Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose)

Auf einen Blick

  • Bei einer Schilddrüsenunterfunktion bildet die Schilddrüse zu wenige Hormone.
  • Dies kann zum Beispiel zu Müdigkeit, Hautveränderungen oder niedergeschlagener Stimmung führen.
  • Durch Hormontabletten verschwinden die Beschwerden in der Regel.
  • Meist tritt die Störung bei Erwachsenen auf, bei Frauen häufiger als bei Männern.
  • Am häufigsten wird sie durch eine Schilddrüsenentzündung verursacht.

Einleitung

Foto von Frau beim Lesen

Die Schilddrüse bildet Hormone, die sehr viele Vorgänge im Körper steuern. Wenn die Schilddrüse (Thyreoidea) zu wenige Hormone herstellt, spricht man von einer Schilddrüsenunterfunktion. Der Fachbegriff hierfür lautet Hypothyreose. Sie kann zu verschiedenen Beschwerden führen – zum Beispiel zu Müdigkeit, Antriebslosigkeit, Hautveränderungen oder Verstopfung.

Bei den meisten Menschen wird eine Schilddrüsenunterfunktion durch eine chronische der Schilddrüse verursacht (zum Beispiel Hashimoto-Thyreoiditis). Die Unterfunktion lässt sich durch Tabletten mit Schilddrüsenhormonen ausgleichen, die man täglich einnimmt. Dadurch verschwinden die Beschwerden in der Regel.

Bei einer Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) produziert die Schilddrüse dagegen zu viele Hormone.

Symptome

Wenn Schilddrüsenhormone fehlen, verlangsamt sich der Stoffwechsel. Dies kann viele Körperfunktionen betreffen und ganz unterschiedliche Beschwerden auslösen. So kann zum Beispiel die körperliche Leistungsfähigkeit abnehmen. Mögliche Symptome sind dann:

Auch psychische Probleme sind möglich, etwa:

  • Konzentrations- und Gedächtnisstörungen
  • Teilnahmslosigkeit (Lethargie)
  • Depressionen oder andere psychische Auffälligkeiten

Außerdem kann es zu körperlichen Veränderungen kommen, zum Beispiel:

Andere Beschwerden können den gesamten Körper betreffen, wie:

  • Kälteempfindlichkeit, Frieren
  • Muskel- oder Gelenkschmerzen
  • Kribbeln oder Taubheitsgefühl
  • verlangsamte Reflexe
Grafik: Mögliche Symptome einer Schilddrüsenunterfunktion

Ursachen

Es gibt verschiedene Ursachen dafür, dass die Schilddrüse nicht mehr genug bildet:

  • der Schilddrüse: Das Organ kann sich aufgrund einer entzünden. Man spricht dann von einer Hashimoto-Thyreoiditis. Sie ist hierzulande der häufigste Grund für eine Schilddrüsenunterfunktion. Außerdem kann eine eine auslösen. Manchmal bleibt die Ursache auch unklar.
  • Entfernung der Schilddrüse oder : Bei bestimmten Erkrankungen wie einer Schilddrüsenüberfunktion oder Schilddrüsenkrebs wird die Schilddrüse mit Radiojod bestrahlt oder in einer Operation teilweise oder ganz entfernt. Dann werden zu wenige oder gar keine Schilddrüsenhormone mehr produziert.
  • ausgeprägter Jodmangel: Der Körper benötig das Jod, um Schilddrüsenhormone bilden zu können. Eine ausgewogene Ernährung und die Verwendung von jodiertem Speisesalz helfen, sich ausreichend mit Jod zu versorgen. Geeignete Lebensmittel sind Meeresfisch, Milch, Milchprodukte und Eier.
  • Medikamente: Eine Schilddrüsenunterfunktion kann auch durch Medikamente verursacht werden, etwa als Nebenwirkung von mit dem Wirkstoff Lithium. Andere Medikamente werden extra eingesetzt, um bei einer Schilddrüsenüberfunktion die gesteigerte Bildung von Schilddrüsenhormonen zu drosseln. Sind sie zu hoch dosiert, kann es zu einer Unterfunktion kommen.
  • angeborene Schilddrüsenunterfunktion: Eine Schilddrüsenunterfunktion ist selten auch genetisch bedingt, also angeboren. Sie kann auch ausgelöst werden, wenn eine Schwangere zu wenig Jod aufnimmt oder ihr gegen Schilddrüsengewebe bildet.

