Insektengiftallergie: Kurz- und langfristige Behandlung

Foto von Hyposensibilisierung bei einem Jungen

Bienen- und Wespenstiche sind die häufigsten Auslöser von Insektengiftallergien. Stärkere allergische Reaktionen können schnell mit einem Notfallset behandelt werden. Bei einer gegen Insektengift ist eine (spezifische Immuntherapie) oft erfolgreich: Diese Behandlung kann schweren Reaktionen vorbeugen.

Für Menschen mit einer Insektengiftallergie kann ein Stich unangenehme Folgen haben: Es kann sehr schnell zu Beschwerden wie einer Schwellung an der Einstichstelle, Übelkeit, Schwindel, Hautausschlägen oder Atemnot, selten auch zu einem lebensbedrohlichen Kreislauf-Stillstand kommen.

Dieses Risiko kann Angst machen. Wurde man gestochen, ist es dennoch wichtig, Ruhe zu bewahren. Schwere Folgen sind die Ausnahme, wenn die Medikamente im Notfallset rechtzeitig angewendet werden.

Im Gegensatz zu vielen anderen Allergien kann eine Insektengiftallergie mit einer (spezifische Immuntherapie) behandelt werden. Dabei wird das langsam an das Insektengift gewöhnt. Danach sind die meisten für längere Zeit vor bedrohlichen Reaktionen geschützt.

Wie geht man mit einem Insektenstich um?

Zunächst ist es wichtig, auf eine anaphylaktische Reaktion vorbereitet zu sein – das heißt, immer ein Notfallset bei sich zu haben, wenn das Risiko für einen Insektenstich besteht. Das Set enthält eine Adrenalinspritze, eine kortisonhaltige Tablette oder einen kortisonhaltigen Saft sowie ein . Damit lassen sich die Beschwerden schnell und wirksam selbst behandeln.

Nach einem Stich ist es wichtig, sofort zu reagieren:

  • Bei leichteren Beschwerden ohne Atemnot oder Kreislaufprobleme zunächst die Antihistaminikum-Tablette einnehmen,
  • je nach Stärke der Hautreaktion an der Einstichstelle zusätzlich auch das Kortisonpräparat.
  • Menschen in der Nähe informieren, damit sie helfen können, wenn stärkere Beschwerden auftreten.
  • Bei stärkeren Beschwerden wie Atemnot, Übelkeit, Kreislaufproblemen oder Schwellungen im Mund und Rachen ist es wichtig, möglichst rasch das Adrenalin in den Oberschenkelmuskel zu spritzen.
  • Nach einem Bienenstich den Stachel innerhalb von 20 bis 30 Sekunden entfernen, um zu verhindern, dass das gesamte Gift in den Körper eindringt. Dabei den Stachelapparat nicht zusammendrücken, sondern mit dem Fingernagel wegkratzen, damit sich der Giftsack des Stachels nicht in die Haut entleert.

Der Einstich kann mit einem kühlen, feuchten Umschlag abgedeckt werden. Dieser wird etwa 20 Minuten belassen und die Kühlung bei Bedarf nach einigen Stunden wiederholt. Die Schwellung an der Einstichstelle kann auch mit einer Kortisonsalbe behandelt werden. Sie wird über mehrere Tage regelmäßig aufgetragen.

Bei stärkeren Beschwerden ist es sinnvoll, sich ärztlich behandeln zu lassen.

Wer bereits eine erfolgreiche hinter sich hat, muss zunächst keine Medikamente einnehmen oder spritzen. Das Immunsystem ist nach der Behandlung deutlich besser gegen eine allergische Reaktion geschützt. Falls die Beschwerden dennoch über eine Hautreaktion hinausgehen, werden die Notfall-Medikamente angewendet.

Es gibt Schulungsprogramme, in denen Betroffene den Umgang mit dem Risiko und die Notfallbehandlung erlernen.

Wie können Insektengiftallergien langfristig behandelt werden?

Zur langfristigen Behandlung kann eine Hyposensibilisierung (spezifische Immuntherapie, SIT) sinnvoll sein. Dabei wird in regelmäßigen Abständen eine geringe Dosis des Insektengifts unter die Haut gespritzt. Ähnlich wie bei einer gewöhnt sich das Immunsystem schrittweise an das Allergen. Dadurch reagiert der Körper nach einiger Zeit nicht mehr so stark auf das Insektengift.

Die dauert 3 bis 5 Jahre. Selten empfehlen Ärztinnen und Ärzte sogar eine lebenslange Immuntherapie.

Für wen kommt eine Hyposensibilisierung infrage?

