Schulterschmerzen

Auf einen Blick

  • Schulterschmerzen treten meist an der Außenseite der Schulter auf.
  • Die genaue Ursache ist schwer herauszufinden. Manchmal lautet die Diagnose „Impingement-Syndrom“.
  • Bei etwa 50 % der Menschen lassen die Schmerzen innerhalb von sechs Monaten nach.
  • Kühlung und Schmerzmittel können akute Beschwerden kurzfristig lindern. Eine Physiotherapie kann die Schulter nach und nach wieder beweglicher machen und stärken.
  • Operationen können aussagekräftigen Studien zufolge nicht helfen.

Einleitung

Foto von einem Lagermitarbeiter

Schulterschmerzen gehören zu den häufigsten Gelenkbeschwerden. Da in der Schulter auf engstem Raum viele Muskeln, Bänder, Sehnen, Schleimbeutel und Knochen zusammenarbeiten, können die Beschwerden verschiedene Gründe haben. Die genaue Ursache herauszufinden, gelingt nicht immer.

Meistens entstehen Schulterschmerzen unterhalb des Knochens, der das Schulterdach bildet (Acromion). Dann werden sie oft Impingement-Syndrom genannt. Andere Ursachen von Schulterschmerzen können zum Beispiel eine Schultersteife oder eine Arthrose sein. In diesem Text geht es um Schmerzen unter dem Schulterdach – nicht um Beschwerden aufgrund anderer Ursachen wie Arthrose oder nach akuten Verletzungen.

Schmerzen unter dem Schulterdach können innerhalb eines halben Jahres wieder abklingen, aber auch länger andauern. Bis sich die Beschwerden bessern, ist es sinnvoll, belastende Armbewegungen zu vermeiden. Akute Schmerzen lassen sich durch Kühlung und entzündungshemmende Schmerzmittel lindern. Starke Beschwerden können auch mit Kortisonspritzen behandelt werden. Physiotherapeutisch angeleitete Kräftigungs- und Beweglichkeitsübungen können die Schulter stärken. Operationen helfen meist nicht.

Symptome

Schmerzen unter dem Schulterdach treten häufig an der Außenseite der Schulter auf. Sie machen sich vor allem beim seitlichen Anheben des Arms bemerkbar (siehe Grafik). Manchmal nehmen die Schmerzen zu, wenn man nachts auf der betroffenen Schulter liegt. Der Schmerz kann einen dann aus dem Schlaf holen.

Grafik: Schmerzhafter Bereich bei Schmerzen unter dem Schulterdach

Ursachen

Der Raum unter dem Schulterdach kann sich verengen durch Knochenwucherungen, Verschleiß oder kalkartige Ablagerungen in der Sehne des Obergrätenmuskels (siehe Grafik). Weitere Ursachen sind zum Beispiel ein entzündeter Schleimbeutel oder ein hakenförmiges Schulterdach, bei dem der Knochenfortsatz des Schulterblatts stärker nach unten gekrümmt ist als normal. Zudem kann es durch schwache oder zu einseitig belastete Muskeln zu Verkürzungen der Bänder und Sehnen der Gelenkkapsel kommen.

All diese Veränderungen können dazu führen, dass Teile der Schultersehnen und der Schleimbeutel zwischen dem Oberarmkopf und Schulterdach eingeklemmt werden, wenn man den Arm anhebt.

Grafik: Muskeln, Sehnen, Schleimbeutel und Knochen im Schulterbereich

Weil es so viele mögliche Auslöser für Schmerzen unter dem Schulterdach gibt, werden bei der ganz unterschiedliche Begriffe verwendet, unter anderem „Schulter-Impingement-Syndrom“ (Einklemmungs-Syndrom), „Rotatoren-Manschetten-Syndrom“ oder „Kalkschulter“.

Studien zeigen, dass es keinen klaren Zusammenhang zwischen Beschwerden und sichtbaren Auffälligkeiten auf einem Ultraschall-, Röntgen- oder MRT-Bild gibt: Auch bei Menschen ohne Schulterschmerzen sind manchmal Kalkablagerungen, Risse und Verschleißerscheinungen an der Rotatoren-Manschette oder der Gelenklippe zu sehen. Daher bevorzugen viele Fachleute statt „Impingement-Syndrom“ mittlerweile die Bezeichnung „Schmerzen unter dem Schulterdach“ (subacromiales Schmerzsyndrom). Welche Rolle Einklemmungen bei der Entstehung von Schulterschmerzen tatsächlich spielen, ist umstritten.

Risikofaktoren

Wer viel über Kopf arbeitet, hat ein erhöhtes Risiko für Schmerzen unter dem Schulterdach. Dies betrifft zum Beispiel Menschen, die in Handwerksberufen wie Maler oder Elektriker arbeiten, im Lager tätig sind oder Regale auffüllen.

Bei bestimmten Sportarten wird der Arm ebenfalls viel über Kopf bewegt – etwa beim Tennis, beim Basketball oder anderen Wurfsportarten. Auch beim Kraul- oder Delphinschwimmen schwingt man die Arme meist hoch über den Kopf. Bei intensivem Training kann es dann zu Schulterschmerzen kommen.