Bei all diesen Formen ist die Funktion der Schilddrüse selbst gestört. Fachleute fassen sie deshalb als „primäre Schilddrüsenunterfunktion“ zusammen. Nur selten führt eine Erkrankung der Hirnanhangdrüse oder des Hypothalamus im Gehirn zu einer Unterfunktion: Diese Organe steuern die Hormonproduktion der Schilddrüse. Funktionieren sie nicht richtig, bildet die eigentlich gesunde Schilddrüse zu wenige . Dies wird als „zentrale Schilddrüsenunterfunktion“ bezeichnet.

Häufigkeit

In Ländern wie Deutschland haben ungefähr 5 von 100 Menschen eine Schilddrüsenunterfunktion. Frauen und ältere Menschen sind besonders häufig betroffen. Bei etwa 1 von 3400 Neugeborenen ist die Schilddrüsenunterfunktion angeboren.

Verlauf

Wie eine Schilddrüsenunterfunktion verläuft, hängt von ihrer Ursache ab. Oft entwickelt sie sich schleichend, weil sie sehr häufig durch eine der Schilddrüse ausgelöst wird. Diese führt in der Regel zu einem langsamen Abbau des Schilddrüsengewebes, was lange unbemerkt bleiben kann: Das restliche Gewebe gleicht den Verlust nämlich lange aus, indem es mehr Hormone herstellt. Wenn das nicht mehr gelingt, kommt es zu Beschwerden. Wird die Unterfunktion nicht behandelt, kann es zum Beispiel zu Kreislaufproblemen kommen.

Manchmal erholt sich die Schilddrüse auch von selbst – zum Beispiel, wenn die abklingt.

Folgen

Wird eine Schilddrüsenunterfunktion nicht behandelt, können langfristig Komplikationen auftreten. Vor allem bei Kindern können die Folgen schwerwiegend sein. Einige sind später nicht mehr rückgängig zu machen – wie etwa Kleinwuchs, Schwerhörigkeit, Gehörlosigkeit oder Störungen der geistigen Entwicklung. Dazu kommt es hierzulande aber nur sehr selten, weil die Erkrankung meist im Rahmen des sogenannten Neugeborenen-Screenings erkannt und frühzeitig behandelt wird.

Auch wenn Erwachsene erkranken und nicht behandelt werden, sind Komplikationen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Bewusstseinsstörungen bis hin zum Koma möglich. Diese Folgen sind ebenfalls sehr selten.

Diagnose

Die Ärztin oder der Arzt fragt zunächst nach Beschwerden und tastet die Schilddrüse ab. Weil viele Symptome einer Schilddrüsenunterfunktion auch andere Ursachen haben können, werden Bluttests gemacht, um eine eindeutige stellen zu können.

Dabei werden die Werte der Schilddrüsenhormone („Schilddrüsenwerte“) gemessen. Dazu gehören zum einen die Schilddrüsenhormone selbst. Wichtig ist aber auch ein weiteres Hormon, das (Thyroidea-stimulierendes Hormon). Es wird nicht in der Schilddrüse, sondern in der Hirnanhangdrüse produziert. Das regt die Schilddrüse an, zu bilden.

Ein erhöhter TSH-Wert im Blut kann ein Anzeichen für eine Schilddrüsenunterfunktion sein. Denn sobald die Schilddrüse schwächer wird, reagiert die Hirnanhangdrüse darauf: Sie erhöht die TSH-Produktion, um die Schilddrüse stärker anzuregen. Bei einer ausgeprägten Schilddrüsenunterfunktion reicht das aber nicht mehr aus: Dann gibt die Schilddrüse zu wenige ins Blut ab. Das lässt sich durch die Blutuntersuchung ebenfalls erkennen.

Gut zu wissen:

Eine Schilddrüsenunterfunktion und andere Erkrankungen der Schilddrüse lassen sich mit verschiedenen Tests feststellen. Im Text „Schilddrüsenuntersuchungen verstehen“ sind sie alle kurz erklärt.

