Helfen Pro- oder Präbiotika, Kinder vor Neurodermitis zu schützen?

Foto von Mutter und Baby beim Stillen

Studien liefern schwache Hinweise darauf, dass probiotische Nahrungszusätze Kinder mit einem familiären Risiko für davor schützen können, daran zu erkranken. Zu präbiotischen Nahrungsergänzungsmitteln gibt es bislang kaum Forschung.

Viele Kinder bekommen in den ersten Lebensjahren juckende Hautausschläge (): Zwischen 10 und 20 % aller Kinder haben zeitweise damit zu tun. Meist entwickelt sich eine in den ersten beiden Lebensjahren.

Das Risiko für ist überwiegend erblich bedingt. Viele Eltern fragen sich dennoch, ob sie etwas tun können, um zu verhindern, dass ihr Kind eine bekommt. Manchmal wird ihnen geraten, in den letzten Schwangerschaftswochen und / oder während der Stillzeit pro- oder präbiotische einzunehmen. Außerdem wird Säuglingsnahrung mit pro- oder präbiotischen Zusätzen angeboten.

Wie wirken Pro- und Präbiotika?

Probiotika enthalten lebende Keime wie etwa Milchsäurebakterien. Sie sollen die Darmflora günstig beeinflussen und so vor einer späteren Entwicklung allergischer Erkrankungen schützen. Präbiotika sind meist unverdauliche Kohlenhydrate wie zum Beispiel Oligosaccharide (bestimmte Mehrfachzucker), die die Bildung von gesundheitsförderlichen im Verdauungssystem anregen. Pro- und präbiotische Mittel sind als Tabletten oder Getränk erhältlich und manchmal auch in Milchprodukten wie Joghurt enthalten.

Eine internationale Wissenschaftlergruppe hat im Auftrag der Welt-Allergie-Organisation (WAO) Studien zur vorbeugenden Wirkung von Pro- und Präbiotika auf Allergien und ausgewertet. Die WAO ist ein weltweiter Dachverband von fast 90 nationalen medizinischen Fachgesellschaften, die sich mit allergischen Erkrankungen beschäftigen.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wollten herausfinden, ob das Neurodermitis- oder Allergierisiko eines Kindes sinkt, wenn

  • eine Frau in der Schwangerschaft Pro- oder Präbiotika nimmt,
  • sie während der Stillzeit Pro- oder Präbiotika nimmt und
  • das Kind nach der Geburt Säuglingsnahrung mit Pro- oder Präbiotika bekommt.

Forschungsergebnisse zu Probiotika

Die Wissenschaftlergruppe wertete insgesamt 29 Studien aus, die die Wirkung von auf und allergische Erkrankungen untersucht haben. Es war allerdings nicht möglich, die oben genannten Fragen getrennt zu beantworten, da die in den meisten Studien in Kombination eingesetzt wurden: Das heißt, die Mütter nahmen sie entweder in der Schwangerschaft und in der Stillzeit, oder die Mütter und ihre Säuglinge bekamen .

Die Studien, in denen wie beschrieben eingesetzt wurden, deuten darauf hin, dass sie vor schützen können. Durch die Anwendung probiotischer Nahrungsergänzungsmittel erkrankten etwa 6 bis 14 von 100 Kindern weniger an .

Die Studien ließen allerdings einige Fragen offen: So wurden verschiedene Bakterienstämme einzeln oder in Kombination untersucht, unter anderem Lactobacillus rhamnosus und verschiedene Arten von Bifidobakterien. Die Daten reichten jedoch nicht aus, um sagen zu können, ob die Bakterienarten unterschiedlich wirken und wie sie am besten dosiert werden.

Außerdem nahmen an den Studien vor allem schwangere Frauen, Mütter und Säuglinge mit einem familiären Risiko für eine allergische Erkrankung teil. Ob auch bei niedrigem familiärem Allergierisiko schützen, ist kaum untersucht.

Die Wissenschaftlergruppe bewertete auch mögliche Nebenwirkungen von wie Übelkeit, Verstopfung, Durchfall und Ausschlag. Es zeigte sich kein erhöhtes Risiko für solche Nebenwirkungen. Allerdings waren die in den Studien berichteten Informationen zu Nebenwirkungen unvollständig.

Empfehlungen der Welt-Allergie-Organisation zu Probiotika

Auf Basis der Studiendaten hat die WAO Empfehlungen herausgebracht: Die Empfehlung gilt für die Vorbeugung bei Kindern mit einer familiären Veranlagung für . Eine Veranlagung besteht, wenn mindestens ein Eltern- oder Geschwisterteil eine allergische Erkrankung wie Heuschnupfen, , Asthma oder eine Lebensmittelallergie hat. Ist das der Fall, spricht sich die WAO dafür aus, dass Mütter im letzten Schwangerschaftsdrittel und während der Stillzeit einnehmen. Die Empfehlung gilt auch für die betroffenen Säuglinge.

Das Risiko für Nebenwirkungen von ist laut WAO wahrscheinlich niedrig. Bei Frauen mit einem chronisch geschwächten Immunsystem könnte es aber höher sein, insbesondere für Infektionen, die durch die Probiotika-Bakterien ausgelöst werden könnten.

Für Mütter ist es letztlich eine persönliche Entscheidung, ob sie nehmen oder sie ihrem Baby geben. Dabei kann zum Beispiel die Frage eine Rolle spielen, ob der Aufwand und die Kosten der Mittel ihren möglichen Nutzen aufwiegen. Oft hängt die Entscheidung auch davon ab, ob eine Frau selbst hatte und ob sie bereits erkrankte Kinder hat.

Forschungsergebnisse zu Präbiotika

Zu der Frage, ob präbiotische in der Schwangerschaft oder Stillzeit einen Nutzen haben, fand die Wissenschaftlergruppe keine aussagekräftigen Studien. Die Einnahme von Präbiotika in der Schwangerschaft oder Stillzeit wird daher von der WAO nicht empfohlen.

Zum Einsatz von Präbiotika bei Säuglingen fanden die Wissenschaftler 18 Studien. Daran nahmen ausschließlich Säuglinge und Kleinkinder bis zum Alter von drei Jahren teil, die nicht gestillt wurden. An manchen Studien nahmen Kinder mit erhöhtem familiärem Allergierisiko teil, an anderen Studien Kinder ohne erhöhtes Risiko. Die Präbiotika waren in den meisten Studien als Zusatzstoff in der Säuglingsnahrung enthalten.

In den Studien zeigte sich keine eindeutige Schutzwirkung vor . Die Kinder, die Präbiotika bekamen, hatten lediglich ein geringeres Asthma-Risiko. Wegen methodischer Schwächen und kleiner Teilnehmerzahlen schätzte die Wissenschaftlergruppe die Aussagekraft der Studien jedoch als sehr niedrig ein. Für zuverlässige Aussagen zu den Vor- und Nachteilen von präbiotischer Säuglingsnahrung ist mehr Forschung nötig. Die WAO spricht daher nur eine sehr schwache Empfehlung für die Verwendung von Präbiotika bei Säuglingen aus, die nicht gestillt werden.

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Aktualisiert am 20. Januar 2021

Nächste geplante Aktualisierung: 2024

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Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)

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