Nicht zuletzt können schwache Schultermuskeln, -bänder und -sehnen zu Beschwerden führen. Das Schultergelenk ist sehr beweglich und wird vor allem durch die Muskulatur stabil gehalten. Bei einer schwachen Schultermuskulatur kann sich der Gelenkkopf des Oberarms aus der Gelenkpfanne herausbewegen und auf die umliegenden Weichteile drücken.

Häufigkeit und Verlauf

Schulterschmerzen gehören – neben Rücken- und Nackenschmerzen – zu den häufigsten orthopädischen Beschwerden. Bei bis zu 70 % der Betroffenen entstehen die Schmerzen unter dem Schulterdach (subacromial).

Schulterschmerzen können unterschiedlich verlaufen. Bei etwa der Hälfte der Betroffenen lassen sie innerhalb von sechs Monaten nach. Manche Menschen haben aber auch über viele Jahre Beschwerden.

Diagnose

Um die Beschwerden einordnen zu können, fragt die Ärztin oder der Arzt unter anderem,

  • wann die Schmerzen auftreten und wie sie sich anfühlen,
  • ob es eine Verletzung oder einen Unfall gab sowie
  • nach möglichen Auslösern wie Überkopfarbeit oder bestimmten Sportarten.

Die anschließende körperliche Untersuchung umfasst mehrere Tests, bei denen die Arme seitlich angehoben und abgesenkt und die Ellbogen in verschiedenen Positionen nach innen oder außen gedreht werden. Außerdem tastet die Ärztin oder der Arzt die Schulter ab. Dies reicht meist aus, um Schmerzen unter dem Schulterdach zu diagnostizieren. Durch eine körperliche Untersuchung lassen sich auch andere mögliche Ursachen wie ausstrahlende Nackenschmerzen oder Schultersteife (adhäsive Kapsulitis) ausschließen.

Manchmal schließen sich auch bildgebende Untersuchungen an: So kann ein Ultraschallbild Risse der Rotatoren-Manschette zeigen, eine Röntgenuntersuchung die Knochen und auch Kalkablagerungen sichtbar machen. Eine Magnetresonanz-Tomografie kommt infrage, wenn die weiterhin unklar bleibt.

Weil es keinen eindeutigen Zusammenhang zwischen den Beschwerden und sichtbaren Veränderungen oder Verschleißerscheinungen gibt, sind bildgebende Untersuchungen aber nicht immer nötig. Sie können sinnvoll sein, wenn sich die Beschwerden trotz Behandlung nicht bessern, ein Eingriff erwogen wird oder ein Verdacht auf eine andere Ursache besteht. Bei Verdacht auf eine Arthrose im Schultergelenk kann zum Beispiel ein Röntgenbild Aufschluss geben.

Behandlung

Bei akuten Schulterschmerzen wird empfohlen,

  • die Schulter zu schonen und vor allem keine Arbeiten oder Sportarten auszuüben, bei denen der Arm über Kopf angehoben wird,
  • die Schulter zu kühlen,
  • die Schmerzen bei Bedarf mit entzündungshemmenden Schmerzmitteln wie zu lindern. Sie sollten aber nicht länger als 1 bis 2 Wochen eingesetzt werden. Bei starken Schmerzen kommen auch Kortisonspritzen infrage.

Die Schulter zu schonen, heißt nicht, sie ruhigzustellen – im Gegenteil: Durch eine gezielte kann die Schulter mithilfe verschiedener Übungen nach und nach wieder beweglich gemacht und gestärkt werden. Studien zeigen: Wer die während der Physiotherapie erlernten Übungen zu Hause weiter macht und korrekt ausführt, dem können sie genauso gut helfen wie therapeutisch begleitete Übungen.

Eine Operation der Schulter bietet bei Schmerzen unter dem Schulterdach keine großen Erfolgsaussichten. Aussagekräftige Studien haben gezeigt, dass Eingriffe zur Beseitigung einer Enge unter dem Schulterdach meist nicht besser helfen als eine Behandlung, bei der die Studienteilnehmenden nur denken, sie würden diesen Eingriff erhalten. Weil jede Operation auch Risiken hat und zu anderen Schulterproblemen führen kann, sollte ein Eingriff immer gründlich bedacht werden.

Weitere Informationen

Die Hausarztpraxis ist meist die erste Anlaufstelle, wenn man krank ist oder bei einem Gesundheitsproblem ärztlichen Rat braucht. Informationen zur Gesundheitsversorgung in Deutschland helfen dabei, sich im Gesundheitssystem zurechtzufinden und eine passende Arztpraxis zu finden. Mit dieser Frageliste kann man sich auf den Arztbesuch vorbereiten.

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Ob eine der von uns beschriebenen Möglichkeiten im Einzelfall tatsächlich sinnvoll ist, kann im Gespräch mit einer Ärztin oder einem Arzt geklärt werden. Gesundheitsinformation.de kann das Gespräch mit Fachleuten unterstützen, aber nicht ersetzen. Wir bieten keine individuelle Beratung.

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Aktualisiert am 13. März 2024

Nächste geplante Aktualisierung: 2027

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Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)

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