Angiotensin-II-Acetat (Giapreza) bei Hypotonie nach einem Schock

Einleitung

Angiotensin II-Acetat (Handelsname Giapreza) ist seit August 2019 für Erwachsene mit sehr niedrigem Blutdruck (refraktärer ) nach einem Schock zugelassen. Der Wirkstoff kommt für Personen mit einem Schock infrage, deren Blutdruck auch nach Flüssigkeitszufuhr und Behandlung mit Katecholaminen oder anderen gefäßverengenden Medikamenten zu niedrig bleibt. Er kommt nicht bei Personen mit einem starken Blut- oder Flüssigkeitsverlust infrage.

Bei einem Schock erhalten lebensnotwendige Organe nicht mehr genug Blut und können dann versagen. Ein typisches Anzeichen für einen Schock ist ein niedriger Blutdruck (), bei der der systolische Blutdruck unter 100 mmHg abfällt.

Man unterscheidet insbesondere zwei Schock-Formen:

  • Der hypovolämische Schock entsteht durch starken Blut- oder Wasserverlust. Der Körper hat dann zu wenig Flüssigkeit, um die Organe zu versorgen. Fachleute sprechen dann von einem Volumenmangel.
  • Beim distributiven Schock ist zwar genug Blut und Flüssigkeit im Körper vorhanden. Weil sich aber Gefäße zum Beispiel in Haut und Muskeln zu stark erweitert haben, erhalten die inneren Organen nicht ausreichend Blut. Fachleute sprechen von einem relativen Volumenmangel. Ein Beispiel für einen distributiven Schock ist der septische Schock.

Bei einem septischen Schock reagiert das sehr stark auf plötzlich ins Blut gelangende, große Mengen eines Krankheitserregers. Das sorgt dafür, dass sich Flüssigkeit aus dem Blut in das Gewebe verlagert und es zu einem Blutmangel für die inneren Organe und einem lebensbedrohlichen Multiorganversagen kommen kann.

Angiotensin II-Acetat ähnelt Hormonen, die die Blutgefäße verengen können. Es soll bei Schock den Blutdruck anheben.

Anwendung

Angiotensin II-Acetat wird als angewendet. Der Wirkstoff wird mit einer Natriumchlorid-Injektionslösung (0,9 %) verdünnt.

Die Dosis hängt vom Körpergewicht ab. Sie wird abhängig von Blutdruck und Gesundheitszustand schrittweise angepasst.

Die wird beendet, wenn sich der Schock ausreichend gebessert hat.

Andere Behandlungen

Erwachsene mit refraktärer nach einem septischen oder anderen distributiven Schock erhalten eine optimierte intensivmedizinische Behandlung. Dazu gehören unter anderem Vasopressoren, und ausreichend Flüssigkeit.

Bewertung

Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hat 2021 geprüft, ob Angiotensin II-Acetat Vor- oder Nachteile hat.

Um diese Frage zu beantworten, legte der Hersteller eine Studie mit insgesamt 344 Personen vor: Die Hälfte von ihnen bekam zusätzlich zu einer optimierten intensivmedizinischen Behandlung Angiotensin II-Acetat, die andere Hälfte bekam zusätzlich ein Scheinmedikament ().

Es zeigten sich folgende Ergebnisse:

Welche Vorteile und Nachteile hat Angiotensin II-Acetat?

Es zeigten sich keine Vor- oder Nachteile einer zusätzlichen Behandlung mit Angiotensin II-Acetat.

Wo zeigte sich kein Unterschied?

Bei verschiedenen Aspekten zeigte sich kein Unterschied einer zusätzlichen Behandlung mit Angiotensin II-Acetat:

  • Lebenserwartung
  • Entlassung aus der Intensivstation
  • Schwere Nebenwirkungen: Zu den schweren Nebenwirkungen gehören zum Beispiel schwere Embolien und schwere Thrombosen sowie schwere periphere Ischämien (verminderte Durchblutung in einem Bein oder Arm)
  • Therapieabbrüche aufgrund von Nebenwirkungen

Welche Fragen sind noch offen?

Zu verschiedenen Aspekten legte der Hersteller keine (verwertbaren) Daten vor:

  • Beenden der künstlichen Beatmung
  • Beenden der Nieren-Dialyse
  • Gesundheitsbezogene Lebensqualität
  • Arrhythmien

Weitere Informationen

Dieser Text fasst die wichtigsten Ergebnisse eines Gutachtens zusammen, das das IQWiG im Auftrag des Gemeinsamen Bundesausschusses () im Rahmen der Frühen Nutzenbewertung von Arzneimitteln erstellt hat. Der beschließt auf Basis des Gutachtens und eingegangener Stellungnahmen über den Zusatznutzen von Angiotensin-II-Acetat (Giapreza).

Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). Angiotensin-II-Acetat (refraktäre Hypotonie bei distributivem Schock) – Nutzenbewertung gemäß § 35a SGB V. Dossierbewertung; Auftrag A21-95. 13.10.2021. (IQWiG-Berichte; Band 1219).

Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). Angiotensin-II-Acetat (refraktäre Hypotonie bei distributivem Schock) – Addendum zum Auftrag A21-95; Auftrag A21-147. 10.12.2021. (IQWiG-Berichte; Band 1254).

IQWiG-Gesundheitsinformationen sollen helfen, Vor- und Nachteile wichtiger Behandlungsmöglichkeiten und Angebote der Gesundheitsversorgung zu verstehen.

Ob eine der von uns beschriebenen Möglichkeiten im Einzelfall tatsächlich sinnvoll ist, kann im Gespräch mit einer Ärztin oder einem Arzt geklärt werden. Gesundheitsinformation.de kann das Gespräch mit Fachleuten unterstützen, aber nicht ersetzen. Wir bieten keine individuelle Beratung.

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Über diese Seite

Aktualisiert am 06. Januar 2022

Nächste geplante Aktualisierung: 2025

Herausgeber:

Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)

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