Früherkennung

Um eine angeborene Schilddrüsenunterfunktion früh erkennen und behandeln zu können, wird bei allen Neugeborenen routinemäßig der TSH-Wert bestimmt (). Bei auffälligem Ergebnis werden außerdem die Werte der Schilddrüsenhormone gemessen.

Erwachsenen wird kein empfohlen. Denn ein auffälliger TSH-Wert bedeutet nicht zwangsläufig, dass die Schilddrüse zu wenige bildet und es irgendwann zu Beschwerden kommt. Leicht erhöhte TSH-Werte bilden sich zudem recht oft zurück, manchmal auch nach längerer Zeit. Ein auffälliges Ergebnis könnte daher unnötige weitere Untersuchungen, Behandlungen und Sorgen nach sich ziehen.

Wenn der TSH-Wert erhöht ist, aber ausreichend Schilddrüsenhormone produziert werden und keine Beschwerden auftreten, spricht man von „latenter“ Schilddrüsenunterfunktion.

Pro Jahr entwickeln 2 bis 5 von 100 Menschen mit einer latenten Schilddrüsenunterfunktion eine Unterfunktion mit Symptomen. Ob sich diese Entwicklung durch eine frühzeitige Behandlung verhindern ließe, ist unklar.

Vorbeugung

Einer Schilddrüsenunterfunktion kann man nicht vorbeugen – mit einer Ausnahme: Eine ausreichende Versorgung mit Jod verhindert eine jodmangelbedingte Unterfunktion. Fachleute empfehlen deshalb, bei der Ernährung auf eine ausreichende Jodzufuhr zu achten. Dazu reicht es, wenn täglich Milch, Milchprodukte oder Eier und öfter mal Meeresfisch auf dem Speiseplan stehen. Außerdem wird empfohlen, jodiertes Speisesalz zu verwenden.

Auch manche enthalten Jod. Die tägliche Einnahme solcher Mittel kann aber problematisch sein, wenn sie mehr als 100 µg Jod enthalten: Wer dauerhaft zu viel Jod zu sich nimmt, erhöht das Risiko für eine Schilddrüsenüberfunktion. Eine Überdosierung durch Lebensmittel ist aber kaum möglich. Eine Ausnahme sind getrocknete Algen, insbesondere Seetang.

Behandlung

Das fehlende Schilddrüsenhormon Thyroxin wird durch ein Medikament ersetzt, das im Körper in das Hormon umgewandelt wird. Der Wirkstoff wird auch als Levothyroxin oder L-Thyroxin bezeichnet. Das Medikament bringt die Hormonwerte in den normalen Bereich. Dadurch verschwinden die Beschwerden in der Regel vollständig. Bis sich der Hormonspiegel im Körper eingependelt hat, dauert es etwa 2 bis 3 Monate. Je nach Ursache wird eine Unterfunktion vorübergehend oder lebenslang behandelt.

Wichtig ist:

L-Thyroxin wird einmal am Tag eingenommen. Es wird empfohlen, die Tablette eine halbe Stunde vor dem Frühstück mit einem Glas Wasser einzunehmen. Diese Postkarte zur L-Thyroxin-Einnahme enthält alle wichtigen Informationen.

Nebenwirkungen treten bei richtiger Dosierung praktisch nicht auf. Die Dosierung richtet sich nach dem Körpergewicht. Eine zu hohe Dosis kann zu Nervosität führen. Deshalb wird die Dosierung in den ersten Wochen regelmäßig überprüft und bei Bedarf angepasst. Später reicht es meist aus, die Werte einmal im Jahr zu kontrollieren.

Bei einer latenten Schilddrüsenunterfunktion sind Fachleute unterschiedlicher Meinung, ob sie behandelt werden soll.

Weitere Informationen

Die Hausarztpraxis ist meist die erste Anlaufstelle, wenn man krank ist oder bei einem Gesundheitsproblem ärztlichen Rat braucht. Informationen zur Gesundheitsversorgung in Deutschland helfen dabei, sich im Gesundheitssystem zurechtzufinden und eine passende Arztpraxis zu finden. Mit dieser Frageliste kann man sich auf den Arztbesuch vorbereiten.

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Aktualisiert am 24. April 2024

Nächste geplante Aktualisierung: 2027

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Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)

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