Herausgesprungene Kniescheibe (Patella-Luxation)

Auf einen Blick

  • Bei einer Patella-Luxation springt die Kniescheibe aus ihrer Führung.
  • Das ist schmerzhaft und kann beängstigend aussehen.
  • Erste Hilfe: Knie ruhigstellen und kühlen, Krankenwagen rufen (Notruf 112).
  • Oft gleitet die Kniescheibe von selbst zurück. Wenn nicht, renkt die Ärztin oder der Arzt sie mit einem Handgriff ein.
  • Danach wird das Knie einige Tage ruhiggestellt, später physiotherapeutisch behandelt.
  • Eine Operation kommt infrage, wenn die Kniescheibe wiederholt herausspringt, sehr instabil ist oder andere Teile des Knies verletzt wurden.

Einleitung

Foto von zwei Frauen mit Fußball

Wenn man das Knie beugt oder streckt, gleitet die Kniescheibe (Patella) durch eine Führungsrinne am Oberschenkelknochen. Durch eine unglückliche Drehbewegung oder einen seitlichen Stoß kann sie aus ihrer Rinne herausspringen. Dies wird Patella-Luxation genannt und passiert am häufigsten beim Sport, meist bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen.

Oft gleitet eine ausgerenkte Kniescheibe von allein wieder zurück. Auch dann ist es wichtig, das Knie ärztlich untersuchen zu lassen, weil Knochen, Knorpel und Bänder verletzt sein können. Nach einer Luxation ist die Kniescheibe instabiler und es kann sein, dass sie später erneut herausspringt.

Symptome

Eine Patella-Luxation ist sehr schmerzhaft. Fast immer springt die Kniescheibe zur Außenseite des Knies heraus. Meist reißen dabei die Gelenkkapsel und das Band, das die Kniescheibe auf der Knieinnenseite stabilisiert (mediales patellofemorales Halteband, MPFL). Durch die Verletzungen schwillt das Knie an.

Bei der Luxation kann ein Knallen zu hören sein und es fühlt sich an, als würde das Knie „auskugeln“. Meist ist die verrutschte Kniescheibe deutlich zu sehen, was beängstigend sein kann.

Bei wiederholten Luxationen können die Schmerzen auf die Kniescheibe begrenzt sein, Schwellungen können ausbleiben.

Grafik: Normale Anatomie des Knies (links) und Patella-Luxation (rechts)

Ursachen

Die Kniescheibe kann herausspringen, wenn das Kniegelenk in leicht gebeugter Haltung nach innen gedreht wird, während der Fuß flach auf dem Boden steht.

Eine Patella-Luxation ist oft die Folge eines Sportunfalls – typischerweise beim Tanzen, Turnen, Handball oder Fußball. Man spricht dann auch von einer akuten oder traumatischen Luxation. Dies ist mit 80 % die häufigste Form.

Seltener ist die Patella-Subluxation: Hierbei bewegt sich die Kniescheibe seitlich in der Führungsrinne hin und her, ohne vollständig herauszuspringen. Dazu kann es zum Beispiel nach einer vorangegangenen Knieverletzung oder aufgrund von zu lockeren Bändern kommen.

Risikofaktoren

Patella-Luxationen treten vor allem bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen zwischen 10 und 20 Jahren auf. Mädchen und junge Frauen sind häufiger betroffen, weil sie in der Regel flexiblere Bänder und schwächer ausgeprägte Muskeln haben.

Das Risiko für eine Patella-Luxation ist erhöht bei Menschen mit:

  • überbeweglichen Gelenken oder schwachen Bändern
  • einer höher stehenden Kniescheibe (Patella alta)
  • einer verformten Führungsrinne (Trochlea-Dysplasie) oder anderen anatomischen Besonderheiten
  • Fehlstellungen der Beine (zum Beispiel X-Beine)
  • einem schwachen inneren Oberschenkelmuskel

Diese Faktoren erhöhen auch das Risiko für wiederkehrende Luxationen.

