Dimethylfumarat (Tecfidera) bei multipler Sklerose bei Kindern und Jugendlichen

Einleitung

Dimethylfumarat (Handelsname Tecfidera) ist seit Mai 2022 in Deutschland für Kinder und Jugendliche ab 13 Jahren mit einer schubförmig-remittierenden multiplen Sklerose (RRMS) zugelassen. Der Wirkstoff kommt infrage zur Erstbehandlung von Kindern und Jugendlichen mit RRMS und für vorbehandelte Kinder und Jugendliche, deren nicht hochaktiv ist.

Die (MS) ist eine chronische, nicht heilbare entzündliche Erkrankung, bei der das eigene Immunsystem Nervenbahnen in Gehirn und Rückenmark schädigt. Dies kann zu Gefühlsstörungen, Müdigkeit, Schmerzen in Armen und Beinen, Lähmungserscheinungen, Schwindel und Zittern führen.

Eine MS kann in verschiedenen Formen auftreten:

  • Schubförmig-remittierend (Relapsing-Remitting MS, RRMS): Diese Form verläuft schubweise mit akuten Krankheitsphasen. Remittierend bedeutet, dass sich die Beschwerden nach einem Schub vollständig oder zumindest teilweise wieder zurückbilden. Wenn viele Schübe in kurzer Zeit auftreten, sprechen Fachleute von einem hochaktiven Verlauf. Eine schubförmige MS kann in eine Phase übergehen, in der die Symptome allmählich auch unabhängig von Schüben zunehmen, sich dann aber nicht mehr zurückbilden. Diese wird dann sekundär fortschreitende MS (Secondary Progressive MS, SPMS) genannt.
  • Primär fortschreitend (Primary Progressive MS, PPMS): Bei dieser seltenen Form der MS werden die Beschwerden mit der Zeit stärker, in der Regel ohne abgrenzbare Schübe. Bei dieser Form gehen die Symptome nicht zurück.

Dimethylfumarat soll die Entzündungsreaktionen des Körpers verringern und so die Beschwerden der MS verbessern.

Anwendung

Dimethylfumarat gibt es als Kapsel in einer Dosierung von 120 und 240 mg. Die Anfangsdosis beträgt 120 mg zweimal täglich. Nach einer Woche wird die Dosis auf 240 mg zweimal täglich erhöht. Der Wirkstoff sollte mit einer Mahlzeit eingenommen werden.

Treten Nebenwirkungen wie Hitzegefühl oder Magen-Darm-Beschwerden auf, kann die Dosis vorübergehend reduziert werden.

Andere Behandlungen

Für die Erstbehandlung von Kindern und Jugendlichen mit RRMS oder für vorbehandelte Kinder und Jugendliche, deren nicht hochaktiv ist, stehen verschiedene Medikamente zur Verfügung. Dazu gehören Beta-Interferone sowie Glatirameracetat.

Bewertung

Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hat 2023 geprüft, ob Dimethylfumarat für Kinder und Jugendliche mit schubförmig-remittierender multipler Sklerose im Vergleich zu den Standardtherapien Vor- oder Nachteile hat.

Hierzu legte der Hersteller eine Studie vor, aus der die Daten von 135 Kindern und Jugendlichen ausgewertet werden konnten. Die eine Hälfte wurde mit Dimethylfumarat behandelt, die andere Gruppe bekam Beta-Interferon. Sie wurden fast zwei Jahre behandelt.

Es zeigten sich folgende Ergebnisse:

Welche Vorteile hat Dimethylfumarat?

Krankheitsschübe: Hier deutet die Studie auf einen Vorteil von Dimethylfumarat hin. Krankheitsschübe waren insgesamt selten. Hochgerechnet auf fünf Jahre kam es im Durchschnitt mit Dimethylfumarat zu einem Schub. Mit Beta-Interferon traten drei Schübe auf.

Grippeähnliche Erkrankungen: Bei dieser Nebenwirkung deutet die Studie ebenfalls auf einen Vorteil von Dimethylfumarat hin. Grippeähnliche Beschwerden traten bei der Behandlung mit Dimethylfumarat bei 3 von 100 Kindern und Jugendlichen auf. Mit Beta-Interferon war das bei 52 von 100 Kindern und Jugendlichen der Fall.

Welche Nachteile hat Dimethylfumarat?

Gefäßerkrankungen: Bei diesen Nebenwirkungen deutet die Studie auf einen Nachteil hin. Mit Dimethylfumarat traten diese bei 48 von 100 Kindern und Jugendlichen auf. Mit Beta-Interferon war das bei 9 von 100 Kindern und Jugendlichen der Fall. Überwiegend traten Hitzewallungen mit und ohne Hautrötungen auf.

Auch bei folgenden Nebenwirkungen deutet die Studie auf einen Nachteil von Dimethylfumarat hin:

  • Magen-Darm-Erkrankungen
  • Erkrankungen der Haut und Unterhaut
  • Verletzungen und Vergiftungen sowie Komplikationen durch Eingriffe

Wo zeigte sich kein Unterschied?

Lebenserwartung: Es gab keine Todesfälle in der Studie.

Fortschreiten der Behinderung: Auch hier gab es keinen Unterschied.

Schwere Infektionen: Auch hier zeigte sich kein Unterschied zwischen den Therapien.

Welche Fragen sind noch offen?

Der Hersteller legte keine verwertbaren Daten zu folgenden Aspekten vor:

  • Kognitive Funktion
  • Erschöpfung
  • Gesundheitsbezogene Lebensqualität
  • Schwere Nebenwirkungen
  • Therapieabbrüche wegen Nebenwirkungen

Weitere Informationen

Dieser Text fasst die wichtigsten Ergebnisse eines Gutachtens zusammen, das das IQWiG im Auftrag des Gemeinsamen Bundesausschusses () im Rahmen der Frühen Nutzenbewertung von Arzneimitteln erstellt hat. Der beschließt auf Basis des Gutachtens und eingegangener Stellungnahmen über den Zusatznutzen von Dimethylfumarat (Tecfidera).

Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). Dimethylfumarat (multiple Sklerose bei Kindern und Jugendlichen ab 13 Jahren) – Nutzenbewertung gemäß § 35a SGB V. Dossierbewertung; Auftrag A23-68. 12.10.2023. (IQWiG-Berichte; Band 1657).

IQWiG-Gesundheitsinformationen sollen helfen, Vor- und Nachteile wichtiger Behandlungsmöglichkeiten und Angebote der Gesundheitsversorgung zu verstehen.

Ob eine der von uns beschriebenen Möglichkeiten im Einzelfall tatsächlich sinnvoll ist, kann im Gespräch mit einer Ärztin oder einem Arzt geklärt werden. Gesundheitsinformation.de kann das Gespräch mit Fachleuten unterstützen, aber nicht ersetzen. Wir bieten keine individuelle Beratung.

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Über diese Seite

Erstellt am 25. Oktober 2023

Nächste geplante Aktualisierung: 2026

Herausgeber:

Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)

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