Bei der Entscheidung für oder gegen eine spielt eine Rolle, wie stark man auf einen Stich reagiert, wie wahrscheinlich es ist, dass man gestochen wird und wie hoch das Risiko für Nebenwirkungen der Behandlung ist.

Eine eignet sich in erster Linie für Menschen,

  • die besonders stark auf Insektengift reagieren und zum Beispiel schon einmal einen Herzstillstand hatten.
  • die eine Mastzellerkrankung (Mastozytose) haben: Bei dieser seltenen Erkrankung vermehren sich bestimmte Abwehrzellen im Gewebe stark. Eine Mastozytose kann in verschiedenen Organen auftreten und zu Beschwerden wie Bauchschmerzen, Juckreiz, Abgeschlagenheit und Muskelschmerzen führen.

Menschen, bei denen bislang nur die Haut stärker auf das Allergen reagiert, benötigen in der Regel keine . Bei den meisten von ihnen entwickeln sich auch später keine bedrohlichen allergischen Reaktionen.

Eine ist ab dem Alter von zwei Jahren möglich. Eine bereits begonnene Behandlung kann während einer Schwangerschaft fortgesetzt werden. Erst in der Schwangerschaft damit zu beginnen, ist aber nicht ratsam. Weil eine mögliche starke allergische Reaktion der Mutter auch Folgen für das Ungeborene haben kann, ist es sinnvoll, rechtzeitig vor einer geplanten Schwangerschaft über eine nachzudenken.

Bestimmte Medikamente dürfen während einer gegen Insektengift nicht eingenommen werden, weil sie das Risiko für eine schwere Reaktion erhöhen. Dazu zählen und .

Wie läuft eine Hyposensibilisierung ab?

Eine ist bei einer Insektengiftallergie derzeit nur mit Spritzen möglich. Dabei wird eine verdünnte Lösung mit dem Allergen in das Fettgewebe des Oberarms gespritzt. Eine Behandlung mit Tropfen oder Tabletten wie bei anderen Allergien steht bislang nicht zur Verfügung.

In den ersten Wochen wird meist einmal wöchentlich gespritzt, danach nur noch alle 4 bis 8 Wochen. Es ist auch eine schnelle Dosissteigerung möglich, bei der in einer Klinik über zwei Tage mehrmals täglich Spritzen verabreicht werden. Dabei ist jedoch das Risiko für Nebenwirkungen höher. Die Behandlung erfordert Geduld: Erst nach 3 bis 5 Jahren ist sie komplett abgeschlossen.

Durch die werden das und der Stoffwechsel gefordert. Es wird empfohlen, am Tag der Behandlung starke körperliche Belastung, Sport und Saunagänge zu vermeiden.

Wie wirksam ist eine Hyposensibilisierung?

Durch eine sollen anaphylaktische Reaktionen ausbleiben oder weniger stark ausfallen. Studien zeigen, dass eine gegen Insektengift sehr wirksam ist: In den ersten Jahren nach der Behandlung sind etwa 90 % der Betroffenen vor einer anaphylaktischen Reaktion durch einen Insektenstich geschützt.

Die Behandlung wirkt vermutlich nicht das ganze Leben. Bei manchen Menschen verliert sich der Schutz nach einigen Jahren. Dann kann man gemeinsam mit der Ärztin oder dem Arzt überlegen, ob eine erneute sinnvoll ist.

Welche Nebenwirkungen hat die Hyposensibilisierung?

Bei den meisten Menschen entwickeln sich Rötungen und Schwellungen an der Einstichstelle. Diese Reaktion wird aber im Laufe der Behandlung geringer. Die Beschwerden können mit kortisonhaltigen Cremes oder Gels behandelt werden.

Es kann auch zu leichteren anaphylaktischen Reaktionen kommen, die sich durch Müdigkeit und Kopfschmerzen äußern. Sehr schwere Reaktionen mit Herz-Kreislauf- oder Atemproblemen sind nach einer Immuntherapie aber sehr selten. Wenn sie auftreten, dann häufig innerhalb von 30 Minuten nach der Behandlung. Deshalb ist es wichtig, nach der Spritze noch mindestens eine halbe Stunde in der Arztpraxis zu bleiben.

Bei der Behandlung mit Bienengift sind anaphylaktische Reaktionen häufiger: Sie treten bei etwa 14 von 100 Behandelten auf, bei Wespengift sind es etwa 3 von 100.

Menschen mit bestimmten Herz- und Immunerkrankungen (zum Beispiel koronare Herzkrankheit, ) haben ein erhöhtes Risiko für schwere Reaktionen auf die Behandlung.

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Aktualisiert am 31. Mai 2023

Nächste geplante Aktualisierung: 2026

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