Folgen

Wenn die Kniescheibe einmal herausgesprungen ist, ist sie danach instabiler. Es kann sich nach einer Luxation so anfühlen, als hätte die Kniescheibe nicht mehr ausreichend Halt. Vor allem bei intensiveren Belastungen können auch vordere Knieschmerzen auftreten.

Bei 15 bis 45 % der Menschen springt die Kniescheibe nach einer ersten Luxation erneut heraus. Manchmal passiert dies schon nach wenigen Wochen, manchmal erst nach Monaten oder Jahren.

Eine Patella-Luxation bedeutet für Sportlerinnen und Sportler aber nicht unbedingt, dass sie ihren Sport aufgeben müssen. In Studien betrieben nach Abschluss der Behandlung etwa die Hälfte der Teilnehmenden ihren Sport weiter so wie vorher.

Die längerfristigen Auswirkungen von Patella-Luxationen sind nicht gut untersucht und deshalb schwer abzuschätzen. Sie können aber das Risiko für eine Kniearthrose erhöhen. Das gilt besonders für wiederholte Luxationen, die meist auch den Knorpel stärker schädigen.

Diagnose

Eine herausgesprungene Kniescheibe ist in der Regel deutlich erkennbar. Bei der Untersuchung schaut sich die Ärztin oder der Arzt das Knie an und tastet es ab.

Nach dem Einrenken der Kniescheibe wird ein Röntgenbild gemacht, um festzustellen, ob Knochen verletzt wurden oder abgesplittert sind.

Durch verschiedene körperliche Untersuchungen und eine Magnetresonanz-Tomografie () kann festgestellt werden, ob es zu Verletzungen von Bändern oder Menisken gekommen ist. Auf einem MRT-Bild werden außerdem anatomische Fehlstellungen und Knorpelschäden sichtbar.

Behandlung

Wenn die Kniescheibe herausspringt, ist das meist ziemlich erschreckend. Wenn die Kniescheibe nicht von selbst wieder in ihre normale Position springt, sollte man schnell einen Krankenwagen rufen (Notruf 112). Springt die Kniescheibe wieder zurück, reicht es, sich in die Notaufnahme fahren zu lassen. Erste-Hilfe-Maßnahmen sind:

  • Möglichst die Ruhe bewahren.
  • Hinsetzen oder hinlegen, um das Bein zu entlasten.
  • Das Knie möglichst stillhalten, um es nicht weiter zu verletzen.
  • Das Knie kühlen, um Schwellungen zu verringern und die Schmerzen etwas zu lindern. (Kühlpacks oder Eisbeutel vor dem Anlegen in ein Tuch wickeln, um die Haut nicht zu verletzen.)

In der Klinik gibt die Ärztin oder der Arzt zunächst ein schnell wirkendes Schmerzmittel und renkt dann die Kniescheibe wieder ein. Oft gleitet sie bereits durch langsames Strecken des Beins wieder in die normale Position. Manchmal muss mit einem gezielten Handgriff nachgeholfen werden:

  • Dazu legt man sich auf den Rücken und entspannt die Beinmuskulatur, damit alle Muskeln, Sehnen und Bänder möglichst locker sind.
  • Dann legt die Ärztin oder der Arzt die Hände um die Kniescheibe und setzt die Daumen an die Patella an. Eine Hilfsperson umfasst das Bein am Knöchel.
  • Während die Ärztin oder der Arzt die Kniescheibe in die richtige Position zurückschiebt, zieht die Hilfsperson das Bein in die Streckung.

Nach dem Einrenken trägt man für ein paar Wochen eine spezielle oder Bandage, die die Kniescheibe stabilisiert. Anfangs können auch Gehhilfen sinnvoll sein, um das verletzte Knie zu entlasten.

In den ersten Tagen nach der Verletzung wird empfohlen,

  • das Knie zu schonen (möglichst wenig stehen und gehen, beugen und strecken vermeiden).
  • das Bein regelmäßig hochzulegen und mehrmals am Tag für 15 bis 20 Minuten zu kühlen.
  • bei Bedarf entzündungshemmende Schmerzmittel wie zu nehmen.

Wenn die Kniescheibe schon zum zweiten Mal herausgesprungen ist, wird meist eine Operation erwogen. Andere mögliche Gründe für einen Eingriff sind Risikofaktoren für weitere Luxationen oder größere Knorpel- oder Knochenverletzungen.

