Neben der Sprachentwicklung wird auch die psychische und emotionale Entwicklung des Kindes beurteilt. Zudem wird das Gehör untersucht, da Sprachprobleme manchmal aufgrund unerkannter Hörprobleme entstehen.

Eine zuverlässige einer Sprachentwicklungsstörung ist meist erst ab einem Alter von drei Jahren möglich.

Welche Förder- und Behandlungsmöglichkeiten gibt es?

Bei einer Sprachentwicklungsstörung gibt es folgende Unterstützungsmöglichkeiten:

  • Sprachförderung, etwa in der Familie und im Kindergarten: Um die Sprachentwicklung anzuregen, eignen sich zum Beispiel häufige Gespräche mit dem Kind, Vorlesen oder Singen. Manche Kindergärten bieten auch spezielle Programme zur Sprachförderung an.
  • , meist bei einer Logopädin oder einem Logopäden: Im Rahmen einer Sprachtherapie werden meist 1- bis 2-mal wöchentlich kind- und altersgerechte Übungen gemacht. Diese sollen zum Beispiel die Aussprache, Atmung oder Stimmbildung gezielt trainieren, den Wortschatz erweitern sowie die Satzbildung und Grammatik verbessern. Auch die Sprachwahrnehmung wird trainiert, also zum Beispiel die Fähigkeit, bestimmte Laute zu unterscheiden. Hierbei sollte das Kind immer wieder bestätigt und ermuntert werden, um das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten zu stärken.

Auch als Eltern ist es wichtig, sich beraten zu lassen, wie man am besten mit den Einschränkungen des Kindes umgehen und es unterstützen kann. Vielleicht benötigt das Kind auch eine psychologische oder psychotherapeutische Unterstützung, um mit Problemen im Kindergarten oder in der Schule zurechtzukommen. Solche Hilfe ist vor allem dann sinnvoll, wenn das Kind auch Verhaltensprobleme oder psychische Schwierigkeiten hat.

Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP), Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe von Menschen mit Behinderung und chronischer Erkrankung und ihren Angehörigen (BAG-Selbsthilfe), Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ). Diagnostik von Sprachentwicklungsstörungen (SES), unter Berücksichtigung umschriebener Sprachentwicklungsstörungen (USES). (Interdisziplinäre S2k-Leitlinie, in Überarbeitung) AWMF-Registernr.: 049-006. 2022.

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP). Therapie von Sprachentwicklungsstörungen (S3-Leitlinie). 2022.

Schlack HG, Esser G. Umschriebene Entwicklungsstörungen. In: Schlack HG, Kries R (Ed). Sozialpädiatrie. Berlin: Springer 2009. S. 157-187.

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Aktualisiert am 09. August 2023

Nächste geplante Aktualisierung: 2026

Herausgeber:

Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)

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