Wie werden Blutstammzellen für eine Transplantation gewonnen?
Früher wurden Blutstammzellen vorwiegend aus dem Knochenmark, dem Ort ihrer Entstehung, gewonnen. Inzwischen ist es auch möglich, sie direkt aus dem Blut herauszufiltern. Beim ersten Verfahren spricht man von einer Knochenmarkentnahme, beim zweiten von einer peripheren Stammzellentnahme.
Der Körper der Spenderin oder des Spenders ersetzt das Knochenmark beziehungsweise die Blutstammzellen innerhalb weniger Tage von allein. In dieser Zeit fühlen sich manche Menschen etwas abgeschlagen. Ernsthafte Komplikationen nach einer Spende von Blutstammzellen sind sehr selten. Es kann vorübergehend zu leichten Nebenwirkungen kommen.
Entnahme aus dem Knochenmark
Um Stammzellen aus dem Knochenmark zu gewinnen, wird mithilfe einer speziellen Nadel aus dem Beckenkamm ein halber bis eineinhalb Liter Knochenmark entnommen. Die Menge richtet sich nach dem Stammzellgehalt im entnommenen Knochenmark. Dazu sind in der Regel mehrere Einstiche an unterschiedlichen Stellen des Beckenkamms nötig. Im Labor werden die Stammzellen aus dem Knochenmark herausgefiltert und für die Transplantation aufbereitet.
Die Entnahme von Knochenmark ist aufwendig. Die Spenderin oder der Spender erhält vor dem Eingriff eine Vollnarkose und bleibt in der Regel ein bis zwei Tage im Krankenhaus. An den Einstichstellen der Nadel können in den ersten Wochen nach der Spende Blutergüsse und Schmerzen auftreten. Manche Menschen haben vor allem mit vorübergehenden Rückenschmerzen zu tun. Außerdem ist jede Narkose mit einem Risiko für Komplikationen verbunden und durch den operativen Eingriff besteht ein Infektionsrisiko. Aus diesen Gründen werden Stammzellen heutzutage in der Regel aus dem Blut entnommen.
Entnahme aus dem Blut
Die periphere Stammzellentnahme hat den Vorteil, dass keine Narkose und kein Krankenhausaufenthalt nötig sind. Normalerweise enthält das Blut nur wenige Stammzellen. Daher wird vier bis fünf Tage vor der geplanten Entnahme ein bis zweimal ein Wirkstoff unter die Haut (subkutan) gespritzt, der einem köpereigenen Hormon ähnelt. Bei dem Präparat handelt es sich um einen sogenannten Wachstumsfaktor, das sogenannte G-CSF (Granulozyten-Kolonie stimulierender Faktor). Er regt die Blutstammzellen dazu an, aus dem Knochenmark in das Blut zu wandern.
Nach einigen Tagen befinden sich ausreichend Stammzellen im Blut. Dann wird das Blut aus einer Armvene über einen Schlauch in eine spezielle Zentrifuge geleitet, dem sogenannten Blutzell-Separator. Dort werden die Stammzellen vom Blut getrennt (Apharese). Das Blut wird danach über einen zweiten Schlauch in eine Vene am anderen Arm in den Körper zurückgeleitet. Die Apharese dauert ungefähr zwei bis drei Stunden. Die Stammzellentnahme wird in der Regel ambulant durchgeführt. Um genügend Stammzellen zu erhalten, muss dieser Vorgang aber oft ein oder zweimal an den folgenden Tagen wiederholt werden.
Der Vorteil der Stammzellentnahme aus dem Blut gegenüber der Entnahme aus Knochenmark ist, dass sie ohne Narkose erfolgen kann.
Es können aber auch Nebenwirkungen auftreten. Durch den Wachstumsfaktor können vorübergehend Beschwerden wie Glieder-, Kopf- oder Knochenschmerzen auftreten.
Stammzellgewinnung aus Nabelschnurblut
Eine weitere Möglichkeit ist, aus dem Nabelschnurblut und dem kindlichen Anteil des Mutterkuchens (Plazenta) Stammzellen zu gewinnen. Mit Einverständnis der Eltern kann das Blut anonym an eine öffentliche Nabelschnurblutbank gespendet werden. Es gibt auch private Nabelschnurblutbanken, in denen das Nabelschnurblut kostenpflichtig für das Kind selbst aufbewahrt werden kann. Nach dem jetzigen Stand des Wissens ist es jedoch sehr unwahrscheinlich, dass das Neugeborene im späteren Leben davon profitieren kann. Bei den häufigsten Krebserkrankungen im Kindes- und Jugendalter wie den Leukämien, kommt eine Transplantation mit eigenen Stammzellen nicht infrage. Die Krebszellen können bereits im Transplantat vorhanden sein und könnten dann rückübertragen werden. Zurzeit werden Stammzellen aus Nabelschnurblut nur an fremde Empfänger transplantiert.
Quellen
Chen SH, Wang TF, Yang KL. Hematopoetic stem cell donation. Int J Hematol 2013; 97(4): 446-455.
Cohen Y, Nagler A: Umbilical cord blood transplantation--how, when and for whom? Blood Rev 2004, 18(3): 167-179.
Körbling M, Freireich EJ. Twenty-five years of peripheral blood stem cell transplantation. Blood 2011; 117(24): 6411-6416.
Reimann V, Creutzig U, Kögler G. Stem cells derived from cord blood in transplantation and regenerative medicine. Dtsch Arztebl Int 2009; 106(50): 831-836.
IQWiG-Gesundheitsinformationen sollen helfen, Vor- und
Nachteile wichtiger Behandlungsmöglichkeiten und Angebote der Gesundheitsversorgung zu
verstehen.
Ob eine der von uns beschriebenen Möglichkeiten im Einzelfall tatsächlich sinnvoll
ist, kann im Gespräch mit einer Ärztin oder einem Arzt geklärt werden. Gesundheitsinformation.de
kann das Gespräch mit Ärzten und anderen Fachleuten unterstützen, aber nicht ersetzen. Wir bieten
keine individuelle Beratung.
Unsere Informationen beruhen auf den Ergebnissen hochwertiger Studien. Sie sind von einem
Autoren-Team
aus Medizin, Wissenschaft und Redaktion erstellt und von Expertinnen und Experten außerhalb
des IQWiG begutachtet. Wie wir unsere Texte erarbeiten und aktuell halten, beschreiben wir
ausführlich in unseren Methoden.