Rehabilitation

Nach dem Einrenken des Knies oder nach einer Operation schließt sich eine Rehabilitation an. Nachdem das Knie für einige Tage ruhiggestellt wurde, ist eine Physiotherapie sinnvoll. Dabei geht es zunächst darum, dass das Knie wieder beweglich wird. Schwellungen können durch eine behandelt werden.

Danach ist es wichtig, die Beinmuskulatur durch gezieltes Training zu stärken, um der Kniescheibe mehr Halt zu geben. Eine besonders wichtige Rolle spielt dabei die Kräftigung des inneren Oberschenkelmuskels. Dieser ist mit dem Band verbunden, das die Kniescheibe stabilisiert.

Auch eine gut trainierte Hüft-, Becken-, Knöchel- und Rumpfmuskulatur sorgt für die Stabilität der Knie. Wenn bestimmte Muskeln verkürzt sind, die zu einer einseitigen Belastung führen können, kommen auch spezielle Dehnübungen infrage.

Leben und Alltag

Wie lange die Genesung dauert, hängt davon ab, wie stark das Knie verletzt wurde und wie es behandelt wird.

Hat das Knie keinen größeren Schaden genommen, dauert es etwa sechs Wochen, bis man wieder seinem normalen Alltag nachgehen kann. Sport ist dann in der Regel nach 3 bis 4 Monaten wieder möglich.

Wenn das Knie stärker verletzt ist und operiert werden muss, kann es deutlich länger dauern, bis man wieder Sport treiben kann – manchmal über ein Jahr.

Wann und wie intensiv man wieder trainieren kann, hängt von den persönlichen Voraussetzungen, aber auch von der Sportart ab. Verschiedene (sport-)medizinische Untersuchungen können dabei helfen, den Heilungsverlauf zu beurteilen.

Nicht immer ist das Knie nach der Behandlung so belastbar wie vorher. Wichtig ist es, die Reha-Übungen eigenständig und regelmäßig zu machen und das Knie nicht zu früh stark zu belasten. Sonst steigt das Risiko, dass die Kniescheibe beim Sport erneut herausspringt. Bevor man den Sport wiederaufnimmt oder die Belastung erhöht, ist eine Rücksprache mit der Physiotherapie- oder Arztpraxis sinnvoll.

Weitere Informationen

Die Hausarztpraxis ist meist die erste Anlaufstelle, wenn man krank ist oder bei einem Gesundheitsproblem ärztlichen Rat braucht. Informationen zur Gesundheitsversorgung in Deutschland helfen dabei, sich im Gesundheitssystem zurechtzufinden und eine passende Arztpraxis zu finden. Mit dieser Frageliste kann man sich auf den Arztbesuch vorbereiten.

Frosch S, Balcarek P, Walde TA et al. Die Therapie der Patellaluxation: eine systematische Literaturanalyse. Z Orthop Unfall 2011; 149(06): 630-645.

Hohlweck J, Quack V, Arbab D et al. Aktuelle diagnostische und therapeutische Vorgehensweise bei der primären und rezidivierenden Patellaluxation - Analyse einer bundesweiten Umfrage und der aktuellen Literatur. [Diagnostic and therapeutic management of primary and recurrent patellar dislocations - analysis of a nationwide survey and the current literature]. Z Orthop Unfall 2013; 151(4): 380-388.

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IQWiG-Gesundheitsinformationen sollen helfen, Vor- und Nachteile wichtiger Behandlungsmöglichkeiten und Angebote der Gesundheitsversorgung zu verstehen.

Ob eine der von uns beschriebenen Möglichkeiten im Einzelfall tatsächlich sinnvoll ist, kann im Gespräch mit einer Ärztin oder einem Arzt geklärt werden. Gesundheitsinformation.de kann das Gespräch mit Fachleuten unterstützen, aber nicht ersetzen. Wir bieten keine individuelle Beratung.

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Aktualisiert am 17. Januar 2024

Nächste geplante Aktualisierung: 2027

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Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)

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